Streit um Casi-Abi: "Tricksen läuft doch ganz anders"
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Freitag, 12. Juli 2013
In dem Buch "Augen zu und durch?" blickt Rupert Appeltshauser hinter die Kulissen des G8.
Mit seinem Buch sorgte Rupert Appeltshauser im Frühjahr für Aufsehen. "Augen zu und durch" heißt es und ist eine persönliche Bilanz des pensionierten Lehrers zum achtjährigen Gymnasium und seine Folgen. Selbst im Kultusministerium ist sein Name ein Begriff. Pressesprecher Ludwig Unger springt sofort an und ordnet Appeltshauser in die Reihe derer ein, die nach dem Schuldienst weiter mitbestimmen möchten.
Der Coburger Streitgeist, engagierte Zeitzeuge und ehemaliger Gymnasiallehrer mischt sich jetzt in die Diskussion um die Überprüfung der Abiturnoten des Casimirianums durch das Kultusministerium ein.
Casimirianum kein Einzelfall
"Wenn der Pressesprecher des Kultusministeriums sagt, es handle sich um einen Einzelfall, ist das nur bedingt richtig. Falls es tatsächlich zutrifft, dass Herr Spachmann so ungeschickt war, direkt zu intervenieren, wäre das vielleicht wirklich die Ausnahme. Aber das Tricksen läuft doch massenweise ganz anders, auf einer viel subtileren Ebene", schreibt er. Die Entrüstung darüber sei eine der wesentlichen Motive gewesen, weshalb er sich mit seinem Erfahrungsbericht über das G 8 aus dem Fenster gelehnt habe.
Zwei Kapitel in seinem Buch beschäftigen sich mit den Methoden, die seiner Meinung nach zur Anwendung kommen - überschrieben mit den Titeln "Getrimmte Bilanzen" und "Die Kompetenzdebatte - Fortschritt oder schöner Schein".
Verlust an Leistungsniveau
Im Hinblick auf die aktuelle Diskussion in Coburg zitieren wir einige Passagen aus Appeltshausers Buch als Denkanstoß .
Der Autor schreibt: "Im Zeichen eines quasi zum Mythos erhobenen Qualitätsanspruchs fällt es in Bayern besonders schwer, den mit dem G 8 einhergehenden Verlust des Leistungsniveaus offen einzugestehen. Kultusministerielle Verlautbarungen folgen mit eiserner Konsequenz der gleichen Sprachregelung: ,Auch das achtjährige Gymnasium wird an den gewohnten Leistungsstandards nichts ändern‘."
In Direktorat bestellt
Lehrer, deren Notendurchschnitte "trotz eifrigen Bemühens dann noch immer nicht so ganz auf der Linie der Erwartungen liegen", könnten damit rechnen, häufiger als früher "zum freundlichen Meinungsaustausch ins Direktorat bestellt zu werden".
In dem Abschnitt zum Abitur 2012 heißt es: "Medienberichten zufolge hätte die Quote Abiturientinnen und Abiturienten, die allein am schriftlichen Teil der Prüfung gescheitert wären, bei über zehn Prozent gelegen. Ein Ergebnis, das es in dieser Form bisher noch nie gegeben hatte.
Kein offener Aufruf zur Manipulation
Das Kultusministerium reagierte diesmal zwar nicht mit offenen Aufrufen zur Manipulation, die Kolleginnen und Kollegen wussten aber, wie sich allein aus Eigenverantwortung in den mündlichen Prüfungen zu verhalten hatten. So ist es gelungen, die Rate der Schülerinnen und Schüler, die das Abitur nicht bestanden, bei 3,7 Prozent zu halten und noch einen Gesamtnotendurchschnitt von 2,33 zu erzielen. Weil ihre Minusleistung den Gesamtschnitt erheblich nach unten gezogen hätte, wurden die Durchgefallenen dabei natürlich nicht mitgezählt."