Sonst noch Kulturpolitik in Coburg? Aber ja doch
Autor: Dr. Carolin Herrmann
Coburg, Freitag, 18. Januar 2019
Gibt es in Coburg eine Kulturpolitik außerhalb des Themas Generalsanierung des Landestheaters? Oberbürgermeister Norbert Tessmer antwortet.
"Kultur? Ham' mer doch!" - Das war früher eine beliebte Reaktion in Coburg, fragte man nach kulturpolitischen Perspektiven. Jaaa. Die Vestestadt ist dank ihrer Residenz-Vergangenheit gesegnet und privilegiert in ihrem kulturellen Lebensfeld. Auch dank ihrer Wirtschaftskraft und dank beachtlichen, bisher nicht versiegenden Engagements einer Reihe von kulturbegeisterten Bürgern.
Doch allzu lange auf einem bequemen Sofa auszuruhen, lässt die (Zukunfts-)Kräfte versiegen. Außerdem stand und steht das Sofa tatsächlich nicht allen zur Verfügung. Und die Lebensbedingungen einer Gesellschaft ändern sich permanent, worauf die Politik zu reagieren hat.
Gegenwärtig muss die Coburger Kulturpolitik intensiv darauf reagieren, dass das Landestheater, das Zentrum des kulturellen Lebens in Coburg, umfassend saniert werden muss und man deshalb für Jahre eine Ausweichspielstätte braucht. Und für beides zusammen viel Geld. Und viel Nerven.
Sonst noch was? Durchaus, sagt Norbert Tessmer, der bis 2014 Kulturreferent der Stadt war und diese Zuständigkeit auch nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister behalten hat. Sein Alpha und sein Omega war stets die Verknüpfung von Kultur- und Sozialpolitik. "Persönlichkeitsbildung wird immer wichtiger", erklärt Tessmer im Gespräch mit dem Tageblatt seine Motivation. "Und die betreibe ich am besten mit Kultur."
Die Aachener Erklärung des Deutschen Städtetages von 2007 nennt Tessmer sein "Gebetbuch". Sie zitiert er, wenn Einwände gegen Ausgaben und Investitionen der Kommune im kulturellen Bereich kommen. In dieser Erklärung heißt es; "Bildung ist mehr als Schule! Kognitives, soziales und emotionales Lernen müssen miteinander verbunden und in verbindliche Vernetzungsstrukturen einbezogen werden." Ausgangspunkt für Bildungsprozesse in den verschiedenen Lebensphasen sei zu allererst die kommunale Ebene. "Die Verantwortung der Städte in der Bildung muss deshalb gestärkt werden. Die Städte sollten Bildung als zentrales Feld der Daseinsvorsorge noch stärker erkennen."
Und das setzt für Tessmer eben am Besten im kulturellen Bereich an, vor allem, wenn man davon einiges als Ressource vor Ort hat. Nicht von ungefähr hat unterdessen die Hochschule auf diesen Ansatz reagiert und Coburg zum Forschungs- und Experimentierfeld für ihr zweijähriges Projekt "Schnittstellen zwischen Hoch-Kultur und kultureller Bildung" erklärt.
Wozu dafür Geld ausgeben?
Tessmer, mittlerweile selbst Vorsitzender von "Stadtkultur", einem kulturpolitischen Netzwerk innerhalb des bayerischen Städtetages, hat von Anfang an versucht, das Leitbild "Kommunale Bildungslandschaft" konkrete Struktur werden zu lassen. Im Zentrum - neben einer Reihe anderer Maßnahmen - steht der "Kulturservice" für Kitas und Schulen, gegründet 2005, der Bildungseinrichtung und Kulturschaffende zusammenbringen will. - Wozu dafür das Geld der Kommune ausgeben? Die sollen doch einfach hingehen zu unserer Kultur!? -