Kabine des SV Meilschnitz: Vom Schmuckstück zum Schandfleck
Autor: Christoph Böger
Neustadt bei Coburg, Freitag, 12. April 2019
Die Umkleidekabine war der ganze Stolz der Naturburschen und eng mit dem Aufstieg des Klubs verbunden. 57 Jahre später sind die Toiletten eklig und Vögel nisten auf dem Heizungsrohr.
Früher war alles besser. Frische Naturburschen, die das Fußballspiel in seiner eigentlichen Art zwar beherrschten. Um aber als Dorf-Kicker auch in der Bezirksliga allen Anforderungen gewachsen zu sein, wurden sie akribisch auf Routine, auf Taktik und vor allem auf Härte geschult. Schließlich waren die Fußballer der ganze Stolz des damals wie heute gut 350-Seelen-Örtchens Meilschnitz. Nur einen Steinwurf von der ehemaligen Zonengrenze nahe der bayerischen Puppenstadt Neustadt bei Coburg entfernt.
Diese verschworene Gemeinschaft aus Lausbuben und Lokalmatadoren sorgte in der Saison 1962/63 für eine Sensation. "Wir hatten eine tolle Truppe", schwärmt Günter Munzer. Nicht nur sein Name, auch seine Spielweise erinnerte an Günter Netzer.
Als A-Klassen-Neuling gelang auf Anhieb die zweite Meisterschaft und damit der Aufstieg in die höchste Klasse Oberfrankens und zweithöchste Bayerns. Mit eiserner Trainingsarbeit, Selbstdisziplin und noch größerer Kameradschaft wurde ein ungebrochener Teamgeist geschmiedet. "Unser Spielleiter Roland Bosecker ist bei der Aufstiegsfeier vor Freude mit seinem gelben Opel durch den Wald gerast, dann den Hang hinter dem oberen Tor runter in den Strafraum und ab zum Hup-Konzert ins Dorf." Der 78-Jährige weiß alles noch ganz genau. Als wäre es erst gestern gewesen.
Ein Häuschen mitten im Wald
Zum Mittelpunkt dieser bis heute nicht mehr erreichten Erfolgsgeschichte des SVM wurde die im Aufstiegsjahr rechtzeitig fertiggestellte Umkleide- und Sporthütte. Das Häuschen mitten im Wald ist der Inbegriff des Aufschwungs. Schon der Waldsportplatz, der heute in einem erbärmlichen Zustand ist, aber auf dem immer mal wieder gegen spielstärkere Gegner ausgewichen wird, entstand in eigener Initiative und mit Hilfsdiensten aus der Gemeinde. Doch der ganz große Idealismus innerhalb des Klubs zeigte sich beim Bau des immer noch als Umkleidekabinen genutzten Sportheims.
Der Landkreis, der BLSV und die Gemeinde gaben Zuschüsse, doch weit über die Hälfte der veranschlagten 18 000 Mark wurden in freiwilliger Arbeit aufgebracht. "Wir haben alle mit angepackt." Egal ob Vorsitzender Zink, Vereinswirt Schaller, bei dem sich die Mannschaften bis dahin in der Kneipe umziehen mussten, oder die Spieler selbst - alle waren eingebunden.
Gemauert und Beton angerührt
Denn nicht nur im verbissen geführten Abstiegskampf - insgesamt kickten die Meilschnitzer acht Jahre in Folge in der Bezirksliga - wurde Beton angerührt. Es wurde gemauert, was das Zeug hält. Doch das Schmuckstück von damals ist inzwischen arg in die Jahre gekommen. Früher war alles besser! Wenig erinnert jetzt noch an die Glanzzeiten. Ganz im Gegenteil: "Da schimmelt es an allen Ecken und Enden. Draußen ist der Lack ab, der Putz fällt runter", stellt Günter Geiß fest. Der Elektriker ist das "Mädchen für alles", legt Hand an, wenn etwas nicht funktioniert.
"Alter Ofen, das Rohr ist aus der Wand gerissen und hinten links nisten seit Jahren Vögel." Dann ist Schluss mit lustig: "Die Toiletten sind schon ein wenig eklig", nimmt Yannik Greiner kein Blatt mehr vor den Mund.