Druckartikel: Trotz Sieg: Manager Heyder geht mit HSC-Team hart ins Gericht

Trotz Sieg: Manager Heyder geht mit HSC-Team hart ins Gericht


Autor: Christoph Böger

Coburg, Sonntag, 30. August 2015

Der HSC Coburg gewinnt mit 34:31 sein erstes Spiel und die Masse tobt. Doch bei den Chefs kommt keine Freude auf, im Gegenteil: Manager Wolfgang Heyder tobt ebenfalls, aber auf seine Weise...
Hände hoch und Augen zu - die HSC-Spieler mussten sich für den ersten Saisonsieg mächtig strecken. Am Ende reichte es zu einem 34:31-Sieg gegen den SV Henstedt-Ulzburg. Foto: Albert Höchstädter


34:31. 2134 Fans. Show vor dem Anwurf, Standing Ovation nach der Schluss-Sirene. Ehrenrunde. Jubel, Trubel, Heiterkeit auf den Rängen. Alles wie immer, alles ist gut beim HSC? Weit gefehlt!

Während die Leistung der Mannschaft reicht, um den Großteil der Fans zufrieden zu stimmen, manche Fanatiker sogar in Ekstase zu versetzen, fällt das Urteil der Experten verheerend aus. Allen voran Manager Wolfgang Heyder lässt nach dem ersten Saisonsieg mächtig Dampf ab: "Das ist nicht das, was ich mir vorstelle. Mir fehlt hier eindeutig der Biss. Wir müssen kratzen, beißen, alles geben". Aber genau das sei nicht passiert. In Rostock nicht und auch am Samstag gegen den SV Henstedt-Ulzburg nicht.


Der Manager will wachrütteln

Heyder könnte es sich bei einem 34:31-Sieg leicht machen, doch er denkt gar nicht dran: "Ich kann und will dieses Spiel nicht schön reden". Im Gegensatz zu seinen Mitstreitern Jochen Knauer und Stefan Apfel, die beide ebenfalls "nur eine mäßige Leistung, bei der man deutlich unsere Verunsicherung gemerkt hat" (Apfel) gesehen haben, und von "keinem schönen Spiel" (Knauer) sprachen, allerdings nicht den Stab über ihr neues Team brechen wollten, legte der neue, starke Mann des HSC mit einem bemerkenswerten Satz noch einmal nach: "Vielleicht ist unsere Mannschaft zu alt, ich weiß es momentan auch nicht".

Obwohl diese emotionalen Statements relativ zeitnah nach dem Spiel getroffen wurden, kann Handball-Coburg fest davon ausgehen, dass der Manager genau weiß, was er dem Sportredateur in den Block diktierte. Heyder will bereits jetzt wachrütteln, ihm gefallen keine 0815-Leistungen. Auch dann nicht, wenn sie zum Sieg reichen.


Kulhanek mit dem Fuß

Wer nach der Rostock-Pleite ("Die war nicht eingeplant, jetzt sind wir schon unnötig unter Druck/O-Ton Vorstandssprecher Apfel) eine Trotzreaktion von den Spielern erwartete, wurde enttäuscht. Dass diese alles andere als souveräne Darbietung der "Gelb-Schwarzen" überhaupt zum ersten Erfolgserlebnis reichte, hatte der HSC seinem Torsteher Jan Kulhanec zu verdanken.
Nicht etwa weil der Howie-Ersatz nach seiner Einwechslung über sich hinaus wuchs, nein weil er mit einem blitzschnellen Fußreflex in der letzten Minute den Anschlusstreffer verhinderte und somit den HSC vor einer Zitterminute bewahrte.

Unverständlich, dass es überhaupt noch einmal soweit kam. Der HSC sah sechs Minuten vor Schluss nach einem Tempogegenstoß, den Florian Billek mit seinem achten Treffer abschloss, und einem kurz danach sicher verwandelten Siebenmeter von Matthias Gerlich, bei einer Sechs-Tore-Führung (33:27) wie der sichere Sieger aus. Doch anstatt entscheidend nachzulegen und den Gegner mit einer fulminanten Schlussphase aus der Halle zu fegen, um damit auch den Gesamteindruck entscheidend zu kaschieren, machte sich viel zu schnell Zufriedenheit, bei einigen der Profis sogar Lethargie breit. Die Quittung in Form eines weiteren, nicht eingeplanten Punktverlustes gegen einen zwar bis zum Schluss hochmotivierten, allerdings in seinen Mitteln doch eher beschränkten Gegner, blieb aus.

