Sieben OB-Kandidaten auf dem Prüfstand
Autor: Ulrike Nauer
Coburg, Donnerstag, 06. März 2014
Sieben Kandidaten bewerben sich bei den Kommunalwahlen am 16. März um den Posten des Coburger Oberbürgermeisters. Beim Diskussionsabend am Donnerstag stellten sie sich im Kongresshaus den kritischen Fragen der Journalisten.
           
Das "Auf den Punkt"-Team hat eine Wahlumfrage in Auftrag gegeben, in der sich alles um die Sonntagsfrage dreht: Wer wird OB in Coburg? 
Durchgeführt hat die Umfrage das Bamberger Centrum für Empirische Studien - kurz BACES. Es ist Teil der Universität Bamberg.
Das Ergebnis: 49 Prozent der Befragten würden Norbert Tessmer wählen. Die Zweitplatzierte, Birgit Weber von der CSU, bringt es auf 25 Prozent, auf dem dritten Platz liegt dann Christian Müller von den CSB mit elf Prozent. Die übrigen vier Oberbürgermeisterkandidaten bewegen sich im einstelligen Prozentbereich, wobei Martina Benzel-Weyh von den Grünen noch am besten abschneidet.
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2017 soll der ICE in Coburg halten - von der deutschen Bahn ist im Moment ein Halt in Tagesrandlage zugesichert, das heißt früh und abends, reicht das aus? 
Birgit Weber: "Wir müssen unbedingt kämpfen, um mehr zu bekommen. Wir sind Oberzentrum, wir wollen angegliedert werden an den ICE. Das ist eine Infrastruktur, die wir dringend brauchen."
Christian Müller: "Der ICE wird hier nur halten, wenn er genutzt wird." Um mehr Menschen zum Bahnfahren zu bewegen, müssen Parkplätze am Bahnhof geschaffen werden. Baureferent Hans-Heinrich Ulmann sei diesbezüglich bereits in Gesprächen.
Das kann Birgit Weber so nicht stehen lassen: "Ich lese seit 2012 in der Presse, dass Herr Ulmann in engen Gesprächen ist. Ich warte und warte!" 
Jens-Uwe Peter: "Wenn wir jetzt nur die Tagesrandlage fordern und dafür kämpfen, haben wir am Ende überhaupt keinen ICE hier!"
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Ein Thema, das die Menschen bei der Umfrage am meisten bewegt hat, ist das breite Feld "Innenstadt" - ob es nun um Wohnraum oder Leerstände geht. Was würden die Kandidaten verbessern?
Martina Benzel-Weyh appelliert an die Eigentümer der Geschäftshäuser, ihre Mieten zu überdenken, um Leerstände einzudämmen, findet aber die "Leerstände noch nicht so massiv." 
René Hähnlein versichert, mit ihm als OB werde es keine Investitionen auf der Grünen Wiese geben. Er setzt darauf, den öffentlichen Nahverkehr günstiger zu machen und die umliegenden Stadtbereiche besser zu erschließen. Außerdem solle ein Mietspiegel aufgelegt werden, damit die Bürger Mieten vergleichen können. 
Jens-Uwe Peter verweist auf Neustadt, wo ebenfalls immer mehr Geschäfte schließen. "Hauseigentümer sollten darüber nachdenken, mit ihrer Miete herunterzugehen."
Jürgen Heeb: "Die Ketschenvorstadt ist ein gutes Beispiel mit Kurzzeitparkplätzen und die Möglichkeit, mit dem Auto durchzufahren. Das müsste man auch auf die andere Seite - den Steinweg - übertragen."
Norbert Tessmer hat beim Gaudiwurm aus erhöhter Position vom Wagen herunter festgestellt, dass in vielen Häusern in der Innenstadt die oberen Stockwerke leerstehen. Er appelliert an die Eigentümer solcher Häuser, Wohnraum zu vermieten.
Christian Müller bezeichnet die Leerstände als "down-grade", also einen Faktor, der den Wert einer Stadt herabsetzt. 
