Start ins neue Jahr in Coburg: "Lustige Witwe" trifft "Fledermaus"
Autor: Jochen Berger
Coburg, Mittwoch, 01. Januar 2014
So begegnen sich die Meister-Operetten Franz Lehár und Johann Strauß bei der launigen Silvester-Gala im Coburger Kongresshaus.
An besonderen Tagen braucht die Operette gar keine Kulissen, gar kein Bühnenbild, um ihr Publikum auch heute noch in Bann zu ziehen. Dann reicht die Macht ausdrucksvoller Melodien, der Reiz schöner Stimmen, um aus Zuhörern selig Träumende zu machen. Silvester ist ein solcher Tag, wie die Operetten-Gala des Landestheaters im Kongresshaus charmant und unterhaltsam beweist.
Die Macht der Liebe
An einem solchen Abend strafen die Meister der Operette all jene Lügen, die da meinen, dieses Genre sei unrettbar dem Untergang geweiht. Silvester - ein Tag, der gleichermaßen zum Rück- wie zum Ausblick einlädt.
An Silvester lässt sich wunderbar sinnieren über die Vergänglichkeit des Glücks und darüber, was man im unwiderruflich zu Ende gehenden Jahr alles anders und besser hätte machen können.
"Widerspenstiger" Kapellmeister
Johann Strauß und Franz Lehár - zwei Komponisten, die mit der "Fledermaus" und der "Lustigen Witwe" zwei Meisterwerke der Operette geschrieben haben, die sich wunderbar für Silvesteraufführungen eignen. Aber "Fledermaus" und "Witwe" an einem einzigen Abend? Das Landestheater wagt den Versuch und serviert "Die lustige (Fledermaus-)Witwe" als launige Operettengala. Weil die Bühne des großen Hauses nach dem Wasserschaden erst Anfang Januar wieder uneingeschränkt zur Verfügung steht, finden beide Gala-Aufführungen auf der Bühne des Kongresshauses statt.
Intendant Bodo Busse als Moderator
Hier beweist Intendant Bodo Busse in der Rolle des Moderators Entertainer-Qualitäten und liefert sich in Worten und Taten manchen netten Disput mit Kapellmeister Roland Fister am Dirigentenpult. Während sich Busse als Fan von Lehárs "Lustiger Witwe" outet, versucht Fister mit Erfolg, immer wieder auch Ausschnitte aus der "Fledermaus" ins Programm zu schmuggeln.
Wohlklang und Elan
Das beginnt schon bei der Ouvertüre, auf die Lehárs Meisterwerk verzichtet. Stattdessen stimmt Walzerkönig Johann Strauß mit seiner "Fledermaus"-Ouvertüre ein auf ein Programm, das heiter und temperamentvoll, bisweilen aber durchaus auch nachdenklich klingt. Unter Fisters klar gestaltender Leitung beweist das Philharmonische Orchester gleichermaßen sein Gespür für Lehár wie für Strauß, für schwelgerischen Wohlklang wie für rhythmischen Elan.
Wer "Die Fledermaus" und "Die lustige Witwe" gemeinsam an einem Abend auf das Programm setzt, braucht dafür ein großes Reservoir an guten Stimmen. Die gibt es reichlich am Landestheater - so reichlich, dass sich für die zwei Aufführungen am Nachmittag und am Abend sogar einige Partien alternierend besetzen lassen.
Fest der schönen Stimmen
So brillieren am Nachmittag Julia Klein mit schlankem, sicher geführtem Koloratursopran als Valencienne, David Zimmer mit lyrischem, zugleich aber kraftvollem Tenor, der unverkennbar schon eine Tendenz ins Spinto-Fach hören lässt. Als Graf Danilo verbindet Falko Hönisch Souveränität des Gesangs ebenso mit Spielfreude wie Sofia Kallio in der Titelrolle der "Lustigen Witwe" als Hanna Glawari. Dazu bereichern Benjamin Werth, Karsten Münster und Michael Lion das Ensemble in weiteren Szenen.
Celeste Siciliano, demnächst wieder als Amelia in Verdis "Maskenball" auf der Bühne des Landestheaters zu erleben, beweist eindrucksvoll mit dem Csárdás der "Fledermaus"-Rosalinde, dass sie auch im Operettengenre stilsicher agieren kann.
"Verhaftung" auf offener Bühne
An Silvester ist zwar nicht alles erlaubt, aber eben doch vieles möglich - eine (gespielte) Verhaftung auf offener Szene inklusive. Doch nachdem Bodo Busse seinen Kapellmeister Roland Fister nach einem erneuten "Fledermaus"-Intermezzo in Handschellen von der Bühne abführen lässt, scheitert der moderierende Intendant mit reichlich Selbstironie grandios beim Versuch, Lehárs "Weibermarsch" zu dirigieren.
Dieses vergnügliche Scheitern beschert Fister natürlich umgehend die Begnadigung auf offener Bühne und der Silvester-Gala gleich ein doppeltes Finale - erst mit Klängen des Walzerkönigs und dann mit Musik von Lehár, bevor schließlich die Strauß-Dynastie bei den Zugaben das letzte Wort, respektive den letzten Ton behält.