Die Gäste, die nur acht Feldspieler einsetzten und viel zu spät in Coburg ankamen, ernteten Lob: "Die haben alles aus sich rausgeholt", stellte Heyder fest, der Henstedt aber als ein Team einordnet, "dass wohl ebenso wie Rostock eher weiter hinten landen wird".

Und Henstedts Trainer Amen Gafsi sprach nach der Partie sogar davon, dass seine Jungs heute hier in Coburg einen Punkt verdient gehabt hätten. Für Coburgs Coach Jan Gorr stand dagegen das dringend erhoffte Erfolgserlebnis im Vordergrund. Dem Handball-Lehrer war die Erleichterung anzusehen, denn auch ihm war klar, dass wieder einiges schief lief. Vor allem in der Abwehr passen die Abläufe nicht. Nach einfachen Ballstafetten taten sich immer wieder große Lücken am Kreis auf, das Zusammenspiel mit den Neuen funktionierte am Samstag zu selten. "Das wird aber von Woche zu Woche besser und ich muss meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen, dass sie nach dem zähen Beginn dann den Fuß in die Tür bekommen hat", bilanzierte Gorr, dessen Blick bereits nach vorne geht: "Wir wissen, dass beim Aufsteiger in Hagen nächste Woche ein hartes Stück Arbeit auf uns wartet. Aber wir wollen mit einem Sieg ein positives Punktekonto".


Lob für Billek und Kirchner

An das nächste Spiel wollte Wolfgang Heyder am Samstag dagegen noch keinen Gedanken verschwenden, zu sehr beschäftigte den Basketball-Experten noch die ihm einfach nicht in den Kopf gehende Körpersprache seiner Spieler: "Wir wussten doch schon vor dem Spiel, dass Eggert ein guter Werfer ist, warum rücken wir da nicht raus", schimpfte der Manager und schüttelte nachdenklich den Kopf, um allerdings fast im gleichen Atemzug ein Lob für zwei seiner Jungs hinterher zuschicken: "Der Billek gibt alles, zeigt Emotionen. Und der Kirchner auch".
Recht hatte Heyder, denn Coburgs Rechtsaußen, der vor der Saison von Ligakonkurrent HC Erlangen heiß umworben war, avancierte nicht nur wegen seiner acht Treffer wieder einmal zu dem mit Abstand besten HSC-Spieler. Einer, der sonst ebenfalls immer alles aus sich herausholt und seinen Körper dabei selten schont, wurde dagegen schmerzlich vermisst. Kreisläufer Dominik Kelm pausierte wegen anhaltender Schmerzen im Adduktorenbereich - vielleicht herrschte auch deshalb beim HSC zu oft "tote Hose" am Kreis.


Und so lief das Spiel


Anfangsphase 1. Halbzeit:
Bei einer 8:7-Führung (13.) flippt HSC-Trainer Jan Gorr aus. Seiner Meinung nach war die zweite Zwei-Minuten-Strafe für Markus Hagelin völlig überzogenen. Der temperamentvolle Trainer wird verwarnt und muss seinen Kreisläufer für die Schlussphase schonen.

Mitte 1. Halbzeit:
Selbst mit zwei Mittelmännern - neben Adnan Harmandic kommt jetzt auch Till Riehn zum Einsatz - wird das HSC-Spiel nicht besser. Girts Lilienfelds Schüsschen verpufft, Gegenstoß und steht es plötzlich 9:11 (18.). Drei Minuten später steht gar kein Neuzugang mehr auf der Platte. Aber auf die "Alten" ist Verlass, vor allem auf die beiden Außen: Billek trifft dreimal, Kirchner zweimal.

Schlussphase 1. Halbzeit:
Der HSC hat die Partie gedreht, auch dank Krechel, der in dieser Phase dreimal pariert. 18:14-Halbzeitführung.

Anfangsphase 2. Halbzeit:
Es beginnt die beste Phase von Harmandic. Der Jugoslawe trifft jetzt wie er will. Er deutet an, was in ihm steckt, um wenig später aber wieder vorzeitig abzutauchen. Zuvor hält er mit seinen Treffer sechs und sieben den Vier-Tore-Vorsprung (26:22). Auch Lilienfels trifft in dieser stärksten Phase des HSC doppelt.

