Typisches Gutmenschenkino
Autor: Berthold Köhler
Berlin, Samstag, 09. Februar 2013
Da half selbst die Anwesenheit von Hollywood-Liebling Matt Damon bei "Promised Land" nicht: Den größten Auflauf am ersten Tag der 63. Internationalen Filmfestspiele in Berlin gab es beim letzten Teil von Ulrich Seidls Trilogie "Paradies", der unter dem Titel "Hoffnung" stand.
Das unterscheidet eben das Festival- vom "normalen" Publikum. In Berlin, da schaut man nicht nur auf die Vermarktungsmöglichkeiten im "großen" Kino.
Im regulären Kino, da würde sich Seidls Film, der letztlich nicht mehr als ein "Kleines Fernsehspiel" ist, kaum wirtschaftlich tragen. "Paradies: Hoffnung", das ist die in dürren Bildern erzählte Geschichte von Melanie - einem dicklichen Mädchen, das in ein Diätcamp geschickt wird und sich dort in den leidlich smarten Camp-Arzt verliebt. Es ist klar, dass diese Liebe scheitern wird.
Aber letztlich scheitert der gesamte Film. Seidl, der gerne von sich sagt, der Gesellschaft mit seinen Werken den Spiegel vorzuhalten, scheint diesmal wirklich nicht sehr genau hingeschaut zu haben. Seine Geschichte strotzt nur so vor Klischees. Keine der Figuren - nicht einmal die bedauernswerte Melanie Lenz in der Hauptrolle - kommt auch nur annährend glaubwürdig daher.
Öko-Thriller
Die Erwartungen des Publikums dagegen erfüllt hat "Promised Land", der erste amerikanische Wettbewerbsbeitrag. Die Erwartungen zu erfüllen, heißt aber auch, nicht überraschen zu können. Gus van Sant, der in Berlin mit "Finding Forrester" (2001) und ganz besonders mit "Good Will Hunting" drei Jahre zuvor umjubelte Filme im Wettbewerb präsentierte, führte Regie in diesem Öko-Thriller.
Zentrales Thema: Fracking, eine höchst umstrittene Technologie, durch die in Schieferböden enthaltenes Erdgas aus dem Boden gepresst wird. Fracking wird übrigens nicht nur in den USA heißt diskutiert, sondern auch in Deutschland angewandt. Das gibt dem Film zumindest eine spannende Aktualität.
Superstar Matt Damon spielt in "Promised Land" die Figur des Steve Butler als klassischen Saulus, der sich zum Paulus wandelt. Er geht für sein Energieunternehmen aufs amerikanische Land, um dort die arglosen Grundstückseigentümer mit clever ausformulierten Verträgen über den Tisch zu ziehen. Aber, es überrascht nicht, schon einige Gespräche mit den Land-Eiern und eine hübsche Frau später, beginnt er, seinen Job zu hinterfragen. Da ist es fast schon zu spät, als Butler bemerkt, dass auch er nur ein kleines Rädchen in einem Unternehmen ist, das sich um die Wahrheit und die Umwelt nur überschaubar schert.
"Promised Land" ist typisches US-Gutmenschenkino. Da wäre es natürlich schön, wenn die Amerikaner auch wirklich so viele gute Seelen in ihrem Lande hätten, wie sie es auf der Leinwand zeigen. Aber im Kino ist es auch so, dass man die Realität ruhig ein bisschen schönen darf. "Promised Land" kommt im Juni in die deutschen Kinos.