Bram hat das "Gejammer" über die Relegation satt
Autor: Redaktion
Bamberg, Mittwoch, 14. Juni 2017
Viele Vereine erheben wegen der Relgation Vorwürfe gegen den Bayerischen Fußballverband. Zu unrecht, findet der oberfränkische Bezirksvorsitzende Bram.
Vor zwei Wochen berichteten wir an dieser Stelle über die Relegation und holten dazu Meinungen verschiedener Funktionäre aus der Region ein. Die meisten davon waren negativ und beinhalteten mitunter Vorwürfe gegen den Bayerischen Fußballverband. Der oberfränkische Bezirksvorsitzende Karlheinz Bram wollte diese nicht auf sich sitzen lassen und bat um ein Gespräch.
Sie haben sich im Zuge unserer Berichterstattung über die aktuell laufende Relegation im Fußball-Bezirk Oberfranken an uns gewandt. Warum?
Karlheinz Bram: Ehrlich gesagt, weil ich das Gejammer nicht mehr hören kann. Vor allem die unsportlichen, unqualifizierten, ja sogar unverschämten Verbal-Angriffe, die so mancher Vereinsfunktionär gerade in Bezug auf die Relegation gegen den Bayerischen Fußballverband fährt. Dem Verband Abzocke zu unterstellen, ist geradezu unanständig. Auf die anonymen Anfeindungen im Internet reagiere ich nicht, und es ist jetzt das erste Mal in zwölf Jahren als Bezirksvorsitzender, dass ich in eigener Sache an die Öffentlichkeit gehe. Ich habe keine Lust mehr, derartige Vorwürfe einfach zu schlucken. Meinung ja, Diskussion ja, aber das Verbreiten eines solchen Unsinns geht zu weit.
Aber der Verband verdient an Relegationsspielen doch mit.
Stimmt, 15 Prozent der Nettoeinnahmen gehen an den BFV. Aber damit müssen allerlei Auslagen gedeckt werden. Zum Beispiel die Fahrtkosten der ehrenamtlichen Verbandsfunktionäre zu den Spielen, die Arbeit rund um die Organisation der Spiele, Eintrittskarten usw. Das alles kostet Geld. Sicherlich wird auch der eine oder andere Euro übrig bleiben, aber der Verband macht sich nicht die Taschen voll. Auf den Eintrittspreis wird bei Entscheidungs- und Relegationsspielen der so genannte "Sozialeuro" draufgeschlagen, der fließt zu 100 Prozent in die Sozialstiftung des BFV, die mit dem normalen Verbandshaushalt rein gar nichts zu tun hat. 85 Prozent der Nettoeinnahmen bleiben bei den beteiligten Vereinen. Für manchen beteiligten Klub kommt in der Relegation mehr Geld zusammen als bei allen Heimspielen der regulären Saison zusammen.
Können Sie das belegen?
Das ist nicht schwer. Bei einem normalen Fußballspiel auf Kreisebene finden sich 50 bis 200 Zuschauer ein, bei einem Entscheidungs- oder Relegationsspiel sind es gut und gern doppelt oder dreimal so viele. Manchmal kommen sogar mehr als 1000 Zuschauer. In den ersten 18 Relegationsspielen im Spielkreis Coburg/Kronach haben insgesamt 10 500 Zuschauer für die beteiligten Releganten 17 130 Euro an Einnahmen generiert. Für die ausrichtenden Vereine blieben 4000 Euro an Platzmiete übrig, dazu die Einnahmen aus Essen- und Getränkeverkauf. Der BFV erhielt ebenfalls 4000 Euro. Hier einige Beispiele: Bei der DJK Lichtenfels blieben 1100 Euro hängen, beim SV Heilgersdorf 1400 Euro. Und dem SV Kleintettau, der im Nachgang kräftig über die Relegation ätzte, hat das eine Spiel, das er bestreiten musste, 784 Euro in die Kasse gespült.
Aber es geht nicht nur ums Geld - viele beklagen auch den Modus, durch den eine kraftraubende Saison weiter in die Länge gezogen wird...
