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Uli Hoeneß in der Itzgrundhalle gefeiert


Autor: Christoph Böger

Kaltenbrunn im Itzgrund, Freitag, 07. Dezember 2012

"Ich war bereit mir den Arsch aufzureißen und immer vorneweg zu marschieren. Führungskräfte, egal ob in Sportvereinen oder in Wirtschaftsunternehmen, müssten heute Vorbilder sein und Opfer bringen. Nur dann bekämen sie von ihren Mitarbeitern das zurück, was sie auch fordern."
Bayern-Präsident Uli Hoeneß sprach am Freitagnachmittag vor 315 geladenen Gästen in der Itzgrundhalle in Rossach. Anlaß war der 12. Fußball-Stammtisch von Edel-Gastronom Erich Schramm, der in Rossach aufgewachsen ist und inzwischen seit vielen Jahren am Wörthersee lebt.


Einer, der das genau wissen muss, ist Uli Hoeneß. Der vor kurzem für drei weitere Jahre mit großer Mehrheit wiedergewählte Präsident des "wohlhabensten Klubs der Welt" war am Freitagnachmittag Ehrengast des Fußball-Stammtisches von Erich Schramm. Der Wahl-Kärnter organisierte diese Promi-Veranstaltung bereits zum 12. Mal.

Um 14.51 Uhr marschierte der "erfolgreichste Manager Deutschlands", wie ihn ein Ex-Fußballer des VfB Coburg bezeichnete, unter dem Jubel von über 300 Besuchern in die aus allen Nähten platzende Itzgrundhalle ein. Standing Ovations während Hoeneß der Marsch geblasen wurde.

Die Vorfreude war groß, Fußballkenner aus Nah und Fern waren geladen und ließen sich die Chance, Uli Hoeneß live zu erleben, nicht entgehen.

Unter den Ehrengästen waren aber nicht nur die Ex-Nationalspielern Luggi Müller und Franz Hasil aus Österreich, auch Vertreter aus Wirtschaft und Politik nahmen sich die Zeit, den Ausführungen von "Mister FC Bayern München" zu lauschen.

Und es lohnte sich. Auf die Fragen von Moderator Uli Engel antwortete der gebürtige Ulmer, der am 5. Januar 61 Jahre alt wird, kurzweilig, informativ und amüsant. Seine gefürchtete "Abteilung Attacke" fehlte natürlich auch nicht: "Wenn Herr Abramovich eines Tages keine Lust mehr hat, sein Geld in Fußballer zu stecken, sondern in Pferde, dann kann man den FC Chelsea als Puzzle am Kiosk kaufen." Schließlich hätten "unsere Freunde von der Insel", die seinem FC Bayern im Mai immerhin den Champions-League-Titel vor der eigenen Tür wegschnappten, nicht weniger als eine Milliarde Euro an Verbindlichkeiten.

Überhaupt beschäftigte den Ex-Manager, wie sollte es auch anders sein, das Thema Geld. Allein im zurückliegenden November habe der FC Bayern München sieben Millionen Euro nur durch den Verkauf von Fanartikeln eingenommen. "Wir verschicken täglich 3000 Pakete in die ganze Welt."


Rot-weißes Lebenswerk

An einem Heimspiel-Nachmittag fließen zwischen halb zwei und halb sechs 200.000 Euro für Schals, Fahnen, Mützen und ähnlichen Accessoirs in die Kassen. Der Verein hat inzwischen viele Fanshops, auf einen ist der Präsident besonders stolz - und zwar auf den in Oberhausen. "Der ist mitten in einer Einkaufspassage und wir bezahlen dafür auch 20.000 Euro Miete im Monat, aber schön zu wissen, dass da der Watzke oder der Assauer vorbeilaufen müssen".

Besonders stolz ist der Welt- und Europameister auf die Tatsache, dass ein Besuch "im schönsten Stadion der Welt" und das ist nun mal die Allianz-Arena für Hoeneß, für alle sozial erträglich ist. Der FC Bayern verkauft an seine treusten Fans in der Süd- und Nordkurve Saison-Dauerkarten für 120 Euro: "Das sind gerade einmal 7,50 Euro pro Spiel." Nicht nur für dieses Beispiel erhielt der Ehrengast anerkennenden Beifall von der aufmerksamen Besucherschar.

