Teurer Welthandel trifft unsere Firmen
Autor: Rainer Lutz
Coburg, Donnerstag, 30. Sept. 2021
Lockdowns in allen Teilen der Welt brachten den Kreislauf der Schiffscontainer durcheinander. Transporte werden unzuverlässig und enorm teuer - ein Problem, auch für regionale Unternehmen.
"Schuld war vor allem Corona", sagt Tilo Hannemann. Seit in China die Krankheit entdeckt wurde, und das Land komplett dichtmachte, kann sich der Geschäftsführer von Inge's Christmas Decor in Neustadt auf nichts mehr verlassen, was bis dahin zuverlässig galt. Der weltweite Warenverkehr ist völlig aus dem Ruder gelaufen.
"Du weißt nicht, ob und wann bestellte Ware ankommt. Dass dann jeder von uns die Ware rechtzeitig bekommt, die er bei uns bestellt hat, wird inzwischen zur Herausforderung." Rechtzeitig, das heißt im Geschäft mit Christbaumschmuck, das Inge's Christmas Decor betreibt, rechtzeitig vor Weihnachten, denn dieser Termin ist fix - egal, was der weltweite Frachtverkehr gerade für Probleme hat.
Die begannen tatsächlich in China. Als das Land in den totalen Lockdown ging, wurde der Kreislauf der Schiffscontainer unterbrochen. Auslöser für einen fatalen Effekt, den niemand erwartet hätte. Ende März 2020 standen in chinesischen Häfen nach Recherchen des Fachmagazins "Institutional Money" zwar noch rund drei Millionen TEU (Twenty Foot Equivalent Unit) zur Verfügung. Das ist die Rechengröße für den Schiffstransport. Was auf den Schiffen unterwegs ist, sind jedoch meist 40 Fuß Container (a zwei TEU) - vor allem für Volumenprodukte wie Christbaumkugeln für Inge's Christmas Decor.
Als plötzlich kein Container mehr China verließ, passierte zweierlei. Zum einen verließen andere Häfen in Europa oder den USA weiterhin voll beladene Containerschiffe, es kamen aber keine mehr aus China an. Zum anderen rechneten die chinesischen Hersteller von Schiffscontainern, die 90 Prozent aller TEUs herstellen, wegen einer Ausbreitung der Pandemie mit Auftragsrückgängen und drosselten die Produktion.
Ende des Lockdowns in China
Als China Covid für besiegt erklärte, und wieder Container losschickte, hatte die Pandemie Europa und die USA erreicht, die nun ihrerseits in den Lockdown gingen. Nun landeten chinesische Container wieder vor allem in den USA, wurden aber nicht wieder zurückgeschickt, weil alles im Lockdown war. Der Kreislauf war endgültig gestört. Neue Container kamen kaum auf den Markt. Vorhandene Containerkapazitäten wurden zunehmend knapp, die Frachtpreise gingen durch die Decke.
"Für einen 40 Fuß Container von China zu uns haben wir Anfang 2020 noch 1500 Dollar bezahlt. Jetzt zahlen wir 15 000", sagt Tilo Hannemann. Aus China bekommt das Unternehmen Ware, die dann an Baumärkte oder Supermärkte geht. Er zeigt eine durchsichtige Kunststoffdose voller Kugeln. "Der Frachtkostenanteil an so einer Dose lag 2020 bei 50 Cent, jetzt macht er vier Euro aus - das ist nicht mehr so einfach zu kalkulieren."
Als alles langsam wieder in geregelte Bahnen zu kommen schien, steckte plötzlich das Containerschiff Ever Given im Suezkanal fest. Hunderte Frachter stauten sich vor der Passage und wieder lief alles aus dem Ruder. Dazu kommt, dass es inzwischen nur noch wenige Reedereien gibt und ein Konkurrenzdruck unter ihnen kaum noch existiert. Das wirkt sich weiter negativ auf die Preisgestaltung aus.