Trettraktoren aus Neustadt rollen um die Welt
Autor: Martin Kreklau
Neustadt, Freitag, 18. Januar 2013
Vor 75 Jahren wurde die Neustadter Firma Rolly Toys gegründet. In den 60er-Jahren hat sich das Unternehmen auf die Produktion von kleinen Fahrzeugen spezialisiert.
Obwohl Rainer Knauer schon etwas älter ist und er selbst schon lange Kinder hat, ist seine Begeisterung für Spielsachen ungebrochen. Kein Wunder, ist er doch Exportleiter bei der Neustadter Firma Franz Schneider GmbH & Co. KG - besser bekannt als "Rolly Toys". In diesem Jahr wird das Unternehmen 75 Jahre alt.
Franz und Rosa Schneider - zwei Neustadter Urgesteine, wie Knauer sagt - haben die Firma damals ins Leben gerufen. Inzwischen führt Frank Schneider die Geschäfte in der dritten Generation. "Wir sind eine Ur-Neustadter Firma und besonders stolz darauf, dass wir die einzigen sind, die noch Spielwaren vor Ort produzieren", sagt Knauer. Made in Germany, statt made in China.
Begonnen hat man 1938 mit Teilen aus Pappmaché, als Zulieferer für die Puppen- und Plüschindustrie, die damals ihr Zentrum in Sonneberg hatte. Dann kam der Krieg und danach die Teilung. Bei Rolly Toys begann man Stehaufmännchen und sogenannte Füllartikel wie Weihnachtsstiefel oder Ostereier zu produzieren - ebenfalls aus Pappmaché. Ein Stehauf-Clown dient heute noch als Firmenlogo und es gibt ihn sogar noch im Sortiment. Auch wenn dieses Produkt nicht mehr so gut läuft, gibt Knauer zu. "Es ist eben ein bisschen Nostalgie", sagt er.
Kunststoff folgt auf Pappmaché
Anfang der 50er-Jahre ersetze nach und nach der Kunststoff das Pappmaché. Man stellte Puppen aus weichem Material für Kasperl-Theater her. Fahrzeuge sind erst in den 60er-Jahren hinzu gekommen. Die kleinen Spielzeuge sind schließlich im Lauf der Zeit aus dem Programm genommen worden. Warum? "Man musste sich aufgrund der Marktsituation damals für eine Sparte entscheiden. Wir haben uns dann auf die Fahrzeuglinie konzentriert", erklärt Knauer. Inzwischen ist Rolly Toys der größte Hersteller für Lizenzfahrzeuge und Zubehör auf dem europäischen Markt.
Das Unternehmen verfügt über 40 Lizenzen namhafter Hersteller, wie etwa John Deere, Claas und Fendt. Für manche Firmen hat Rolly Toys sogar das Alleinherstellungsrecht für die Spielzeug-Pendants. Das hält manche aber nicht davon ab, die Produkte zu kopieren. "Wir haben immer mal wieder Probleme mit Plagiaten, die vor allem aus Osteuropa und Asien kommen", sagt Knauer. Bemerkt ein Lizenzgeber die illegale Kopie, dann sorgt er umgehend dafür, dass das entsprechende Produkt vom Markt genommen wird.
Inzwischen fürchtet man die Konkurrenten aus Fernost aber immer weniger. "Die Lohn- und Frachtkosten sind vor allem in China deutlich angestiegen, weshalb die Spielzeugindustrie für die Chinesen nicht mehr so attraktiv ist wie früher", erklärt Knauer. Die Preise hätten sich inzwischen dem europäischen Markt angenähert, weshalb jetzt viele Kunden ihre Aufträge aus Fernost abziehen und wieder in Europa vergeben.
Dauergast in Nürnberg
In seinem Jubiläumsjahr präsentiert sich das Unternehmen Rolly Roys auf der 64. Spielzeugmesse in Nürnberg - zum 64. Mal. "Wir sind also noch eines der wenigen Gründungsmitglieder da unten", sagt Knauer. Dabei werden nicht nur neue Modelle vorgestellt, denn nicht jedes Produkt wird komplett neu entwickelt.
Modellpflege lautet das Fachwort. Das bedeutet, dass die Modelle zwar immer auf dem neuesten Stand sind, aber nicht immer von Grund auf neu entwickelt werden müssen. Vielmehr passen die Neustadter Spielzeughersteller das Design der großen Vorbilder an die Nachbildungen an. Wenn also ein neues Fahrzeug auf den Markt kommt, muss Rolly Toys nachziehen. "Das passiert im Schnitt alle fünf bis sechs Jahre", erklärt Knauer.
Doch natürlich gebe es auch komplett neue Modelle. Dabei muss viel investiert werden. Denn die Formen, die als Vorlage für die Kunststoffteile der Spielzeuge dienen, stellt Rolly Toys selbst her und das ist teuer.
Zudem können jährlich aufgrund der Kapazität nur 25 bis 30 solcher Formen gebaut werden. Allein eine originalgetreue Motorhaube benötigt bis zu sechs solcher Formen. Da bleibt nicht viel Spielraum.
"Die Spielzeugmesse hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt", sagt Knauer. Früher ging es um Preise und Order, heute vielmehr um Kundenpflege und natürlich um die Präsentation des eigenen Unternehmens.