Druckartikel: Sogar Samba ist in der Kirche wieder erlaubt

Sogar Samba ist in der Kirche wieder erlaubt


Autor: Ulrike Nauer

Coburg, Freitag, 23. November 2018

Mit den frisch sanierten Emporen ist die Heilig-Kreuz-Kirche nun wieder für jede Art von Veranstaltung offen.
Fundstück: Auf der alten Holzverkleidung, die Sybille Fugmann zeigt, hat sich 1931 ein Zimmermann namens Leopold Martin verewigt.Ulrike Nauer


Als die Baumeister die Heilig-Kreuz-Kirche zwischen 1735 und 1739 mit umlaufenden Emporen ausstatteten, dürften sie kaum bedacht haben, dass auf ihrer Holzkonstruktion knapp 300 Jahre später einmal Samba-Fans tanzen würden. Genau wegen dieser Samba-Fans hatte die Stadt Coburg, der das Kirchengebäude gehört, die Statiker 2016 beauftragt, einen Blick in das Innenleben der Emporen zu werfen. Weil die Morizkirche wegen der Generalsanierung nicht zur Verfügung stand, wollten die "Quastenflosser" mit ihrem traditionellen Kirchenkonzert nach Heilig-Kreuz ausweichen. Die Statiker wiederum schlugen prompt Alarm, als sie den schlechten Zustand des Holzunterbaus unter der Verkleidung entdeckten. Nach der Sanierung sind die Emporen nun wieder stabil und können uneingeschränkt genutzt werden.

Für die Kirchengemeinde Heiligkreuz sei die Zeit, in denen Gottesdienste gar nicht oder nur mit Einschränkungen in der Kirche stattfinden konnten, nicht leicht gewesen, sagt Hochbaumamtsleiter Peter Cosack. Er präsentierte am Freitag gemeinsam mit Bau-Bürgermeisterin Birgit Weber und Sibylle Fugmann, der Projektleiterin des Hochbauamts, das Ergebnis der aufwendigen Arbeiten.

Damit der Weihnachtsgottesdienst 2017 in der Kirche stattfinden konnte, hatte die Stadt die Emporen-Sanierung auf zwei Bauabschnitte aufgeteilt. Zunächst wurde die Verkleidung der unteren Emporen abgenommen. Dahinter stießen die Zimmermänner auf "weitere Highlights für den Tragwerkplaner", wie Peter Cosack sagt; beispielsweise auf eine selbst für das 18. Jahrhundert ungewöhnliche Bauweise: Die Querbalken, die die Emporen in der Wand verankern, waren durch Zapfen mit den Längsbalken verbunden. Das sei eher in aufrecht stehenden Bauteilen üblich, so Cosack, nicht aber in liegenden Bauteilen, denn da könne es mit der Zeit zur Schwachstelle werden. "Man hat damals eben gedacht, das reicht", vermutet Cosack. "Die Anforderungen waren andere, die Leute waren kleiner und leichter."

Interessant für den Denkmalschutz: Als die Unterdecken weggenommen waren, tauchten an mehreren Stellen Malereien, vermutlich aus den Anfängen der Heilig-Kreuz-Kirche, auf, wie Sibylle Fugmann berichtet. "Ein Restaurator hat sie untersucht und dokumentiert." Allerdings sind die Malereien nun nicht mehr sichtbar, sondern wieder hinter der Verkleidung verschwunden.

Der Wurm war drin

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Ebenfalls von früheren Zeiten berichtet die Inschrift auf einer Holzplatte. Darauf hat sich ein Zimmermann namens Leopold Martin 1931 verewigt. Weil in der alten Holzverkleidung aber vielfach der Wurm drin war und die Platten aus dem 20. Jahrhundert stammten, wurden sie durch neue ersetzt und passend in Petrol eingelassen.

Gleich nach dem 6. Januar ging es im neuen Jahr mit der zweiten Empore weiter. Dafür musste allerdings ein Gerüst aufgestellt und die Bänke aus den ersten Emporen ausgebaut und zwischengelagert werden.

Im Rahmen des Viertelmillion-Euro-Projekts wurde auch gleich die Elektrik erneuert. LED-Leuchten tauchen den Innenraum jetzt in stimmungsvolles Licht.

Aus der Geschichte der Heilig-Kreuz-Kirche in Coburg

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Die Heilig-Kreuz-Kirche war von 1870 bis 1918 Garnisonskirche des Thüringischen Regiments Nr. 95. Den Kern des Gotteshauses bildet der spätgotische Chor mit Kreuzrippengewölbe. Anfang des 15. Jahrhunderts war an einer Furt an der Itz eine Kapelle zur Verehrung einer Heilig-Kreuz-Reliquie errichtet worden. Ab 1413 folgte der Anbau des dreischiffigen Langhauses. 1735 bis 1739 wurde die Kirche umfassend umgestaltet. Die Westempore wurde durch eine dreiseitig umlaufende, zweigeschossige Empore ersetzt. Nach der Reformation verlor die Kirche im Jahr 1545 den Status einer Pfarrkirche. Im Jahr 1952 wurde die Gemeinde wieder selbstständig. Sie ist neben St. Moriz die zweite Kernstadtgemeinde Coburgs. Die gegenwärtige Orgel errichtete 1968 der Göttinger Orgelbaumeister Paul Ott. Sie hat zwei Manuale, Pedal und 26 Register. Das neunteilige Orgelhauptgehäuse stammt wohl aus der Zeit um 1735. 1998 wurde die Orgel renoviert.