Strategiepapier "Coburger Wirtschaft 2030" vorgelegt
Autor: Oliver Schmidt
Coburg, Freitag, 14. August 2015
Mit dem Strategiepapier wollen die Industrie- und Handelskammer zu Coburg (IHK) und die Handwerkskammer für Oberfranken (HWK) aufzeigen, in welchen Handlungsfeldern die wichtigsten Herausforderungen der nächsten Jahre liegen.
Denn so stark der Wirtschaftsstandort Coburg derzeit auch sei: Nicht zuletzt aufgrund des demografischen Wandels sei der künftige Erfolg "kein Selbstläufer", wie es im Strategiepapier heißt, das die Präsidenten Friedrich Herdan (IHK) und Thomas Zimmer (HWK) am Freitag in Coburg vorstellten. Noch viel wichtiger als das eigentliche Strategiepapier ist aber die Botschaft, die damit ausgesendet wird: IHK und HWK machen gemeinsame Sache; Handwerk und gewerbliche Wirtschaft sehen sich - etwa bei der Suche nach Fachkräften und Auszubildenden - nicht als Konkurrenz, sondern ziehen gemeinsam an einem Strang für die Region.
Gemeinsam werden auch Forderungen gestellt: etwa nach einer Stärkung der Berufsschulen. "Die Berufsschulen sind es, die Hightech vermitteln", sagt Zimmer und verweist auf das erste Handlungsfeld an, die Digitalisierung. Darin würden große Chancen liegen. "Nur wir vom Handwerk können doch zum Beispiel all die digitalen Geräte einbauen, die es in naher Zukunft in vielen Wohnhäusern geben wird", so Zimmer.
Im zweiten Handlungsfeld geht es um den "Innovations- und Wissensstandort Oberfranken". Nachdem mit der Technologie-Allianz Oberfranken (TAO) die Vernetzung der vier oberfränkischen Hochschulen bereits gelungen sei, gelte es, die Wissenschaft mit der Wirtschaft zu vernetzen.
Kompetenzentrum in Coburg?
Beim dritten Handlungsfeld, dem "Bildungsstandort", setzt Herdan auch auf ein "Kompetenzzentrum Maschinenbau", das in Coburg entstehen soll. Es soll - angegliedert an die IHK und besetzt mit eineinhalb Stellen - bestehende Einrichtungen vernetzen und jungen Menschen beim Einstieg in die Branche helfen. Ein Antrag auf Förderung eines solchen Zentrums ist gestellt. Herdan: "Wir sind da guter Dinge!"Im vierten Handlungsfeld "Wirtschaftliche Stärkung" pochen IHK und HWK auf eine gute Verkehrsinfrastruktur: ICE-Systemhalt, Verkehrslandeplatz, Staatsstraße 2205.
Das Strategiepapier im kompletten Wortlaut:
Präambel
Die Region Coburg ist starker Wirtschaftsstandort und lebenswerter Wohn- und Arbeitsraum. Wir stehen aber vor Herausforderungen, die gemeinsam von Wirtschaft, Verwaltung und Politik bewäl-tigt werden müssen.Unsere Unternehmen in Industrie und Handwerk, Dienstleistung und Handel haben sich in den vergangenen Jahren als krisenfest, innovativ, international wettbewerbsfähig und zukunftsorientiert erwiesen. Das zeigen Kennzahlen, wie die überproportionale Entwicklung der Bruttowertschöpfung, die sinkende Arbeitslosenquote sowie die stetig steigende Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter.
Diese Position verdankt die Region der mittelständisch geprägten Firmenstruktur mit innovativen Unter-nehmerinnen und Unternehmern. Die Hochschule Coburg im Verbund mit TAO (Technologie Allianz Oberfranken) sowie diverse Bildungs- und Forschungseinrichtungen bieten gute Voraussetzungen.
