Tiefenlauterer Zahnarzthelferin in der Mongolei
Autor: Berthold Köhler
Tiefenlauter, Freitag, 23. August 2013
Mit der Stiftung "Zahnärzte ohne Grenzen" hat Martina Wolf drei Wochen lang freiwilligen Dienst in der Mongolei geleistet. Dabei hat sie guten Wodka und dankbare Menschen entdeckt.
Für Martina Wolf steht fest: "Das war ein Erlebnis, das ich mein Leben lang nicht vergessen werde." Die heute in Ronnenberg in der Nähe von Hannover lebende gebürtige Tiefenlautererin war mit der Hilfsorganisation "Zahnärzte ohne Grenzen" (DWLF) drei Wochen in der Mongolei, um dort als Freiwillige den Menschen zu helfen.
Aber es waren nicht nur arbeitsreiche Tage für die 49-Jährige. "Die Menschen haben sich sehr um uns gekümmert und uns sehr viel gezeigt", erzählt Wolf. Sogar auf einem Kamel durften die deutschen Gäste durch die Wüste reiten.
Das mit der Reise in der Mongolei ging ruck, zuck. Im Februar signalisierte die ausgebildete Zahnarzthelferin ihr Interesse an einem Auslandseinsatz, einen Infoabend und fünf Monate später saß sie schon in Berlin im Flugzeug.
Spannender wurde die Sache schon, als die Reise im innen komplett gepolsterten Geländewagen weiter zum ersten Zielort, Jinst, weiterging. Warum sogar der Dachhimmel gepolstert war, erfuhr das deutsche Team schnell. Das, was der Mongole als Straße bezeichnet, gleicht eher einem schlechten Feldweg. "Es ging quer durch die Pampa", erzählt Wolf. Da heißt es: Den Kopf schützen!
Je älter der Mongole, desto besser die Zähne
Natürlich hatte die zahnärztliche Arbeit vor Ort auch nicht viel mit dem zu tun, was in deutschen Praxen üblich ist. So wird die Sterilisation dort nicht besonders groß geschrieben, auch Stromausfälle sind eher die Regel als die Ausnahme. Und dennoch - Martina Wolf, die mit drei Kollegen in einem Team arbeitete, muss nicht lange rechnen: "So viele Zähne wie in den drei Wochen in der Mongolei haben wir noch nie gezogen."
Das liegt in erster Linie am schlechten Zustand der Zähne der mongolischen Kinder. Warum dies so ist, wurde der deutschen Helferin nach einem Besuch in einem Supermarkt klar: "Ein Drittel der Sachen, die es dort zu kaufen gab, waren Süßigkeiten." Bei den älteren Patienten war die Sache dagegen ganz anders. Wer dort überhaupt noch Zähne hatte, bei dem waren sie auch im guten Zustand.
Martina Wolf führt dies auf die Ernährung der Asiaten zurück: "Trockener Käse, Kartoffeln, Karotten, Weißkraut - das ist alles gut für die Zähne." Und für eine Vegetarierin wie es die gebürtige Tiefenlautererin ist, hat diese Ernährung durchaus angenehme Seiten. Jeden Tag Gurken, viel "Puszta-Salat" und Kartoffelstampf - das war dann alles gar nicht so exotisch, wie Martina Wolf beim Hinflug befürchtet hatte.
Natürlich gab es auch kulinarische Abenteuer. Schaf- und Ziegenfleisch stehen, meist gekocht, ganz oben auf der Speisekarte der Einheimischen, dazu gibt es vergorenen Schnaps aus Ziegenmilch. "Das war schon heftig", sagt Wolf im Rückblick. Und nicht zu vergessen: der Dschingis-Khan-Wodka, dem die Einheimischen doch ein bisschen mehr zusprechen als es gut sein dürfte. Aber auch Martina Wolf musste nach einer Kostprobe einräumen: "Geschmeckt war er wirklich."
Die bleibendsten Eindrücke haben freilich die Menschen selbst hinterlassen, auch wenn die Mongolen für europäische Verhältnisse doch einige Zeit brauchen, ehe sie einen Fremden anlächeln. "Geduldig, tapfer und dankbar", waren die Patienten für Martina Wolf. Dass ein deutsches Team des DWLF unterwegs war, sprach sich schnell herum.
Frau kam zur Behandlung über 60 Kilometer mit dem Pferd angereist
Eine Frau kam sogar über 60 Kilometer weit mit dem Pferd zur Behandlung geritten, andere reisten mit der kompletten vierköpfigen Familie auf einem bunt geschmückten Moped an. Neben Jinst waren Wolf und ihre Kollegen auch in Baatsagaan, einer weiteren Provinzhauptstadt, im Einsatz. Rund 1000 Einwohner haben diese Siedlungen zumeist, selten mehr. Viel größere Städte gibt es kaum, weil die Mongolen wie seit Jahrtausenden weit verstreut in ihren Jurten (Zelten) auf dem Land leben.
Noch einmal? Warum nicht!
Gegen Ende des Einsatzes blieb für die deutsche Delegation dann sogar noch ein bisschen Zeit, Land, Leute und die einzigartige Natur zwischen Russland und China kennenzulernen. Die Hauptstadt Ulan Bator faszinierte mit einer Mischung aus Tradition und Moder, eine Theateraufführung besuchten die Helfer sogar im Alleingang - auch wenn sie natürlich von der Sprache der Einheimischen nicht viel verstehen konnten.
Am Abschlussabend bekamen die "Zahnärzte ohne Grenzen" für ihr Engagement sogar eine offizielle Auszeichnung verliehen. Mit dieser in der Hand, überlegt Martina Wolf schon, ob sie sich noch einmal so ein Abenteuer antut. "Ich könnte es mir vorstellen", sagt die 49-Jährige. Denn so nah an den Menschen wie bei einem DWLF-Einsatz komme man bei einer normalen Reise sicher nicht.
Hintergrund: DWLF
Geschichte Die Stiftung "Dentists Without Limits Foundation" (DWLF) wurde 2004 gegründet und finanziert ihre Arbeit ausschließlich durch Spenden.
Zahlen Im vergangenen Jahr wurden von 56 Helfern mehr als 6700 Patienten versorgt. In diesem Jahr waren 44 Helfer an 21 verschiedenen Standorten im Einsatz. Martina Wolf und ihre Kollegen im Team hatten an elf Arbeitstagen rund 680 Patienten, das sind in etwa doppelt so viele wie in einem vergleichbaren Zeitraum in Deutschland.
Arbeit Die finanziellen Mittel flossen in über 40 Zahnstationen in neun benachteiligten Länder der Erde. Dort erhalten die Einheimischen kostenlose Behandlungen. Die Helfer bestreiten ihren Einsatz aus eigener Tasche.