Tourismus dank Luthers Bett
Autor: Simone Bastian
Coburg, Dienstag, 12. Sept. 2017
Die Coburger Herzöge waren schon immer stolz auf ihren Anteil an der Reformation. Zum Luther-Gedenkort wurde die Veste aber erst im 19. Jahrhundert.
Luther-Kaffee, Luther-Nudeln, Luther-Socken: Marketingstrategen schrecken im 500. Jahr der Reformation vor keiner Kombination mit dem Konterfei des Reformators zurück. Doch schon unsere Vorfahren entdeckten, dass sich mit Luther einiges vermarkten lässt.
Wo Luther gepredigt hat
Zumindest die Luther-Orte konnten von dem Nimbus des Reformators profitieren: Wo er gelebt, gepredigt, geschrieben, übersetzt hatte, fanden sich schon kurz nach Luthers Tod Reisende ein. Belegt ist das von der Wartburg und Luthers Wohnhaus in Wittenberg. Bei der Veste Coburg hatten es Besucher nicht so leicht: Die wurde noch bis ins 19. Jahrhundert hinein militärisch genutzt, wie Klaus Weschenfelder, der Direktor der Kunstsammlungen der Veste Coburg, im Katalog zur Landesausstellung schreibt.
Die Geschichte vom Tintenfleck
Besucher kamen trotzdem, wenn auch eher selten. Die Berichte darüber, was es in den "Lutherstuben" zu sehen gab, sind uneinheitlich: Mal wird der Psalm "Non morirar sed vivam" erwähnt, den Luther eigenhändig an die Wand geschrieben haben soll, mal ist von dem Tintenfleck die Rede, der davon hergerührt haben soll, dass der Reformator mit einem Tintenfass nach dem Teufel warf. Das allerdings soll er auch auf der Wartburg und in Wittenberg getan haben ...
Erst im 19. Jahrhundert wurde die Veste als Gedenkort ausgebaut, und dann wollten die Herzöge vor allem die Rolle ihres Hauses bei der Reformation betonen. Schließlich waren ihre Vorfahren Luthers Schutzherren gewesen. Trotzdem interessierten sich die Besucher der Veste vor allem für die Räume, die der Reformator während seines Aufenthalts 1530 bewohnt hatte - und sie hinterließen ihre Unterschriften auf dem Bett, das dort stand.
Mehr noch: Das Bett galt als wundertätig. Spreißel von seinem Holz sollten gegen Zahnweh helfen.
Dabei konnte Luther selbst das Bett nie benutzt haben: Weschenfelder zufolge entstand es lange nach dem Tod des Reformators, frühestens im 17. Jahrhundert. Weil es nicht authentisch war und weil die Reliquienjäger Span um Span herausbrachen, wurde das Bett um 1905 schließlich aus der Lutherstube entfernt.
Seitdem stand es in den Asservatenräumen. Für die Landesausstellung wurde es wieder herausgeholt - als Beispiel für die Luther-Verehrung, aber auch dafür, wie die Coburger Herzöge ihre Rolle in der Reformation darstellen wollten. sb
Landesausstellung 2017
Allgemein Das Haus der Bayerischen Geschichte veranstaltet alljährlich eine große Ausstellung. In diesem Jahr ist Coburg der Schauplatz; aus Anlass von 500 Jahren Reformation lautet das Thema "Ritter, Bauern, Lutheraner" mit einem Schwerpunkt auf den gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Organisatorisch Die Ausstellung auf der Veste Coburg und in der Coburger Morizkirche läuft noch bis 5. November und ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. In der Morizkirche ist der Eintritt frei, in der Veste zahlen Erwachsene 12 Euro fürs Ticket. Mehr unter www.hdbg.de.
Serie Bis zum Ende der Ausstellung zeigt das Tageblatt jede Woche ein "Schaustück der Woche".