"Wollten Leverkusen fressen"

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Pure Freude nach dem 92:89-Krimisieg des BBC Cobug am Sonntag gegen die Bayer Giants Leverkusen: Trainer Simon Bertram mit einem der Matchwinner, Anell Alexis. Foto: Jens Gundermann
Pure Freude nach dem 92:89-Krimisieg des BBC Cobug am Sonntag gegen die Bayer Giants Leverkusen: Trainer Simon Bertram mit einem der Matchwinner, Anell Alexis.  Foto: Jens Gundermann

Die Erleichterung nach dem ersten Coburger Sieg in der ProB ist riesig. Trainer Simon Bertram machte seine Schützlinge vor dem Spiel mit einem Video heiß.

"Lionel", der Löwe, begleitet die Leverkusener Basketballer seit eh und je als treues Maskottchen. Den größeren Hunger hatten am Sonntagnachmittag allerdings die Gegner der Bayer Giants Leverkusen. "Die Mannschaft kam aus der Kabine und wollte Leverkusen fressen", erzählt Matthias Haufer, Sportlicher Leiter beim BBC Coburg. "Und ich glaube damit haben die nicht gerechnet, Leverkusen hat sich auf einen gemütlichen Tag eingestellt."

Nach dem enttäuschenden Saisonstart der Coburger Basketballer mit drei Niederlagen aus den ersten drei Partien, ließ Trainer Simon Bertram nichts unversucht, um die sportliche Wende herbeizuführen. Während der vergangenen Woche kramte der 31-Jährige im Videoarchiv und stellte Szenen zusammen, in denen seine Mannschaft erfolgreich mit letztem Willen um den Ball kämpft. Mit epischer Musik unterlegt, spielte Bertram das Video in der Kabine wenige Minuten vor dem Sprungball ab. Die Antwort seiner Mannschaft: Ein imposanter 13:2-Start nach 140 Sekunden. "Das Video war sicher nicht der Hauptgrund für die gute Leistung, aber hat vielleicht den letzten ,Push' gegeben", so Haufer.

Die Erleichterung nach dem 92:89-Heimerfolg gegen den deutschen Rekordmeister Bayer Leverkusen war im BBC-Lager natürlich riesig. Mut machen den Verantwortlichen nicht nur die zwei ersten wichtigen Punkte, sondern vor allem die Art und Weise, wie das Team aufgetreten ist. "Der Auftritt war um Welten besser als in den ersten drei Spielen. Wir waren sehr präsent, haben die Physis angenommen", sagt Haufer und fügt an: "Die Leistungen in den ersten drei Spiele waren unbefriedigend, phasenweise richtig schlecht. Der Wille fehlte bei keinem. Das war keine Einstellungsproblematik, es lag eher an Konzentrationsproblemen."

Eine unterdurchschnittliche Trefferquote von der Dreier- und Freiwurflinie, Unterlegenheit beim Rebound und viel zu viele leichtfertige Ballverluste machten dem BBC in den ersten drei Partien das Leben schwer. Gegen Leverkusen, waren es die Coburger selbst, die die Initiative ergriffen und die Gäste mit einer aggressiven Pressverteidigung über das ganze Feld, immer wieder zu Fehlern zwangen. Die Vestestädter agierten den Großteil der Spielzeit im "Small-Ball", sprich ohne Center und mit fünf Außenspielern.


Gibt es eine Nachverpflichtung?

Bertram hat damit aus der Not quasi eine Tugend gemacht: Denn mit Daniel Stawowski und Sinan Özdil waren zwei Center mit einer Knieverletzung nicht im Aufgebot. "Beide haben Probleme mit dem Außenmeniskus, es ist zu befürchten, dass sich das noch eine Weile hinziehen wird", so Haufer.
Der Trumpf der Coburger, dass sie nominell über einen der tiefsten Kader der Liga verfügen, scheint sich schnell in Luft aufzulösen. Ob der BBC deshalb nachverpflichten wird, ist noch nicht sicher. Einerseits wäre es für Haufer nach dem tollen Sieg gegen Leverkusen das falsche Signal an die anderen Spieler, andererseits sei auch die Marktsituation kompliziert. Ein Markt für deutsche ProB-taugliche Center ist quasi nicht existent und einen weiteren US-Amerikaner dürfen die Coburger aufgrund der Ausländerbeschränkung nicht einsetzen.

Zumindest auf lange Sicht scheint eine Verstärkung auf den großen Positionen aber unabdingbar, denn dem BBC fehlen im Kampf um die Abpraller schlicht die Zentimeter. Leverkusen bestrafte dies mit 15 Offensiv-Rebounds und zahlreichen einfachen Punkten am Brett.

Dass es am Ende trotzdem zu den zwei Punkten gegen die "Riesen vom Rhein" reichte, lag auch an den Leistungssteigerungen von Anell Alexis und Byron Sanford. Die beiden Neuerwerbungen aus den USA blieben in den ersten drei Spielen noch weit hinter den Erwartungen zurück. Überraschend war diese Entwicklung vor allem bei Aufbauspieler Sanford, der eine richtig starke Vorbereitung spielte, dann allerdings nach einer leichten Verletzung kurz vor Saisonbeginn etwas an Selbstvertrauen verloren hat, so Haufer. Seine Würfe fielen nicht, die Fehler im Spielaufbau häuften sich. Der traurige Höhepunkt für das 1,80 Meter große Muskelpaket folgte in Oberelchingen. Nach einem Fehlwurf, einem Foul und zwei Ballverlusten wurde Sanford nach 100 Sekunden ausgewechselt und kam nicht wieder zurück. In der letzten Woche häuften sich bei Haufer daher die Anrufe von Agenten, die vorsichtig fragten, wann der US-Amerikaner denn ausgetauscht werde.


Alexis in Coburg angekommen

Auf diese Art von menschlicher "Lotterie" möchte der BBC aber möglichst verzichten. "Viele Vereine haben viel zu wenig Geduld", so Haufer. Nach dem schwarzen Tag in Oberelchingen machte Sanford gegen Leverkusen mit 12 Punkten und drei Rebounds in 22 Minuten zumindest ein sehr ordentliches Spiel. Haufer hofft, dass dem 24-Jährigen mit neu gestärktem Selbstbewusstsein der endgültige Durchbruch in den nächsten Spielen gelingt.

Auf diesen muss Alexis seit Sonntag nicht mehr warten. In seinem ersten Spiel als Starter übernahm er offensiv sofort Verantwortung (18 Punkte, 7/12 aus dem Feld) und spielte sich in die Herzen der Coburger Zuschauer und seines Trainers, der den Flügelspieler nach der Partie liebevoll herzte.