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So funktioniert Orgel-Tuning in der Coburger Morizkirche


Autor: Jochen Berger

Coburg, Dienstag, 17. Dezember 2019

Wie die neuen Bass-Register der Schuke-Orgel in der Coburger Morizkirche dem Klang neue Wucht und zugleich Abrundung verleihen.
Mächtig große neue Pfeifen in zwei Bass-Registern hat die Schuke-Orgel in der Coburger Morizkirche erhalten. Eines dieser Register in der Posaunenbass 32 Fuß.Foto: Jochen berger


Sie hat eine einschneidende Operation gerade erst hinter sich gebracht, doch äußerlich sieht man ihr eigentlich fast nichts an - der Schuke-Orgel in der Morizkirche. Wer vom Kirchenschiff hinauf zur Orgelempore blickt, sieht den vertrauten barocken Orgelprospekt, hinter dem sich die vor drei Jahrzehnten eingeweihte neue Schuke-Orgel befindet. Wer freilich oben auf der Orgelempore einen genau prüfenden Blick auf die Orgel wirft, entdeckt links neben dem dreimanualigen Spieltisch zwei neue Registerzüge: Untersatz und Posaune 32 Fuß.

Blick hinter die Orgel

Dass die Orgel von St. Moriz tatsächlich einem gewichtigen klanglichen Tuning unterzogen wurde, wird dann endgültig klar beim Blick hinter die Orgel in der sogenannten Michaelskapelle über dem Haupteingang.

Bis zu sechs Metern Länge

Die Schuke-Orgel besitzt nun 64 gewichtige neue Orgelpfeifen - hölzerne Orgelpfeifen mit einer Länge von bis zu rund sechs Metern, die wuchtig und raumgreifend in die Höhe ragen.

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Eingefleischte Autofans würden die Erweiterung der Orgel als Tuning beschreiben - das Instrument mit seinen insgesamt rund 3800 Pfeifen wurde buchstäblich tiefgelegt. Das Resultat ist wie gewünscht und erhofft: Die Schuke-Orgel klingt unüberhörbar sonorer, gewichtiger bei Bedarf - gelegentlich sogar regelrecht wuchtig wie bei Johann Sebastian Bachs großer Choralbearbeitung"Nun komm der Heiden Heiland" aus den sogenannten Leipziger Chorälen. Doch nicht nur das. Auch die klangliche Balance zu den hohen Registern wurde hörbar verbessert.

Abgerundet in tiefen Lagen

Beim ersten Gottesdienst mit der erweiterten Orgel und bei der anschließenden Matinee stellte Coburgs Kirchenmusikdirektor sein klanglich mit neuem Bass-Turbo versehenes Arbeitsgerät musizierend vor. Sonor, kräftig und abgerundet in den tiefen Lagen - so tönt nun das Fundament, auf dem sich ehrgeizig hohe Klanggebäude errichten lassen.

Werke der Romantik

Stenglein demonstrierte dies mit passend ausgewählten klangprächtigen Werken der Romantik aus Deutschland und Frankreich - von Alexandre Guilmant bis Max Reger, von Felix Mendelssohn bis Léon Boellmann.

Von Daum bis Schuke

Als Orgelsachverständiger der evangelisch-lutherischen Kirche Bayern begründete Thomas Rothert den Einbau der beiden tiefen Register mit einem Exkurs in die Orgelgeschichte der Morizkirche - ausgehend von der barocken Orgel von Wolfgang-Heinrich Daum, deren prachtvoller Prospekt bis heute erhalten ist. Schon Daum hatte der Orgel 32-Fuß-Register spendieren wollen, musste damals aber aus Platzgründen darauf verzichten. Die Walcker-Orgel aus den 1920er Jahren dagegen verfügte über diese tiefen Register, auf die dann beim Neubau der Schuke-Orgel vor 30 Jahren zunächst verzichtet wurde - wohl aus Kostengründen, aber auch wegen damals anderer Klangvorstellungen, wie Rothert mutmaßte.

Rund um die Erweiterung der Schuke-Orgel

Hintergrund Seit drei Jahrzehnten versieht die Schuke-Orgel ihren klingenden Dienst in der Coburger Morizkirche. Warum aber wurde sie jetzt erweitert? Der Grund liegt letztlich in der zweijährigen Generalsanierung der Kirche zwischen April 2014 und April 2016.

Diese Generalsanierung hatte auch nachhaltigen Einfluss auf die akustischen Bedingungen des Kirchenraums. Die Hallzeiten wurden verlängert und auch das gesamte Klangbild der Orgel wirkt verändert. Vor allem in der Tiefe fehlt nach Ansicht von Experten die wünschenswerte klangliche Abrundung und Durchsetzungskraft. "Die hohen Frequenzen werden stärker bevorzugt, der Bassbereich ist mittlerweile zu schwach", erklärt Coburgs Kirchenmusikdirektor Peter Stenglein. Abhilfe sollen zwei neue Register schaffen - die beiden Bass-Register Untersatz und Posaune 32 Fuß. "Der Klang wird dadurch runder, weicher und steht auf einem besseren Fundament", so Stenglein. Ungefähr 120000 bis 125000 Euro werde diese technisch aufwendige Maßnahme kosten, erläutert Coburgs Kirchenmusikdirektor.

Zwei zusätzliche Register Die zwei zusätzlichen Register wurden hinter dem bestehenden Orgelgehäuse installiert. Durch vorangehende Messungen im vergangenen Jahr wurde festgestellt, dass für die Erweiterung der Orgel keine statisch bedingten zusätzlichen baulichen Maßnahmen an der Kirche notwendig werden. Prospekt Die Orgel von St. Moriz in Coburg wurde von der Berliner Orgelbauwerkstatt Karl Schuke 1989 geschaffen. Das teilweise rekonstruierte Hauptwerksgehäuse und der Prospekt stammen noch von der historischen Orgel, die Wolfgang-Heinrich Dam 1740 geschaffen hatte.

Disposition Die Schuke-Orgel verfügt aktuell über drei Manuale sowie ein Pedal und 54 klingende Register mit insgesamt rund 3800 Pfeifen. Bei einer Generalüberholung der Orgel im Jahr 2006 wurde die sogenannter Setzeranlage von ursprünglich 32 auf 800 Kombinationen erweitert. Vier dieser 54 Register stammen noch aus der Orgel von Wolfgang-Heinrich Daum.

Besonderheiten Die Schuke-Orgel verfügt über einen sogenannten Cymbelstern in Hauptwerk und einem Glockenspiel im Oberwerk.