Druckartikel: ...und wir träumen vom Sommer in Coburg!

...und wir träumen vom Sommer in Coburg!


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Freitag, 24. August 2018

Tolle Tage liegen hinter uns. Gleich fünf Open-Air-Konzerte gab es auf dem Schlossplatz.
Begeistert: Johannes Strate (Foto rechts), Sänger von Revolverheld, war gerne in Coburg.Foto: Matthias Hoch


Bei diesen Konzerten war aber nicht nur gute Musik zu hören, sondern auch viele lobende Worte über Coburg. Die Kelly Family fand zum Beispiel, dass Coburg "die schönste Stadt" sei, die man bislang in Deutschland gesehen habe - und Johannes Strate von Revolverheld schwärmte: "Wie schön ihr es hier habt!" Anschließend textete er eine Liedzeile um: Statt vom "Sommer in Schweden" träumte er spontan lieber vom "Sommer in Coburg".

Ach, so etwas geht einem stolzen "Residenzler" natürlich runter wie Öl. Damit es aber auch weiterhin wie geschmiert läuft, darf Coburg nicht nur feiern. Spätestens nach Ende der Sommerpause gilt es wieder anzupacken, die Zukunft zu gestalten - und, ach ja, auch einen neuen Landtag zu wählen. Der bisherige Wahlkampf im Stimmkreis Coburg ist aber erstaunlich ruhig. Das überrascht vor allem beim CSU-Direktkandidaten Martin Mittag.

Der Bürgermeister von Seßlach ist speziell im östlichen Landkreis noch nicht sehr bekannt und müsste deshalb viel mehr wirbeln, um gegen den omnipräsenten Landrat und SPD-Direktkandidaten Michael Busch nicht entscheidend ins Hintertreffen zu geraten. Am Donnerstag, 30. August, kommt immerhin Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zu Martin Mittags offiziellem Wahlkampfauftakt - nach Seßlach! Ob Coburg oder Neustadt aus wahltaktischer Sicht nicht die bessere Ortswahl gewesen wäre?

Nur noch mal zur Erinnerung: Der heimischen CSU droht der Super-GAU, wenn Mittag nicht das Direktmandat holt. Die CSU im Coburger Land würde dann keinen Abgeordneten mehr in München stellen! Michael Busch, der zudem einen guten Listenplatz hat, kann der Wahl am 14. Oktober deutlich gelassener entgegen sehen. Und gelassen, so wirkte Busch auch, als er in dieser Woche beim Santiano-Konzert auf dem Schlossplatz zu den Klängen der rockigen Seemannslieder im Takt mitwippte. Ob er davon geträumt hat, wie er bald den Landtag entert?

Inspiriert von Revolverheld können wir alle aber ja auch vom Sommer in Coburg träumen - und zwar schon mal von dem im Jahre 2019: Zum Spatenstich für das Globe am Güterbahnhof wird dann selbstverständlich viel Prominenz erscheinen. Allen voran Oberbürgermeister Norbert Tessmer, der kurz zuvor verkündet hat, sich 2020 - der Partei zuliebe - doch noch einmal zur Wahl zu stellen.

Begrüßt wird auch Michael Stoschek, der die Brose-Produktion am Standort Coburg zum Glück doch nicht eingestellt hat - denn der traumhaft schöne Sommer des Jahres 2018 hat die Mitarbeiter, die vorher so häufig krank waren, deutlich vitaler werden lassen. Aus München kommen zum Spatenstich die beiden Coburger Landtagsabgeordneten: Martin Böhm (AfD) und Michael Busch (SPD). Neben dem Bundestagsangeordneten Hans Michelbach (CSU) wird außerdem willkommen geheißen der Kronacher CSU-Landtagsabgeordnete Jürgen Baumgärtner. Warum? Weil Baumgärtner von seiner Partei beauftragt wurde, den von CSU-Seite aus verwaisten Stimmkreis Coburg mit zu betreuen. Und Baumgärtner kommt diese Solidaritätsaktion gerade recht, denn er will ja mittelfristig gerne nach Berlin wechseln und bei der Bundestagswahl 2021 Hans Michelbach beerben.

Da trifft es sich für ihn natürlich wunderbar, in Coburg künftig ein paar öffentlichkeitswirksame Auftritte absolvieren zu können. Denn der ehrgeizige Baumgärtner möchte sehr gerne René Boldt ausstechen, den sich Michelbach ja eigentlich als seinen Nachfolger wünscht. Boldt wiederum muss aufpassen, als Coburger CSU-Chef nicht noch mehr Kratzer zu bekommen - die verpatzte Landtagswahl 2018 war schon schlimm genug.

Merken Sie etwas? In unserem 2019er Traum geht es reichlich verworren zu. Deshalb kehren wir jetzt zurück auf den Boden der Tatsachen - und zwar: der sehr harten Tatsachen. Der Zustand des Coburger Bahnhofs ist und bleibt ein großes Ärgernis. Der Jahrestag der ersten ICE-Fahrt rückt näher, und der Aufzug zum Bahnsteig funktioniert noch immer nicht. Das ist peinlich und eine Zumutung für viele Menschen.

Das hat jetzt - ausgerechnet - auch Hans Michelbach am eigenen Leib mitbekommen. Als er mit dem ICE von Coburg nach Berlin fahren wollte, traf er in der Unterführung des Bahnhofs zwei Rollstuhlfahrer sowie eine Gruppe älterer Damen, die reichlich Koffer dabei hatten. Was tun? Hans Michelbach packte mit an und machte - zusammen mit weiteren Fahrgästen - kurzerhand den Kofferträger. Auch den beiden gehbehinderten Menschen wurde mit vereinten Kräften beim Bewältigen der Treppenstufen geholfen.

Noch am selben Tag verfasste Michelbach einen Brief an die Deutsche Bahn und wählte darin sehr deutliche Worte. Demnächst, so ist zu hören, soll es einen weiteren "Bahn-Gipfel" geben. Hauptthema werden dann zwar weitere ICE-Halte für Coburg sein.

Aber Hans Michelbach wird es sich bestimmt nicht nehmen lassen, auch das Aufzugs-Dilemma anzusprechen. Es sei denn, der Aufzug funktioniert bis dahin, dann hätte sich das Thema natürlich erledigt. Moment, wer lacht da so hämisch? Nun, man wird ja wohl noch träumen dürfen. Ist doch schließlich ein Traumsommer beziehungsweise ein Sommer zum Träumen in Coburg.