Zunächst mal will ich klarstellen, dass ich kein Freund der Relegation im Europapokal-Modus, also mit Hin- und Rückspiel bin, obwohl diese Form ihre Vorteile hat. Auch ich befürworte das eine Spiel auf neutralem Boden, das alles entscheidet. Nur umzusetzen ist das nicht. Beispiel: Wir haben in Oberfranken zwei Bezirksligen und sechs Kreisligen. Wie viele Plätze in der Bezirksliga freiwerden, hängt dazu von den Entscheidungen in der Landesliga ab. Da erklärt es sich von selbst, dass es mit einem Relegationsspiel nicht getan ist. Man muss dazu feststellen, dass sich 31 von 32 Teams in den beiden Bezirksligen dafür ausgesprochen haben, dass es neben den zwei Direktabsteigern jeweils drei Relegationsplätze geben soll. Dieser Plan ist öffentlich gemacht worden, die Einspruchsfrist hat niemand genutzt. Eine lange Relegation hat also nichts mit einer Verkomplizierung durch den Verband zu tun, wie es von Seiten des SV Ketschendorf geäußert wurde, sondern ist den Umständen geschuldet. Wenn dann noch an der Relegation beteiligte Vereine darum bitten, das angesetzte Spiel um eine Woche nach hinten zu verschieben, verzögert sich natürlich alles zusätzlich. Das mit der kurzen Sommerpause ist in unserer jetzigen Ligenstruktur halt ein Kröte, die geschluckt werden muss. Oder man verzichtet auf die Relegation, keiner wird gezwungen, diese wahrzunehmen. Dann muss aber jeder Vereinsvorsitzender seinen Spielern und Mitgliedern selbst erklären, warum er die Chance nicht wahrnimmt. Seinen Frust über die z.B. verlorene Relegation beim BFV abzuladen, indem alles in Frage gestellt wird, ist nicht die Lösung.
Warum also die Relegation nicht einfach abschaffen?
Könnten wir machen - und haben dann gähnende Langeweile, wenn der Tabellenerste schon im März 18 Punkte Vorsprung hat und auch sonst keine Entscheidungen mehr anstehen. Andererseits könnte dies zur Folge haben, dass wir in den einzelnen Spielklassen jährlich mit unterschiedlichen Ligenstärken spielen müssten, da über die Relegation kein Ausgleich mehr erfolgen kann. Sind wir doch ehrlich: Relegationsspiele sind die emotionsgeladensten, mitreißendsten Spiele der ganzen Saison - sowohl für die Spieler als auch die Zuschauer. Die oben genannten Zahlen sprechen für sich. Ich denke, wir kommen um eine Relegation nicht herum, wenn unser Sport am Ende einer Saison attraktiv bleiben soll. Allerdings plädiere ich dafür, dem geänderten Freizeitverhalten der Menschen Rechnung zu tragen: Wenn wir auf Kreisebene zum Beispiel 14er-Ligen einführen, könnten wir den Spielplan so gestalten, dass die Sommerpause länger wäre. Auf fruchtbaren Boden sind solche Vorstöße von unserer Seite bisher aber noch nicht gefallen.
Das Gespräch führten Johannes Höllein und Martin Kreklau
Der einzige Bezirk ohne Abstiegsrelegation
Während aus den jeweils zwei Bezirksligen in Ober- und Unterfranken drei bzw. eine Mannschaft in der Relegation um den Klassenerhalt kämpfen darf, ist für die Kellerkinder der beiden mittelfränkischen Bezirksligen die Saison mit dem letzten Punktspiel beendet - entweder mit dem Ligaverbleib oder dem Abstieg. "Wir sind der einzige Bezirk in Bayern, der keine Abstiegsrelegation hat", sagt Bezirksspielleiter Ludwig Beer und fügt ein "leider" hinzu. Denn der Funktionär wünscht sich die Ausscheidungsspiele, die quer durch den Freistaat deutlich mehr Zuschauer als sonst auf die Plätze der Amateurvereine locken. Heuer mussten je vier Teams aus der Bezirksliga Mittelfranken 1 und 2 ins Kreisoberhaus, 2014 erwischte es sogar fünf pro Liga. Im kommenden Jahr plant Beer wieder mit acht Direktabsteigern. Doch warum kann der 65-Jährige seinen Wunsch nicht umsetzen?
Die drei Kreise im Bezirk spielen drei Wochen länger als die nächst höhere Spielklasse. Die Bezirksligisten müssten also von Mitte Mai bis Anfang Juni auf ihren Gegner warten. "Der Antrag, die Spielzeit zu vereinheitlichen, wurde bislang immer abgelehnt", erklärt Beer. Den nächsten Versuch gibt es auf den Kreistagen Ende Februar. Sollte sich in zwei der drei Spielkreise (Neumarkt/Jura, Nürnberg/ Frankenhöhe und Erlangen/Pegnitzgrund) eine Mehrheit der Vereinsvertreter für einen früheren Saisonschluss entscheiden, sei der Weg zur Relegation nach der Spielzeit 2018/2019 frei.
"Relegation gut und spannend"
Bisher waren die Kreisliga-Zweiten in der Relegation unter sich. Am Sonntag setzte sich im Modus Drei aus Sechs unter anderem der TSV Freystadt aus Beers Heimatort durch. Mit im Schnitt mehr als 1000 Zuschauern - darunter der Bezirksspielleiter - waren die Duelle gute Einnahmequellen. Geld, das den Direktabsteigern durch die Lappen geht. "Die Relegation ist gut und spannend", sagt Beer, der vor 40 Jahren als damals jüngster Kreisspielleiter ehrenamtlich für den Bayerischen Fußball-Verband (BFV) tätig wurde. Inzwischen ist er der dienstälteste Spielleiter im Freistaat. rup