Birgit Weber kauft gern in Geschäften der Innenstadt ein - zum Beispiel Kleidung oder Bücher. Gerade im Hinblick auf innenstadtrelevante Sortimente sollten die Einzelhändler unterstützt werden. 
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Thomas Apfel spricht das Thema Brachen an: Was soll mit Brachen wie dem Lokschuppen oder dem Brockardt-Gelände passieren? Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs soll das Band für Wissenschaft und Technik entstehen. 
Der CSU-Arbeitskreis habe schon Entwürfe präsentiert, sagt Birgit Weber. Letztendlich müsse das Projekt aber über Privatinvestitionen finanziert werden. 
"Es ist keine schöne Eingangssituation, wenn man im Weichengereuth am Band der Brachen und Ruinen vorbeifährt." (Norbert Tessmer)
Christian Müller und Jens-Uwe Peter sind sich einig, dass es am Güterbahnhof zügig losgehen müsse. 
Christian Müller weist darauf hin, dass das Brockardt-Gelände in Privatbesitz ist. "Man kann sich dort vieles vorstellen. Es muss aber wirtschaftlich sein für alle, die dort beteiligt sind."
Jürgen Heeb: "Wir müssen dort sofort etwas tun. So, wie es dort jetzt aussieht, ist das keine Werbung für unsere Stadt. Wir können doch mal das alte Gerümpel aufräumen - mit kleinem Geld."
Martina Benzel-Weyh sieht in den Coburger Brachen auch Potenzial für Wohnraum. Das Brockardt-Gelände biete sich dafür genauso an wie der Brauhof. "Beim Band der Wissenschaft ist es wichtig, den Bereich auch zu beleben und dort nicht zur zu arbeiten."
René Hähnlein sieht den ehemaligen Güterbahnhof ebenfalls als Möglichkeit, der Altersgruppe der 30- bis 40-Jährigen entsprechenden Wohnraum anzubieten.
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Thema Schlossplatz-Tiefgarage:
Birgit Weber: Der Wunsch nach Parkplätzen sei groß, das erfahre sie immer wieder im Gespräch mit den Leuten. Das Thema sei aber ein wenig in den Hintergrund gerückt, aber: "Wir müssen das wieder aufgreifen." 
Norbert Tessmer sieht Vor- und Nachteile: Angesichts der vorhandenen Coburger Parkhäuser brauche es die Schlossplatz-Tiefgarage rein rechnerisch nicht. Andererseits stören ihn "die Blechlawinen im Sommer auf dem Schlossplatz". Tessmer würde die Bürger entscheiden lassen.
Christian Müller hält die Schlossplatz-Tiefgarage für ein wichtiges Element für die Stadt Coburg. 
Jürgen Heeb: "Wir haben seinerzeit als Freie Wähler den Förderverein Schlossplatz-Tiefgarage gegründet. Sie ist definitiv wichtig für die Innenstadt. Ich würde mich außerordentlich freuen, wenn es dazu einen Bürgerentscheid geben würde, den die SPD angestoßen hat." 
Martina Benzel-Weyh: "Wenn ich dem Bürger die Entscheidung überlasse, muss ich vorher auch dafür sorgen, dass die Finanzierung geklärt ist."
Jens-Uwe Peter: "Für eine attraktive Innenstadt braucht es mehr Kurzzeitparkplätze. Also ja, wir brauchen die Schlossplatz-Tiefgarage."
René Hähnlein: "So lange kein Investor gefunden wir, ist das nur eine theoretische Frage. Wir als Stadt können das nicht allein stemmen."
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Zum Thema Gewerbesteuer: 
Christian Müller: "Die CSB-Fraktion ist bereit, eine moderate Erhöhung mitzutragen. Die Stadt möchte ja Mittel, die von der Wirtschaft kommen, auch wieder zukunftsweisend einsetzen - etwa, um das Band für Wissenschaft und Technik zu entwickeln."
