Tochter erzählt: So dreist wollten falsche Polizisten an das Ersparte meiner Eltern
Autor: Sandra Hackenberg
Coburg, Freitag, 04. Februar 2022
Kriminelle ergaunern mit Schockanrufen immer wieder hohe Geldsummen von Coburgs Senioren. Wie mies die Täter vorgehen und wie man sich schützen kann.
Wäre Heidi Schramm* nicht zufällig zuhause gewesen, als am Dienstagmorgen bei ihren Eltern in Coburg das Telefon geklingelt hätte, wären die betagten Senioren mit großer Wahrscheinlichkeit jetzt viele tausend Euro ärmer...
Das Ehepaar (87 und 83 Jahre alt) ist ins Visier von falschen Polizisten geraten, die es derzeit verstärkt auf ältere Menschen im Kreis Coburg abgesehen haben. Erst vor wenigen Wochen übergab ein Rentner aus dem Stadtgebiet nach mehreren Telefonaten einer vermeintlichen Polizistin mehrere tausend Euro an der Haustür. Als der Schwindel aufflog, waren die Täter schon längst über alle Berge (wir berichteten).
Die "Tochter" weint am Telefon
Dass diese Masche bei ihren Eltern funktioniert, hätte Heidi Schramm nicht für möglich gehalten. Nachdem sie selbst mit den Kriminellen gesprochen hat, glaubt sie: "Wahrscheinlich hätte es funktioniert, wenn ich schon zur Haustür raus gewesen wäre." Was in der vergangenen Woche passiert ist, schildert sie folgendermaßen:
Sie will gerade gehen, als sie hört, wie das Telefon klingelt. Ihr Vater nimmt das Gespräch an, hört kurz zu und fragt dann: "Geht es um die Clara*?" In diesem Moment ist er bereits in die Falle gegangen, denn er hat den Betrügern den Namen seiner Tochter verraten, was diese im weiteren Gespräch für sich nutzen. Die immer gleiche Masche: Ein angeblicher Polizist - oder im Fall von Heidi Schramms Eltern: eine falsche Polizistin - behaupten, die Tochter oder der Sohn der Angerufen habe einen Autounfall verursacht, bei dem ein Mensch ums Leben kam.
Der renommierte Diplompsychologe Sebastian Bartoschek erklärt, was in so einem Moment im Kopf vorgeht: "Da ruft jemand an, der sich als Polizist vorstellt und somit erst einmal als Autorität wahrgenommen wird." Das verursache emotionalen Stress, was dazu führt, dass die Opfer die Situation nicht rational betrachten und nicht hinterfragen.
Glück im Unglück bei den Schramms: Weil der 87-Jährige schwer hört, übergibt er seiner anwesenden Tochter den Hörer. "Ich hörte eine Frau im Hintergrund laut weinen. Das klang aber gar nicht nach meiner Schwester." Eine Frau stellt sich ihr in strengem und "leicht schnepfigem" Ton als Polizistin vor und behauptet, dass Clara jetzt zum Haftrichter kommt, sollte ihre Familie nicht sofort eine Kaution bezahlen.
In dem Moment steht Heidi Schramms Mutter bereits in der Küche und weint. "Sie hat nur Clara und Gefängnis gehört. Das hat sie getroffen." Der Diplompsychologe erklärt: "Um das Szenario noch glaubhafter zu machen, wird den Opfern dann vorgegaukelt, das eigene Kind sei in einer furchtbaren Lage." Da Eltern von Natur aus das Bedürfnis hätten, ihren Kindern zu helfen, müssten die Kriminellen meistens nur noch darauf warten, bis die Opfer von alleine fragen: "Wie kann ich helfen?"