So wird die Altstadt-Serenade der "Coburger Sommeroperette" auf dem Schlossplatz von Bad Rodach zur charmanten Huldigung an die Salonmusik.
Gyula Mezei ist ein charmanter Geschichtenerzähler. Wenn er zur Geige greift, erweckt er scheinbar längst vergilbte Notenblätter zu neuem Leben. Dann lockt sein Geigenbogen ungeniert nostalgische Melodien aus den Saiten - Melodien, die manchmal durchaus in Gefahr geraten könnten, kitschig zu klingen. Doch bei Gyula Mezei und dem Royal Salon-Ensemble der "Coburger Sommeroperette" wird selbst vermeintlicher Kitsch zur Kunst. Das beweist die inzwischen schon traditionelle Altstadt-Serenade in Bad Rodach auch in diesem Jahr.
Salonmusik - schon der Begriff klingt heute meist wie eine wenig freundlich gemeinte Umschreibung für allzu seichte, allzu gefühlige Unterhaltung, die gerne auch mal mit virtuosem Zierrat garniert wird. Das Royal Salon-Ensemble aber adelt diese Musik, weil es sie ernst nimmt, ohne sie pathetisch in Szene zu setzen. Denn Gyula Mezei, der das Ensemble vom ersten Geigenpult aus leitet, weiß ganz genau, worauf es bei Salonmusik ankommt - auf die heikle Kunst des Maßhaltens, auf das feine Gespür für Proportionen.
Diese Musik verträgt durchaus geschickt in Szene gesetzte Rubato-Effekte. Ihre Melodien dürfen weinen, aber nicht hemmungslos schluchzen. Ihre Virtuosität darf durchaus selbstbewusst in Szene gesetzt werden, ohne freilich zum selbstgefälligen Schaustück zu werden. Grigoras Dinicus unverwüstlicher Reißer "Hora Staccato" ist ein solches Virtuosenstück, das glitzern und funkeln darf, wenn Gyula Mezei die Solostimme spielt. Und doch gelingt es Mezei, diese Virtuosität auf charmante Weise beiläufig klingen zu lassen.
Petersburger Schlittenfahrt
Das Programm dieses Abends ist ein Stelldichein für Komponisten, deren Namen manchmal längst von einigen ihrer populär gebliebenen Werke in den Schatten gestellt wird. Die "Petersburger Schlittenfahrt" ist ein solches Stück, das heute durchaus noch bekannt ist. Aber wer weiß schon, dass diese Schlittenfahrt von Richard Eilenberg komponiert wurde?
Tausend rote Rosen
Vielerlei passt hinein in das bunte Programm dieses Abends - Willi Meisels "Tausend rote Rosen" ebenso wie Josef Rixners "Spanischer Marsch", der "Blaue Pavillon" von Jose Armandola oder Joe Knühmanns Potpourri "Russisch". Immer wieder beweist das in Septett-Besetzung musizierende Royal Salon-Ensemble sein feines Stilgefühl für diese Musik. Selbst Charles Gounods gerne geschmähte Bach-Adaption namens "Ave Maria" klingt nicht sentimental, sondern innig, weil Gyula Mezei die Melodie nicht süßlich, sondern zart klingen lässt. Als überraschende Zugabe vor der Pause tanzt das Ballett der Sommeroperette schwung- und temperamentvoll zu einer Polka von Strauß.
Im vergangenen Jahr hatte ein kurzer, aber heftiger Gewitterregen die Freiluft-Serenade in ein Konzert in der nahegelegenen Gerold-Strobel-Halle verwandelt. Diesmal bleibt es trocken bei freilich doch recht frischen Temperaturen. Dennoch erklatscht sich das Publikum mit seinem ausdauernden Beifall noch eine Zugabe - den unverwüstlichen "Csárdás" von Monti.