Norbert Tessmer: "Am liebsten wäre mir, wir bräuchten die Gewerbesteuer nicht erhöhen. Wr haben heute keine 120 Millionen Rücklagen mehr, sondern nur noch um die 60 Millionen. Gleichzeitig haben wir mehr Aufgaben, weniger Personal und höhere Ausgaben. Deshalb bin ich für eine moderate Angleichung auf 320 Punkte."
Birgit Weber: "Wir hatten bis vor einigen Jahren immense Gewerbesteuereinnahmen - bis zu 120 Millionen Euro. Jetzt haben wir nur noch um die 40 Millionen. Daran muss sich die Stadt jetzt anpassen. Momentan würde ich den Gewerbesteuersatz so lassen, wie er ist."
Martina Benzel-Weyh: "Wir Grünen sind für eine Erhöhung - es sei denn, damit sollte der Verkehrslandeplatz finanziert werden."
René Hähnlein: "Wir sind für eine moderate Erhöhung, denn wir haben im Vergleich zum restlichen Bayern einen relativ niedrigen Satz."
Jürgen Heeb: "Wenn wir den Haushalt so weiter betreiben, werden wir in den nächsten zwei, drei Jahren von anderer Stelle erklärt bekommen, wie wir ihn zu führen haben."
Jens-Uwe Peter: "Eine Erhöhung darf es erst geben, wenn alle Einsparmaßnahmen ausgeschöpft sind und die Stadt Coburg ihre Hausaufgaben gemacht hat."
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Zum Einstieg geht es um das Thema Finanzen.
Norbert Tessmer ist grundsätzlich dafür, Dinge immer zu hinterfragen, ob eingesetzte Mittel die erwartete Wirkung bringen. Aber: "An der Sportförderung zu sparen, wäre tödlich." 
Martina Benzel-Weyh: "Wir Grüne wollen beim Verkehrslandeplatz sparen." Auch das Neue Innenstadtkonzept könnte man "jetzt mal ad Acta legen", meint sie. Das Band für Wissenschaft und Technik müsse dagegen gestärkt werden. "Das ist das große Plus für unsere Stadt."
René Hähnlein fordert mehr Ursachenforschung. "Warum wird nicht analysiert, woran es in den letzten sechs Jahren haperte?" Es brauche nun erst einmal eine ordentliche Kosten-Nutzen-Rechnung. 
Jürgen Heeb: "Wir müssen das Finanzreferat der Stadt Coburg stärken, damit es auf die anderen Referate wirken kann. Finanzen müssen grundsätzlich beim OB angesiedelt sein."
ChristianMüller: Coburg hat zwei große Ausgabenposten - das Landestheater, das andere Städte nicht haben - und eine "hervorragende Bildungslandschaft". 
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19.06 Uhr: Es geht los im voll besetzten Kongresshaus: Radio-Eins-Moderator Thomas Apfel begrüßt die Gäste und das Publikum "Das Rennen geht in seine entscheidende Phase: Wer löst OB Norbert Kastner ab? Wer übernimmt am 1. Mai die Führung der Stadt Coburg? Die Wahlen am 16. März sollen darüber entscheiden, und wir wollen ihnen heute alle Kandidaten noch einmal vorstellen. Rund 5000 Bürger haben in Coburg übrigens schon gewählt und zwar per Briefwahl."
Sieben Kandidaten wollen es machen. Zunächst stellt Thomas Apfel die drei Kandidaten vor, die bei einer repräsentativen Sonntagsumfrage eines renommierten Instituts der Uni Bamberg aktuell die meisten Stimmen bekommen würden: Christian Müller von den CSB, Norbert Tessmer von der SPD und Birgit Weber von der CSU.
Natürlich sollen auch die vier übrigen Kandidaten zu Wort kommen, die nach dieser Umfrage aktuell deutlich weniger Chancen auf einen Wahlsieg hätten. Co-Moderatorin Anja Hampel stellt sie vor: Martina Benzel-Weyh von Bündnis 90/Die Grünen, René Hähnlein von der Partei Die Linke, Jürgen Heeb von der Wählergemeinschaft Pro Coburg und Jens-Uwe Peter von der FDP.
 
    
