So geht Lernen wie im Flug
Autor: Ulrike Nauer
Coburg, Dienstag, 19. Juli 2016
18 Schüler des Ernestinums haben gemeinsam mit ihrem Lehrer und einem Laboringenieur der Hochschule Coburg einen Quadrokopter konstruiert.
Er fliegt! Mit kaum hörbarem Sirren erhebt sich der blau-rote Quadrokopter in die Luft und schwebt - per Fernbedienung gesteuert - in jede gewünschte Richtung. Dass er das tut, mag Technikfans nur ein müdes Lächeln entlocken, schließlich gibt es solche Fluggeräte heute in allen möglichen Größen und Ausstattungsvarianten zu kaufen. Aber dieser Quadrokopter, der auf der Wiese vor der Hochschule durch die Luft saust, ist etwas Besonderes: Er ist selbst gebaut.
Konstruiert haben ihn 18 Schüler der Klasse 10d am Coburger Gymnasium Ernestinum. Hilfe hatten sie dabei von ihrem Physiklehrer Tillmann Leibing, Martin Holzhaus, Laboringenieur in der Fakultät Angewandte Naturwissenschaften der Hochschule, und einigen Studierenden.
Nicht nur für die Schüler, auch für ihren Physiklehrer war das Projekt eine ziemliche Herausforderung. "Ich habe selbst noch keinen Quadrokopter gebaut, deshalb konnte ich die Fragen der Schüler auch nicht so einfach beantworten", sagte Leibing beim Pressetermin am Dienstag. Bei einem Quadrokopter seien sehr spezielle Teile verbaut. Leibing musste sich also selbst erst einmal schlau machen. "Ich konnte daher auch nicht steuernd eingreifen."
Seinen Schülern gelang die knifflige Konstruktion trotzdem. Zunächst teilten sie sich in mehrere Grüppchen auf, die sich um den Motor, die Propeller, die Akkus, die Motorsteuerung und die Elektronik kümmerten. "In den ersten Stunden in der Schule haben wir die Bauteile recherchiert, um zu sehen, welche wir verwenden können und welche zusammenpassen", erzählte Schüler Tobias Braun, der zur Elektronikgruppe gehört. Eine andere Gruppe kümmerte sich um die Größe und das Gewicht des Quadrokopters, denn zu groß und zu schwer durfte er keinesfalls sein, um keine Genehmigungsgrenzen zu überschreiten. Die Programmierung des Fliegers fand dann an der Hochschule im Rahmen des Unterrichts statt.
Dass die Konstruktion gar nicht so einfach war, ist auch zur Vizepräsidentin der Hochschule, Jutta Michel, durchgedrungen. "Das war ja kein Bausatz, das hätte auch schiefgehen können", sagte sie. Andererseits mache genau das die Forschung aus: "Das endet manchmal nicht so, wie man sich das vorgestellt hat." Die Kooperation mit dem Ernestinum findet Michel "ganz wunderbar". Die Schüler lernen die Hochschule kennen, sehen, was man mit dem Schulstoff anfangen kann und der eine oder andere kommt vielleicht auf die Idee, so etwas später auch beruflich zu machen.
Auch für den Leiter des Ernestinums, Bernd Jakob, ist die Kooperation etwas Besonderes. "Wir können uns glücklich schätzen, dass die Hochschule so offen ist." Das Projekt selbst sei so wertvoll, weil es eigenverantwortliches Arbeiten fördere, die Gemeinschaft stärke und Weltoffenheit vermittle, indem es die Ernestiner dazu anhalte, über den Tellerrand ihrer Schule hinauszusehen.
Anders als vorherige Projekte sei dieses allerdings in den Physikunterricht integriert worden, erläuterte Jakob. "Bisher war es immer so, dass die Schüler etwas Zusätzliches in ihrer Freizeit gemacht haben. Diesmal ist es Teil des schulischen Pflichtunterrichtes."
Finanziert wird der Quadrokopter aus dem Preisgeld des Schaeffler Award, den das Ernestinum 2014 erhalten hatte. Mit dem jetzigen Projekt wolle man sich erneut um den Preis bewerben, so Bernd Jakob.