Der Gestaltungsspielraum der öffentlichen Haushalte ist jedoch aufgrund knapper Finanzlage deutlich eingeschränkt. Und nicht alle ökonomischen Parameter sind ausschließlich positiv. Die demografische Entwicklung beispielsweise schwächt Zukunftsräume wie die Wirtschaftsregion Coburg sichtlich. Der zukünftige Erfolg unserer Region wird insofern kein Selbstläufer. Wir sind vielmehr überzeugt, dass langfristig nur erfolgreich sein wird, der initiativ ist und selbst handelt.
Um den kommenden Herausforderungen zu begegnen, haben die IHK zu Coburg und die Handwerkskammer für Oberfranken verschiedene strategische Handlungsfelder zur Strukturentwicklung im Wirtschaftsraum Coburg identifiziert.
Konkret geht es darum, die wirtschaftlichen Standbeine nachhaltig zu stärken und insbesondere die Versorgung mit Fach- und Führungskräften in den wirtschaftlichen Kernbereichen sicherzustellen. Die strategischen Betrachtungen schließen in Teilbereichen den nördlich angrenzenden Wirtschaftsraum Südthüringen mit ein.
Die IHK zu Coburg und die HWK für Oberfranken stellen folgende strategische Handlungsfelder zur Strukturentwicklung im Wirtschaftsraum Coburg vor:
• Wirtschaft 4.0 / Digitalisierung
• Innovations- und Wissensstandort Oberfranken,
• Bildungsstandort Oberfranken - Fachkräfte der Zukunft,
• Wirtschaftliche Stärkung der Region - Eckpfeiler: Industrie und Handwerk, Handel und Tou-rismus
Handlungsfeld I: "Wirtschaft 4.0 / Digitalisierung"
Für die stark von Industrie, Handwerk und Dienstleistung geprägte Wirtschaftsregion Coburg (Industriedichte: 158, Dienstleistungsdichte: 261,) eröffnet sich durch die Digitalisierung die Chance, eine Vorreiterrolle einzunehmen und die herausragende Position der Coburger Wirtschaft im weltweiten Wettbewerb zu stärken. Denn Wirtschaft 4.0 wird bestehende Geschäftsmodelle nachhaltig verändern und neue, digitale Geschäftsmodelle hervorbringen. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung stehen die Erhöhung des Kundennutzens und die erhöhte Vernetzung mit Kunden und Partnern. Dies setzt flächendeckende breitbandige Datenanbindung voraus, die unsere Unternehmen in die Lage versetzt, die neuen technischen Möglichkeiten zu nutzen. IHK zu Coburg und HWK für Oberfranken appellieren an die Kommunen, ihr Engagement in den Breitbandausbau zu verstärken und unter Nutzung vorhandener Förderinstrumente noch unzureichend versorgte Gewerbegebiete an das schnelle Internet anzubinden.In der Aus- und Weiterbildung, die die Mitarbeiter auf IT-Technologien wie Big Data, Cloud Computing, Serviceorientierte Architekturen oder Smart Devices vorbereitet, werden IHK und HWK darauf hinwirken, dass sich die Berufsbilder rasch den Anforderungen der Praxis anpassen und inhaltlich insbesondere Aspekte der IT und IT-Sicherheit stärker mit einfließen.
Wirtschaft-4.0-Lösungen sind für viele Mittelständler neu und ziehen einen erheblichen Investitionsbedarf (Technik, IT-Sicherheit) nach sich. Die IHK zu Coburg und die HWK für Oberfranken unterstützen bei den Herausforderungen, indem sie sich beispielsweise für einheitliche Normen und Standards auf europäischer bzw. internationaler Ebene einsetzen und effiziente Regelungen zur Datensicherheit und zum Datenschutz vorantreiben. Aufgrund der umfassenden Bedeutung von Wirtschaft 4.0 / Digitalisierung haben sowohl die IHK zu Coburg als auch die HWK für Oberfranken das Thema aufgegriffen und sensibilisieren ihre Mitgliedsunternehmen mit eigens dafür geschaffenen und geförderten Projektstellen.