Stehende Ovationen für Michael Leslie in Coburg
Autor: Jochen Berger
Coburg, Dienstag, 22. Oktober 2013
Wenn ein Pianist des Jahrgangs 1943 noch immer als Geheimtipp gilt, sagt das vermutlich mehr über den Musikbetrieb aus als über den betreffenden Künstler. Bei seinem Coburg-Debüt im Kongresshaus wird der in München lebende Pianist Michael Leslie mit stehenden Ovationen verabschiedet.
Schneller, lauter, bunter - so scheint das Profil jener Künstler zu sein, die sich auf dem hart umkämpften Klassikmarkt durchsetzen wollen. Jung und virtuos sollten sie sein und möglichst fotogen - ob sie dann interpretatorisch tatsächlich etwas zu sagen haben, ist zunächst einmal gar nicht so wichtig.
Ein Künstler wie Michael Leslie, 1943 in Sydney geboren und seit vielen Jahren in München lebend, passt da nicht recht hinein in dieses Raster. Er versteht sich ganz kompromisslos als Sachwalter der Komponisten, wie auch sein Debüt bei der Coburger "Gesellschaft der Musikfreunde" beweist. Einen dicken Stapel an Partituren hat Leslie dazu auf dem Steinway-Flügel platziert - freilich nicht, weil er sich dem Usus des Auswendigspielens widersetzen will, sondern um deren Vorworte vorzulesen.
"Beethoven pur"
Denn Michael Leslies Gastspiel im Kongresshaus unter dem Etikett
Wer die Karriere von Michael Leslie betrachtet, findet manche CD-Einspielung, manche Rundfunkaufnahme sowie Auftritte mit namhaften Orchestern. Doch die großen Plattenfirmen haben Michael Leslie nicht im Repertoire. Warum nur?
Weil er nicht stromlinienförmig wirkt? Weil seine Sicht beispielsweise auf Beethoven Ecken und Kanten hörbar macht? Genau damit aber wird dieser Pianist unverwechselbar wie an diesem Abend, den er mit einer fulminanten Deutung der einst als unspielbar geltenden "Hammerklavier-Sonate" krönt.