Und dabei fing Hoeneß bei seinem "rot-weißen Lebenswerk" mit Schulden an. Als 27-Jähriger - das Knie war lädiert, FCB-Coach Lorant stand nicht auf den Flügelflitzer, ein Probetraining beim HSV war gescheitert und beim Club kickte er gerade einmal ein halbes Jahr - entschied er sich über Nacht, das Angebot von Neudecker als Manager anzunehmen. Er übernahm die Bayern mit sieben Millionen Mark Schulden und auf Tabellenplatz 10: "Die hatten, glaube ich zumindest, gerade 1:7 in Düsseldorf verloren".

Doch mit dem ehrgeizigen Visionär, der sich Tipps in Amerika und England holte, stellte sich umgehend der Erfolg ein. "Ich habe meinen Freund Kalle Rummenigge für elf Millionen nach Mailand verkauft. Da waren die Schulden weg und vom Rest habe ich Lothar Mattäus für 2,5 Millionen und Wohlfahrt für 800.000 geholt. Da hatten wir wieder ein gutes Team." Inzwischen, viele Jahre und viele Titel später, stehe sein FCB da wie eine Eins. Applaus!

Ans Aufhören denkt Uli Hoeneß noch nicht, obwohl er bereits kräftig daran arbeitete, die Verantwortung in jüngere Hände zu geben. "Wir sind auf einem sehr guten Weg, diesen Verein auf ganz hohem Niveau in die Zukunft zu steuern." Statt 65-Jährige sollen bald die 45-Jährigen an der Spitze stehen. Mit Matthias Sammer - "das ist einer mit Ecken und Kanten, wie ihn der FC Bayern braucht" - habe der Klub bereits den Anfang gemacht. Weitere neue, gute Leute werden folgen. Wichtig bei allen Personalentscheidungen war und ist für Hoeneß ("Nur wenn du zwei, drei oder vier Jahre auf hohem Niveau selbst gespielt hast, kannst du in diesem Geschäft mitreden und mit den Spielern und ihren Beratern auf Augenhöhe diskutieren") gegenseitiger Respekt. Einen solchen könne man nicht per Vertrag einfordern, sondern "den musst du dir erarbeiten".


"Für Louis van Gaal war kein Spieler wichtig"

Apropos Personal: Natürlich nahm der ehemalige 11,0-Sprinter in Kaltenbrunn kein Blatt vor den Mund: "Für Louis van Gaal war kein Spieler wichtig, sondern für ihn war nur er selbst wichtig." Nicht ganz schuldlos sei der Holländer auch im Fall Mats Hummels, der sich nicht für die Bayern, sondern für Borussia Dortmund entschieden habe: "Das war eine richtige Niederlage für uns." Normalerweise bekämen die Bayern mindestens 90 Prozent der Spieler, die sie haben wollen.

Bei Marco Reus sieht es anders aus: "Ich habe diese Verhandlungen zwar selbst nicht geführt, aber der Junge ist in Dortmund groß geworden. Da ist es verständlich, dass er da spielt."

Jupp Heynckes passe dagegen wunderbar zum FC Bayern und hätte einen tollen Charakter. Im Frühjahr entscheidet sich, ob der 68-jährige Trainer "noch ein wenig länger bei uns bleibt. Da will ich nicht vorgreifen". Typisch für Hoeneß ist, dass er auf dem Weg in den Itzgrund im Auto noch mit Holger Badstuber telefoniert hat und sich nach dessen Gesundheitszustand erkundigte: "Die Kreuzband-OP ist optimal verlaufen. Holger war am Mittwoch total niedergeschlagen, aber der Junge kommt wieder." Ob Uli Hoeneß noch einmal nach Kaltenbrunn kommt, ist dagegen unwahrscheinlich. Aber gestern war er für 315 geladene Gästen da.


Der Aufstieg des Erich Schramm
Einst Kellner im Rossacher Kuhstall, heute "Disco-König"