Mitte 2. Halbzeit:
Weil die Abwehr aber nachwievor nicht funktioniert und auch Krechel keine Hand mehr an den Ball bekommt, bleibt Henstedt in Schlagdistanz. Ein Torwartwechsel (37.) bringt vorerst nichts.

Schlussphase 2. Halbzeit:
Riha muss für zwei Minuten runter, die Gäste treffen doppelt und sind zweimal auf drei Tore dran (29:26 und 30:27). Auf "Scharfschütze" Matze Gerlich ist Verlass. Der Hüne kommt zur Enttäuschung seiner Fans nur für die Siebenmeter aufs Feld. Doch vom Strich trifft er bombensicher: 33:27 - die Vorentscheidung (55.).
Jetzt macht es der HSC unnötig spannend. Rot für Hagelin nach der dritten Zeitstrafe und vier Gegentore in Serie. Nur noch 33:31 (58.). Jan Kulhanec pariert eine Hundertprozentige und bringt die Halle zum Beben, Riehn macht im Gegenzug den Sack zu (60.).


Die Statistik

HSC 2000 Coburg gegen
Henstedt-U. 34:31 (18:14)

HSC 2000 Coburg:
Krechel (ab 37. Kulhanek) - Hagelin (1), Wucherpfennig (o.E.), Franke (o. E.), Gerlich (2/2), Kirchner (2), Riha, Coßbau (1), Billek (9), Riehn (3), Harmandic (7), Lilienfelds (3), Kirveliavicius (5), Vitek (1).
Trainer: Jan Gorr.
Zeitstrafen: 4 (dreimal Hagelin, Riha). / 3. - Siebenmeter: 2/2. / 2/2.
SR: Seliger / Karamuk (beide Berlin). Zuschauer: 2134.

HSC-Splitter


30 Minuten später als sonst

Die Partie in Coburg begann am Samstagabend mit einer halbstündigen Verspätung weil die Gäste aus Schleswig-Holstein deutlich später als geplant in der Vestestadt eintrafen.


Schweigeminute für Rückert

Vor dem ersten Heimspiel der neuen Saison gedachten die 2134 Zuschauer in der HUK-Arena dem letzte Woche verstorbenen BLSV-Kreisvorsitzenden Peter Rückert. Der Untersiemauer war Stammgast bei den Heimspielen des HSC. Hallensprecher Thomas Apfel würdigte Rückert in seiner Laudatio als einflussreichen Funktionär, dessen Stimme Gewicht hatte.


Gute Freunde

Gemeinsam mit Ex-HSC-Präsident Norbert Kastner fachsimpelte der ehemalige Coburger Trainer Georgie Sviridenko vor dem Spiel. Der Weißrusse, der einst bei den "Gelb-Schwarzen" nach nur kurzer Amtszeit entlassen wurde, engagiert sich seit dieser Saison für die Nachwuchsarbeit in Melsungen. Letztes Jahr förderte er Talente in Gummersbach.


Prominenter Hakan-Ersatz

Einen prominenten Ersatz für den im Urlaub weilenden "Fan-Einpeitscher" Hakan Balkan zauberte der HSC aus dem Hut: Lautertals Bürgermeister Sebastian Straubel - schon vor seiner Zeit als Gemeinde-Oberhaupt bekennender HSC-Fan und ehrenamtlich für die Öffentlichkeitsarbeit der Handballer aktiv, forderte lautstark ein H, ein S und schließlich ein C....


Promi-Wette um ein Essen

Wie aus sicherer Quelle zu erfahren war, läuft eine interessante Wette zwischen HSC-Geschäftsführer Jochen Knauer und seinem ehemaligen GmbH-Partner Alfred Geyer. Während Geyer den Coburger Handballern "maximal den 5. Tabellenplatz" zutrauen soll, glaubt Knauer fest an den Aufstieg: "Wir werden Dritter", soll er vor Saisonbeginn prophezeit haben. Auf dem Spiel steht bei dieser Promi-Wette allerdings "nur" ein "gehobenes Essen".


Mit "Vestus" und der Königsgarde

Eine gelungene Premiere feierte in der Arena nicht nur das neue Maskotchen "Vestus", sondern vor allem zwölf junge Frauen aus der Königsgarde des Coburger Mohr. In den Auszeiten und während der Halbzeit sorgten die Tänzerinnen für zusätzlichen Event-Charakter. Parallelen zum Basketball in Bamberg waren unübersehbar...