Stadthalle statt Kongresshaus für Coburg?
Autor: Simone Bastian
Coburg, Montag, 07. Dezember 2015
"Coburg braucht eine neue Stadthalle", sagen SPD, Grüne, WPC, CSB und FDP im Stadtrat. Standort: Am Rosengarten, anstelle des jetzigen Kongresshauses. Denn das müsste ohnehin saniert werden - und da wäre ein Neubau unterm Strich sinnvoller.
Eigentlich fordert der gemeinsame Antrag zunächst nur, den Bedarf für eine Konzert- und Veranstaltungshalle zu prüfen. Dafür soll die Verwaltung mit Unternehmen, Vereinen, Institutionen wie dem Landestheater reden und bis März ein Raumprogramm erarbeiten und Kosten ermitteln.
Doch dass eine solche Veranstaltungshalle notwendig ist, daran lassen die Vertreter von SPD, CSB, Bündnis 90/Grünen, Wählergemeinschaft Pro Coburg (WPC) und Hans-Heinrich Eidt als Einzelvertreter der FDP keinen Zweifel. In dem Antrag heißt es: "Damit sich Coburg als zukunftsfähige und attraktive Stadt unter anderem auf den Gebieten Kongress und Kultur besser positionieren kann, ist der Neubau einer Stadthalle als mehrfach nutzbare Konzert- und Kongress- beziehungsweise Veranstaltungshalle in einer Größenordnung von ca. 600 Plätzen samt Bühne notwendig und daher auf seine Machbar- und Finanzierbarkeit zu überprüfen.
Denn das Kongresshaus selbst ist Teil des Problems, oder, wie Martina Benzel-Weyh (Grüne) sagt: "Ein totes Pferd", das man nicht mehr reiten wolle. Über sieben Millionen Euro müssten in den nächsten Jahren in das Kongresshaus investiert werden, sagt Petra Schneider (SPD). Und damit sei noch keine Verbesserung bei der Akustik oder ein barrierefreier und behindertengerechter Ausbau enthalten.
Kein großes Kongresszentrum
"Wir reden nicht von einem Kongresszentrum, sondern darüber, was wir für unsere Situation brauchen", betont Jürgen Heeb (WPC). Zuletzt gab es im Jahr 2006/7 eine große Diskussion darüber, wie das Kongresswesen zukünftig gestaltet sein müsse. Das "neue Innenstadtkonzept" forderte ein Kongresszentrum mit großer Veranstaltungshalle und Hotel am Anger.
Das vorhandene Kongresshaus wäre Teil dieses Kongresszentrums geworden. Weil sich aber kein privater Investor fand, liegt der entsprechende Bebauungsplan gerade auf Eis.An diese Diskussion wollen die genannten Fraktionen mit ihrem Antrag aber nicht anknüpfen. Ihnen geht es um eine Alternative zum Kongresshaus, dessen Bühne zu klein sei und nicht mehr zeitgemäß, wie Bettina Lesch-Lasaridis sagt. Einen multifunktionalen Raum "mit guter Akustik" (Petra Schneider) und "höherer Flexibilität als heute" (Jürgen Heeb) brauche die Stadt.
Was den Sanierungsbedarf des Kongresshauses angeht, komme eine Untersuchung aus dem Jahr 2013 auf einen Betrag von 4,1 Millionen Euro, sagt Stephan Horn, Geschäftsführer der städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Die Wifög ist Eigentümerin des Gebäudes. Sie wollte auch schon eine Untersuchung in Auftrag geben, was die günstigste Lösung wäre: Den jetzigen Zustand erhalten, eine räumlich-technische Verbesserung des vorhandenen Kongresshauses oder gleich ein Neubau. Diese Untersuchung sei zurückgestellt worden, weil der Stadtrat erst Informationen darüber haben wollte, wie sich das Kongresswesen entwickeln werde, sagt Horn.
Wenn es nach den Antragstellern geht, strebt Coburg nicht auf den Kongressmarkt, sondern schafft eine Halle für den örtlichen Bedarf. Wie viele Plätze die dann haben wird, sei noch völlig offen, wie alle betonen. Die genannte Zahl von 600 Plätzen signalisiere lediglich, dass eben keine große Halle geplant sei. Der große Saal des jetzigen Kongresshauses fasst bestuhlt 700 Zuschauer, 1100 bei Stehplätzen und gut 300 bei "parlamentarischer Anordnung" von Tischen und Stühlen, berichtet Betriebsleiterin Karin Schlecht.
Ein Haus für vieles
Die Stadträte, die den Antrag am Montag im Pressegespräch vorstellten, wollen ein Gebäude für möglichst viele verschiedene Veranstaltungen: für Vereinsfeiern und Kammermusik, für Jugendveranstaltungen und Vorträge, Schulungen und Tagungen. Die Kosten dürften dabei nicht die entscheidende Rolle spielen, betont Gerhard Amend (CSB). Coburg als Oberzentrum müsse auch Infrastruktur für das Umland vorhalten.
