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"The Man in the City": Coburger schreibt Sex-Kolumne


Autor: Christiane Lehmann

Coburg, Donnerstag, 02. Juli 2015

Als Single wollte er mit seinem Blog über Liebe, Sex und Beziehungen eine neue Frau kennenlernen. Doch entstanden ist etwas ganz anderes. Über 3000 User folgen seiner täglichen Kolumne.
Titelbild und Profilbild verraten, um was es bei "Man and the City" geht: Ein entspannter Mann redet über Themen, die ihn bewegen. Foto: Screenshot


Sein "Rotschopf", wie er seine neue Partnerin nennt, liest täglich, was er so über Liebe, Sex und Beziehungen schreibt. Mal ärgert sie sich, mal schmunzelt sie, aber öffentlich kommentiert sie nichts. Sie ist schließlich gar nicht in Facebook. Aber am Abendbrottisch muss sich Michael Pilipp hin und wieder was anhören.

Kein Wunder! Ungewöhnlich ist ja schon, dass ein durchaus bekannter Coburger täglich über Themen wie Pheromone, alleinerziehende Frauen, flotte Dreier, Wohngemeinschaften oder Oralverkehr schreibt. 3000 User folgen ihm mittlerweile. Tendenz steigend. "Man and the City" heißt die Seite, die ursprünglich als reines Selbstdarstellungsprogramm gedacht war.

Michael Pilipp ist ein offener Mensch, einer, der schon immer gern für "Schlagzeilen" gesorgt hat. Foto und Überschrift waren das Geheimrezept von seiner Internetzeitung Cocoa.de, die er vor Jahren ins Leben rief und mit der er immerhin 5000 Leser aus der Region erreichte.

Im Frühjahr dieses Jahres wagte er ein neues Experiment. Wieder Single überlegte sich der 52-Jährige, wie man sich selbst am besten bekannt machen könnte. Schnell war Facebook eine Option. Anders als Partnerschaftsvermittlungen hatte er hier die Möglichkeit, mehrere Frauen gleichzeitig zu erreichen.

Mal gucken, was geht

Wenn er einen Blog über Themen schreiben würde, die Frauen interessant finden, müsste doch der ein oder andere Kontakt möglich sein, dachte er sich. Und legte los. Täglich schrieb er eine Kolumne über Liebe, Sex oder Beziehungen. "Das Interesse war riesig", erinnert sich Pilipp. Das Thema alleinerziehende Frauen erreichte 30 000 User. "Das hat mich wirklich getroffen, dass es so viele Frauen mit so vielen gleichen Problemen gibt."
Eine Frau fürs Leben war nicht dabei. Die lernte er kurze Zeit später über die Partnerschaftsvermittlung "Friendship24" kennen. "Meinen Rotschopf", wie er sie liebevoll nennt. Denn mit ihrem Namen und Foto mag sie nicht in Erscheinung treten.

Die Frage, ob er denn noch weiter schreiben würde, nachdem er eine neue Partnerin gefunden hatte, stellte sich nur ganz kurz. Die Antwort war schnell klar. Michael Pilipp ist mittlerweile "the Man in the City", der Spaß daran gefunden hat, über persönlich bewegende Themen zu schreiben.

Seine Fangemeinde ist groß und die Kommentare, die die Frauen und auch vereinzelt Männer abgeben, sind ehrlich, offen und ernst gemeint. "Das Niveau ist wirklich extrem hoch", sagt Pilipp.

Die Themen haben sich mit der Zeit gewandelt, sind anspruchsvoller geworden, "raus aus der Schmuddelecke". Wenn Michael Pilipp nicht aus seinem eigenen Leben erzählt, holt er sich Anregungen aus der "Cosmopolitan": Eifersucht. Loslassen. Borderline. Erfolg. Distanz. Die Inhalte geschickt in Fragen verpackt, inspiriert der Coburger Frauen und Männer, über ihren Tellerrand oder tief in sich zu schauen und sich dazu zu äußern. Manchmal sind die Geschichten witzig gemeint, werden aber bierernst genommen. So zum Beispiel beim Thema "Männerhygiene". Da war Pilipp durchaus überrascht.

Geld für "Gefällt mir"

Mittlerweile können User auch eigene Beiträge über ihre Gedanken und Probleme posten und zur Diskussion auffordern.

Der Medienmann Pilipp hat sich mit dem Profibereich von Facebook beschäftigt und sich bewusst Zielgruppen aufgebaut und beworben. "Im Klartext heißt das: Ich bezahle für jeden User einmalig zwischen 15 Cent und einem Euro. Ich finde das Konzept total spannend." Es sei schon interessant hinter die Kulissen zu blicken.
Deshalb bleibt er auch am Ball. Ideen hat er noch genug. Und es gibt kein Tabuthema für ihn. "Ich gehe es ja nicht derb an", sagt er. Als er jedoch an die Geschichte mit dem flotten Dreier denkt, muss er schmunzeln. Was da so kommentiert wurde!

Pheromone und andere Probleme

Seit Michael Pilipp bloggt, haben sich auch die Gespräche in seinem Freundeskreis verändert. "Wir reden jetzt viel lockerer und offener über Sexualität", sagt er. Männer unter sich tun das ja sowieso, bestätigt er. Frauen unter sich auch. Aber bei Paaren oder in gemischten Gruppen findet er es gerade sehr spannend. Er hat das Gefühl, das Thema aus der Tabuzone geholt zu haben. Nicht zuletzt durch interessantes Hintergrundwissen aus seiner Kolumne: "Ich bin immer der gleiche Mann. Dennoch liebe und begehre ich jeweils unterschiedlich. Mal heftiger, mal weniger. Das hat kaum etwas mit dem Alter, dem Aussehen oder der Stimmung des Gegenübers zu tun, sondern vielmehr mit dem Zusammenspiel der Pheromone..."

Für Gesprächsstoff sorgen aber eben auch die Einträge über seinen Rotschopf. Am 15. Juni schrieb Pilipp: "Gestern meinte mein Rotschopf nach Sichtung der letzten Kolumne, ich solle doch endlich mal über was Gescheites schreiben und mir nicht immer nur bei der Cosmopolitan Stoff suchen. Nicht die Schwanzlänge interessiere die moderne Frau, sondern vielmehr Probleme, Tipps und Infos zu Themen wie Gesundheit, Ernährung oder Erziehung. Dazu empfehle sie mir einmal die Zeitschrift ,Bio‘ zu lesen. Ich mach ja vieles für meinen Schatz... dennoch... es bleibt alles beim Alten, denn es geht ja in meiner Kolumne nicht um das, was Frauen interessiert, sondern um das, was mich beschäftigt."