Steine des Lebens mildern das Leid von verwaisten Eltern in Coburg

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"Verwaiste Eltern" haben für ihre zu früh verstorbenen Kinder bunte Steine des Lebens gestaltet. Mitarbeiter des Grünflächenamts helfen bei der Fertigstellung einer Sitzgruppe (von links): Doris und Oliver Geppert, Helga Turschner, Sandra Hünneke, Wera Will, Helga Knirsch, Kip Kirschner und Fabian Rosenbauer. Foto: Helke Renner
"Verwaiste Eltern" haben für ihre zu früh verstorbenen Kinder bunte Steine des Lebens gestaltet. Mitarbeiter des Grünflächenamts helfen bei der Fertigstellung einer Sitzgruppe (von links): Doris und Oliver Geppert, Helga Turschner, Sandra Hünneke, Wera Will, Helga Knirsch, Kip Kirschner und Fabian Rosenbauer. Foto: Helke Renner

Linda wurde getötet, Denise starb durch einen Unfall und Nina an einer Krankheit. Egal, wodurch Eltern ihre Kinder verlieren, der Schmerz ist immer groß. Bei den "Verwaisten Eltern" und im kreativen Tun finden sie Trost.

Auch nach drei Jahren sind Sandra Hünnekes Wunden noch nicht verheilt. Sie hat ihre Tochter Linda auf grausame Art verloren. Zwar wurde Jerry J., der sie tötete, zu elfeinhalb Jahren Haft verurteilt, aber das ist ein schwacher Trost für die Mutter. "Ein Teil von mir ist gestorben", sagt sie. Es sei, als wäre ihr das Herz herausgerissen worden. In ihrem Leben gebe es noch immer mehr Tiefen als Höhen. Dank der offenen Gruppe "Verwaiste Eltern Coburg" habe sie aber wieder ein wenig Halt gefunden. "Meine Pfarrerin hat mich auf die Gruppe hingewiesen.Vor allem der Austausch mit den anderen Eltern gibt mir Kraft", sagt Sandra Hünneke.

Sie hat für ihre Tochter einen Stein für die Sitzgruppe im Regenbogenwald II am Falkenegg gestaltet. Darauf ist eine Blume zu sehen. "Sie mochte vor allem Dahlien, Rosen und Gladiolen und wollte Floristin werden." Nun soll die Blume auf dem Stein für sie blühen.


Noch keine zehn Monate ist es her, dass Helga Turschner ihre damals 22-jährige Tochter Denise durch einen Unfall mit tödlichem Ausgang verloren hat. Die junge Frau wollte die Heizung ihres stehenden Fahrzeugs einschalten, als das Auto ins Rollen kam. Denise wurde von der Fahrertür eingequetscht und erlag ihren schweren Verletzungen. Die Sache landete vor Gericht, weil man zunächst von Fremdverschulden ausging. Die Untersuchungen hätten den Verdacht aber nicht bestätigt, sagt Helga Turschner. Das sei auch für sie eine Erleichterung gewesen. Dennoch: Über lange Zeit musste sie stationär psychotherapeutisch behandelt werden. "In der Klinik haben sie mich quasi zu den ,Verwaisten Eltern‘ geschickt." Ihr Zustand habe sich dadurch zusehends verbessert, erläutert Helga Turschner. "Ich weiß, dass ich nicht allein bin."

Auf den Stein für Denise hat sie ein Herz mit Engelsflügeln gemalt. Dieser Engel soll sie in den Himmel geleiten. Und auch ihr selbst wachsen Flügel, wenn sie an ihre Tochter denke.

Hilfe von anderen Eltern

Doris, Oliver und Tochter Sara Geppert haben für die kleine Nina gleich drei Steine bemalt. Das Mädchen starb im Alter von fünf Jahren an einer Stoffwechselkrankheit. "Nina hat Tiere sehr geliebt. Deshalb habe ich für sie einen Papagei gemalt", erzählt Doris Geppert. Vater Oliver hat sich für Wasser und Spuren im Sand sowie ein lachendes und ein weinendes Gesicht entschieden. Und Sara hat ihre Schwester so gemalt, wie sie möglicherweise heute aussehen würde. "Das Zusammentreffen mit den anderen Eltern ist für uns sehr hilfreich", sagt Doris Geppert. "Man kann hier mit Menschen reden, die einen verstehen."

Wera Will hat ihre Tochter durch einen Unfall verloren. Auf glatter Fahrbahn war sie mit ihrem Auto von der Straße abgekommen und in einen Graben gefahren. Sie erlitt schwere Kopfverletzungen, wurde mehrfach operiert, konnte aber nicht gerettet werden. "Ich war sehr verzweifelt. Da habe ich einen lieben Brief von Helga Knirsch bekommen, in dem sie mir von den ,Verwaisten Eltern‘ erzählt hat." Heute gehört Wera Will neben Helga Knirsch zu denen, die die Gruppe zusammenhalten und die Aktivitäten organisieren.

Neues Projekt

Die "Steine des Lebens" sind ein neues Projekt. "Die Idee dabei war, dass trauernde Familien für den Regenbogenwald II am Falkenegg die Steine in Gruppenarbeit gestalten", erläutert Helga Knirsch. Dieses kreative Gestalten sei für die meisten ein heilsamer Prozess gewesen. Die Steine sollten auf am Boden liegende Baumstämme gelegt werden. Der Leiter des Grünflächenamts, Bernhard Ledermann, habe aber dann den Vorschlag gemacht, daraus schwebende Steine zu machen. Also wurden sie auf Metallstäbe gesteckt und diese in die Baumstämme gebohrt. Diese Stämme wurden der Gruppe gespendet: Einen stellte Andreas Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha zur Verfügung, einen die Familie Schreiner aus Neida, die auch einen Stein für ihren Sohn Tobias bemalte, und weitere drei Bäume kommen aus dem Bestand der Stadt.

Aus den Stämmen wurden kleine Sitzflächen herausgesägt, die zum Verweilen einladen. Alle handwerklichen Arbeiten erledigten Mitarbeiter des Grünflächenamts. Sie kümmern sich auch um die Erhaltung des Regenbogenwaldes II. Zweimal jährlich können dort Bäume gepflanzt werden. 27 stehen schon, für weitere 20 ist noch Platz. Am morgigen Samstag wird um 11 Uhr die Sitzgruppe eingeweiht. Dabei werden die Texte verlesen, die die Eltern zu ihren bemalten Steinen geschrieben haben. Norbert Jungkunz von der katholischen Betriebsseelsorge ist dabei und wird etwas zum Trauern und Gedenken sagen. "Der Regenbogen ist für uns die Verbindung zu unseren Kindern. Er zeigt uns den Trauerweg vom dunklen Violett zum Rot der Liebe", sagt Helga Knirsch.