"Wir können als Stadt nicht unsere Zukunft verspielen." Die Finanzsituation lässt freilich keine großen Ausgaben zu, und die Stadt hat buchstäblich schon einige andere offene Baustellen: die Sanierung von Landestheater, Ketschenvorstadt und Heiligkreuzschule, Bahnübergänge, der Verkehrslandeplatz und einiges mehr stehen im mittelfristigen Investitionsplan.
Eine Mehrheit im Stadtrat dürfte dem Antrag "Stadthalle" sicher sein - den genannten Fraktionen gehören 23 von 40 Stadträten an, den Oberbürgermeister nicht mitgerechnet. Außerdem wollen die Antragsteller bei der weiteren Bearbeitung ihres Antrags in der Verwaltung mitreden können: Einer noch zu bildenden Arbeitsgruppe sollen drei Mitglieder aus ihren Reihen angehören, sagen sie. CSU/JC und SBC (zusammen 16 Stadtratsmitglieder) sind da nicht berücksichtigt.
Der Antrag im Wortlaut
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,die Unterzeichnenden stellen folgenden Antrag:
Damit sich Coburg als zukunftsfähige und attraktive Stadt u.a. auf den Gebieten Kongress und Kultur besser positionieren kann, ist der Neubau einer Stadthalle als mehrfach nutzbare Konzert- und Kongress- bzw. Veranstaltungshalle in einer Größenordnung von ca. 600 Plätzen samt Bühne notwendig und daher auf seine Machbar- und Finanzierbarkeit zu überprüfen. Angedacht ist der Standort des jetzigen Kongresshaus Rosengarten.
Die Verwaltung wird damit beauftragt
- bei Firmen in der Region, im Kulturbereich sowie bei infrage kommenden Institutionen und Vereinen den Bedarf festzustellen,
- auf dieser Basis ein Raumprogramm sowie die Kosten zu ermitteln,
- eine begleitende Arbeitsgruppe zu installieren, die sich aus Vertretern des Baureferats, der Kulturabteilung, der Wirtschaftsförderung, des Kongressbetriebs und drei Vertretern der Antragsteller zusammensetzt.
In die Überlegungen und Prüfungen ist außerdem einzubeziehen, eine neu zu errichtende Stadthalle ggf. zunächst als Interimsspielstätte für das Landestheater während der Sanierung zu nutzen.
Das Ergebnis ist dem Stadtrat im März 2016 vorzulegen.
In Anbetracht der erforderlichen Sanierung des Kongresshauses Rosengarten besteht Handlungsbedarf. Eine Entscheidung muss daher dringend vorangetrieben werden.
Begründung:
Das Kongresshaus Rosengarten entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen. Die Räumlichkeiten weisen sowohl für den Kongressbetrieb als auch in Hinblick auf musikalische Aufführungen Mängel auf.
Lediglich um den derzeitigen Standard zu sichern, sind aufgrund verschiedener Untersuchungen in den nächsten Jahren mehr als 7 Mio Euro in das Gebäude für Brandschutz, Technik etc zu investieren. Dabei werden keinerlei Verbesserungen der Funktion, der internen Abläufe, der Akustik oder des Raumangebotes erreicht. Kosten zur Sicherstellung von Barrierefreiheit und behindertengerechter Nutzung sind in diesem finanziellen Ansatz nicht enthalten.
Hinzu kommt das seit langem bekannte hohe Betriebskostendefizit, das es gilt künftig zu mindern.
Durch den Neubau einer Stadthalle als gemischt genutzte Konzert-, Kongress- und Veranstaltungshalle sollen zum einen Räumlichkeiten für Kongresse entsprechend den Bedürfnissen in der Region entstehen. Auch sollen Schulungs- und Tagungsräume für Betriebe geschaffen werden, die den dafür notwendigen Standards entsprechen.
Zum anderen sollen für den Konzertbetrieb - Symphonie- und Kammermusik - Räume mit entsprechend guter Akustik entstehen. Ebenso soll der Bedarf an musikalischen Aufführungen im Bereich der Jugendkultur abgedeckt werden.
Für Vereine und andere gesellschaftliche Gruppen sehen wir dort die Möglichkeit, Vorträge und sonstige Veranstaltungen durchzuführen.
Dies ist notwendig, da immer weniger Säle in Gaststätten zur Verfügung stehen.
Der Konzertsaal kann auch für Kongresse und andere Veranstaltungen genutzt werden.
Wir sehen dies als eine Investition mit nachhaltigem Finanzmitteleinsatz an."
Unterzeichnet ist der Antrag von den Fraktionssprechern Bettina Lesch-Lasaridis (SPD), Christian Müller (CSB), Martina Benzel-Weyh (Bündnis 90/Grüne), Jürgen Heeb (WPC) und Hans-Heinrich Eidt (FDP).