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SPD Coburg-Kronach: Geschlossen- und Entschlossenheit


Autor: Simone Bastian

Coburg, Samstag, 08. Oktober 2016

Wie die SPD und ihre Kandidatin Doris Aschenbrenner sich bei der Nominierungskonferenz präsentieren.
Bitte alle in die Knie, damit man das "Miteinander" sieht: Fürs Foto krümmen sich Coburgs Oberbürgermeister Norbert Tessmer, Doris Aschenbrenner, Coburgs Landrat Michael Busch, Landtagsabgeordnete Susann Biedefeld und der Kronacher SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzende Richard Rauh (von links). Foto: Simone Bastian


Doris Aschenbrenner ist Profi. Sie schickt im Vorfeld der Konferenz im Coburg-Beiersdorfer "Schwarzen Bären" nicht nur ihre Rede, sondern auch gleich Zitate ihrer Fürsprecher. Aber so routiniert ist sie denn doch nicht, dass sie ihre Rede auswendig abspulen könnte. Sie muss viel ablesen - und ihre Sätze sind wohlüberlegt. Denn große Fragen verlangen große Antworten. Sie verpackt diese großen Fragen in ganz einfache, die jeden angehen. Zum Beispiel: Wie kommt der Opa morgen zum Arzt? Da bündeln sich Sozial-, Gesundheits-, Familien-, Verkehrspolitik, denn im ländlichen Raum zwischen Georgsgrün im Landkreis Hof und Merlach im Landkreis Coburg ist das sehr wohl eine komplizierte Frage, wenn es keinen gibt, der den Opa zum Arzt fährt.

Mit solchen Fragen möchte Aschenbrenner Politik und Menschen wieder zusammenbringen.

Denn, das hatte Unterbezirksvorsitzender Thomas Rausch schon gesagt: Auch die SPD-Politiker werden als "die da oben" wahrgenommen, die für die Sorgen und Nöte der "da unten" kein Gespür mehr hätten. Dass Doris Aschenbrenner die richtige Bundestagskandidatin ist, steht für Rausch sowieso außer Frage. Schließlich hatte er sie den Ortsvereinen des Unterbezirks Coburg-Kronach empfohlen. Überzeugen musste Aschenbrenner in den vergangenen Monaten freilich selbst. Das scheint ihr so gut gelungen zu sein, dass sogar Richard Rauh, der Vorsitzende der Kronacher SPD-Kreistagsfraktion, auf Sieg setzt und "nicht nur auf Platz".

Rauh, Coburgs Oberbürgermeister Norbert Tessmer und Landrat Michael Busch treten als Aschenbrenners Fürsprecher auf, was sie gar nicht unbedingt gebraucht hätte, denn es gibt keinen Gegenkandidaten. Aber so wird es eben ein Nominierungsabend aus dem Lehrbuch, so gut das die formalen Abläufe zulassen. Denn es geht um die Bundestagswahl, da muss alles korrekt ablaufen. Versammlungsleiter Thomas Nowak managt das routiniert und nicht zum ersten Mal.

Während die Formalien am Anfang laufen, kämpfen sich die Delegierten durch einen mehrseitigen Fragebogen des Instituts für Parlamentarismusforschung. Unter anderem wird gefragt, ob sie Kampfabstimmungen für eher schädlich oder für ein Zeichen von lebendiger Demokratie halten. Das hätte das Institut mal vor vier Jahren fragen sollen, als vier Kandidaten bei der SPD zur Wahl standen und drei davon mit dem Ziel, den vierten zu verhindern. Der wurde erst knapp gewählt und zog Wochen später wieder zurück. Norbert Tessmer trat dann an, legte 5000 Kilometer im Wahlkampf zurück, holte das beste Erststimmenergebnis für die SPD in Bayern. Nützte nur nichts, denn einen Listenplatz hatte er wegen seiner späten Nominierung nicht. Daran erinnerte Tessmer - die Botschaft lautete: Zeigt Geschlossenheit.

Michael Busch hatte den herzigen Part, im Sinne des Wortes. Er kennt Doris Aschenbrenner aus seiner Zeit als Kreisjugendringsgeschäftsführer, schätzt sie seit damals, und wusste das auch überzeugend darzulegen. Als er am Ende Aschenbrenner auch noch sein Glücksbringer-Herz aus zwei eigenen Wahlkämpfen überreichte, war der erste emotionale Höhepunkt des Abends erreicht.

Dass Busch auf Bitte von Aschenbrenner "nach langer Zeit wieder einmal" bei einer SPD-Versammlung sprach, zeigt, dass es mit der Geschlossenheit bei der SPD keine so einfache Sache ist. Aber nun geht es um das gemeinsame Ziel, nämlich als SPD wieder einen Bundestagsabgeordneten zu haben. "Geschlossenheit ist eine konservative Abart von Solidarität. In diesem Sinne lasst uns einmal abartig konservativ sein", appelliert Busch.

Mit Doris Aschenbrenner wird ein personifizierter Gegensatz zu Hans Michelbach präsentiert, den CSU-Mann: Eine Frau, jung, mit Ingenieurs-Ausbildung und Doktorarbeit im Zukunftsfach Robotik, unverbraucht. Im Landkreis Kitzingen kandidierte sie 2013 für den Landtag, gehörte zum Kompetenzteam des damaligen SPD-Spitzenkandidaten Christian Ude. Damit und als netzpolitische Sprecherin der Bayern-SPD hat sie auch wichtige Kontakte in die Landespartei, was nützlich sein dürfte, wenn es um die Platzierung auf der Landesliste geht. Dass sie Wahlkampferfahrung hat, ist ihr anzumerken, dass Politik sie reizt, auch. Sie spricht es offen aus: "Der immense Handlungsbedarf im Bereich Internet und Digitalisierung" treibe sie an, für den Bundestag zu kandidieren.

Wie ernst es ihr ist, zeigt sich auch an Kleinigkeiten: Dass nun auch ein winziger Teil des Landkreises Hof zum Wahlkreis gehört, erwähnt sie mehrmals; alle Delegierten erhalten am Schluss eine selbstgebastelte rote Rose aus Filz zum Anstecken. "Ich singe gern und ich bastle gern", empfiehlt sie sich in ihrem Schlusswort auch ausdrücklich für Weihnachtsfeiern in den Ortsvereinen.

Vorher hat die vorgeschriebene geheime Wahl stattgefunden, nach insgesamt fünf Reden. 100 Delegierte stimmen ab, 93 für Aschenbrenner, sieben dagegen. "Ich hätte nichts dagegen, wenn heute ein sozialistisches Ergebnis zustandekäme", hatte zuvor Richard Rauh gesagt. Tessmer ging gedanklich schon einen Schritt weiter: "Mit einem guten Ergebnis heute ist es nicht getan. Krempeln wir die Ärmel hoch und helfen!"