Druckartikel: Steinerne Körper im weiten Land des Thieracher Gartens

Steinerne Körper im weiten Land des Thieracher Gartens


Autor: Dr. Carolin Herrmann

Rödental, Donnerstag, 07. Mai 2015

Der Kunstverein Hyazinth startet im Thieracher Garten in Rödental mit den kleinen, aber wirkungsvollen Skulpturen von Eva Skupin in diese Saison. Im Teehaus sind extra geschaffene Kalligrafien zu Gedichten von E. E. Cummings zu sehen. Die hat der Hausherr, Reinhard Heinritz, neu übersetzt.
Versonnen liegend und schwebend in der Weite des Thieracher Gartens: Eva Skupins steinerne Frauen.  Fotos: Carolin Herrmann


Er ist sicher einer der ungewöhnlichsten, wildesten, sanftesten, viel-seitigsten Ausstellungsräume auf weiter Flur: der Thieracher Kunstgarten von Carola Rückert und Reinhard Heinritz. Ab Sonntag ist wieder Ausstellungssaison. In dem zu Rödental gehörenden Dörfchen wuchs über Jahrzehnte ein Garten zwischen streng Gestaltetem und wild Freiem, der schon Großformatiges und Intimes gehalten hat in der hügeligen Weite des Landes und vor der nördlich begrenzenden, monumentalen Kulisse des Waldes. Nach den großen Plastiken der letzten Jahr blickt man jetzt fast mit Verblüffung auf die kleinen Steinfiguren von Eva Skupin, die unter den hohen Maiwolken in der Freiheit des Ortes ruhen, klein im Blick und doch sehr präsent.

Die Skulpturen der bei Meiningen lebenden Künstlerin stellen üppige kleine Frauen dar, die sich hier mit großem Selbstbewusstsein niedergelassen haben, ihr Eigenes und ihre Eigenart trotz des begrenzten Formates in archaischer Wucht ausbreitend.

Die Posen wirken vertraut aus der Kunstgeschichte, seit die Venus von Willendorf, die kleine Figurine aus der jüngeren Altsteinzeit, Geist und spirituelle Sehnsucht der Menschen lenkte. Eva Skupin aber hat in die bekannten Formen Irritation gesetzt. Was ist das denn für eine Madonna? Würdig, klar, und gleichzeitig sitzt Schalk in ihr. Oder dieses Weiblein mit eigenwilligem, der Welt abgekehrten Gesichtsausdruck, schwer liegend vor dem Westen dort auf der Höhe, aber gleichzeitig auch fliegend, mit straffen Beinen und Füßchen. Alles ist fein glatt geschliffen an ihm, runder Bauch und runde Brüste. Doch in den hochfahrenden Haaren, da zeigt sich die Wildheit des Wesens.

Irritation erst recht, wenn man den zum Garten gehörenden Ausstellungspavillon, das Teehaus betritt, in dem es in diesem Jahr erst Recht etwas Eigen-Williges gibt: Auch da ruhen Eva Skupins versonnene, so massive wie vergeistigte Körper, gezeichnet allerdings in weißem Schwung auf dunkelrotem Papier - und extra geschaffen zu Wortwerken des experimentellen amerikanischen Dichters E. E. Cummings (1894 - 1962), und zwar auf besonderen Wunsch des Hausherrn.

Neu übersetzt und erklärt

Reinhard Heinritz nämlich hat eine Reihe von Cummings Gedichten, die nach neuer Form suchen, aber bildlich eingängig und sinnlich sind, neu übersetzt. Sie stehen in englischer und in deutscher Sprache in den Kalligrafien von Eva Skupin. Zudem hat Reinhard Heinritz, der Germanistik, Anglistik und Philosophie studiert hat und als Lehrer am Gymna sium Neustadt wirkt, sozusagen als Lesehilfe in einer Handreichung knappe erhellende Deutungen geschaffen. Alles zusammen wirkt reizvoll und in der gegenseitigen Entsprechung immer wieder sehr berührend, Sinnlichkeit und Geist zugleich aktivierend. Man möchte sich zu den Figuren legen, auf dass die Texte wie von selbst in unsere Körper strömen.

Eva Skupin, 1965 geboren in Laucha, absolvierte eine Holzbildhauerlehre und arbeitete als Theaterplastikerin am Staatstheater Meiningen. Sie studierte an der Hochschule der Bildenden Künste Dresden Theaterplastik, anschließend an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg Bildhauerei bei Wilhelm Uhlig und Tim Scott, dessen Meisterschülerin sie wurde. Seit 2002 arbeitet Skupin als freiberufliche Bildhauerin. Sie hat ihre Werkstatt in Mehmels bei Meiningen.

Kunstverein Hyazinth, Thieracher Garten: Die elfte Saison startet am Sonntag, 10. Mai, um 11 Uhr mit der Vernissage zu Eva Skupins Steinbildnissen und Kalligrafien. Musikalische Umrahmung durch die Gruppe Quadrosax. Eintritt frei, Spenden erwünscht. Bis zum 26. Juni, Mittwoch und Freitag von 16 bis 19 Uhr.

Ausblick Saison 2015
5. Juli: "Einblicke - Durchblicke" mit Gemälden und Objekten von Michaele Rothe (Berlin) und Stahlskulpturen von Robert Siebenhaar (Frankenhaag).

13. Juli: Die Nacht am Teich mit dem Duo "Rose und Georgi" (Berlin), das Balladen von Heinrich Heine und Sommergartensongs präsentiert.

13. September: Klang-Inspirationen in Schwarz und Weiß mit Papier-Objekten von Hildegard Geisler-Dahmen (Rödental) und Keramik von Ursula Kunze-Hümmer (Coburg)

Aktuelle Infos auf www.hyazinth.com