Nebenjob im Supermarkt: French-Open-Sieger Kevin Krawietz packt mit an
Autor: Maximilian Glas
Witzmannsberg, Sonntag, 26. April 2020
Der gebürtige Coburger Profi Kevin Krawietz hat in der tennisfreien Zeit einen neuen Job angenommen - als Aushilfe in einem Supermarkt. Das weltweit positive Echo auf die ungewöhnliche Aktion hat den 28-Jährigen selbst überrascht.
Wenn ein deutscher Tennis-Doppelspezialist in Zeiten von Corona auf der Startseite großer Online-Portale auf der ganzen Welt zu sehen ist, muss etwas Außergewöhnliches passiert sein. Gemeint ist Kevin Krawietz, Tennisprofi aus dem Ahorner Gemeindeteil Witzmannsberg im Landkreis Coburg.
Ein Interview mit dem 28-Jährigen in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Der Spiegel" zieht weite Kreise. Krawietz verriet dem Magazin, dass er seit einigen Wochen auf 450-Euro-Basis bei einem Discounter im Raum München arbeitet. "Ich räume zusammen mit einem Kumpel Regale ein und aus, schaue, dass Wurst und Käse aufgefüllt sind, sortiere leere Kartons aus, wir nennen das abschachteln", umschreibt er sein Aufgabenprofil.
Zur Erinnerung: Krawietz gewann im vergangenen Jahr mit Doppelpartner Andreas Mies aus Köln die French Open in Paris und setzte sich unter den Top 10 der Weltrangliste fest. Einer der besten Tennisspieler der Welt, der morgens um fünf Uhr aufsteht, um Regale in einem Supermarkt einzuräumen?
Ein vermeintlicher Gegensatz, der global für ein sehr positives Echo sorgt. Auf dem Online-Auftritt der "Marca" etwa, der größten Sportzeitung Spaniens, entwickelte sich unter dem Krawietz-Artikel eine Grundsatzdiskussion. "Während dieser Mann arbeitet, weinen in der Zwischenzeit die Millionärsfußballer, dass sie in diesen Monaten etwas weniger verdienen werden", schreibt ein User in Hinblick auf die zumindest zögerlichen Gehaltsverzichtserklärungen von Superstars wie Toni Kroos (Real Madrid) oder Lionel Messi (FC Barcelona).
"Das Echo war mir nicht bewusst"
Nach Veröffentlichung des Spiegel-Interviews stand das Telefon des gebürtigen Coburgers am Wochenende nicht mehr still. "Dass es so ein Echo geben wird, war mir nicht bewusst. Ich hatte das mit dem Job bisher nicht an die große Glocke gehangen und es im Interview nur in einem Nebensatz erwähnt", sagt Krawietz im Gespräch mit dieser Zeitung. "Aber ich stehe voll und ganz hinter der Sache, und die Reaktionen waren alle sehr positiv. Also ist für mich alles gut."
Der 28-Jährige hatte "schon länger mal vor, in einen normalen Job reinzuschauen". Aufgrund der Corona-Krise und der anhaltenden Tennis-Pause habe er nun die Möglichkeit dazu erhalten. Auf die Idee, bei einem Discounter zu jobben, kam Krawietz durch seinen langjährigen Freund und Ex-Tennisprofi Hannes Wagner.
Die beiden waren früher gemeinsam auf der ITF-Tour, der "3. Liga" des Welttennis, unterwegs und mussten um jeden Euro Preisgeld kämpfen. "Er sagte vor einiger Zeit zu mir, dass ihm langweilig sei und er überlege, ob er Regale im Supermarkt auffüllen soll. Er meinte es aber eher als Scherz", erinnert sich der Coburger. Anfang April wurde aus der lapidaren Idee dann aber nach einem Zufall ernst. Krawietz' Verlobte Judit hatte Kontakt zu einer Bekannten, die für eine große Discounter-Kette arbeitet und vom akuten Personalmangel in Zeiten des Coronavirus berichtet.