Sicherheit an der Stadtautobahn für wenig Geld
Autor: Ulrike Nauer
Coburg, Freitag, 20. Juni 2014
Der Sichtschutzzaun an der Stadtautobahn zeigt, dass sich schon mit kleinen Maßnahmen so manche gefährliche Stelle entschärfen lässt. Nun müssen noch für die Ecke Uferstraße/Frankenbrücke und die Ortsdurchfahrt Oberelldorf Lösungen gefunden werden.
Wer zur Mittagszeit von der Uferstraße nach links auf die Frankenbrücke abbiegen will, der braucht vor allem zwei Dinge: Geduld und das Glück, im richtigen Moment in den Verkehrsstrom zwischen Marschberg und Ketschenanger hineinzuflutschen. Das gelingt nicht immer. In den vergangenen Jahren krachte es mal mehr, mal weniger an dieser Ecke, die Autofahrer gern nutzen, um die kurzen Linksabbieger-Phasen aus der Bamberger Straße zum Schillerplatz zu vermeiden.
Die Unfallkommission, bestehend aus je einem Vertreter der Polizei, der Stadt Coburg sowie des Staatlichen Bauamts Bamberg als Straßenbaulastträger, hatte sich seinerzeit mit der schadensträchtigen Stelle befasst. Sie kam zum Schluss: Ja, dort muss etwas passieren! Eine erste Überlegung war, das Linksabbiegen von der Uferstraße zur Frankenbrücke zu verbieten.
Ein Gutachten, das die Stadt Coburg in Auftrag gegeben hatte, riet schließlich dazu, eine Ampelanlage zu installieren. Doch auch diese Möglichkeit wurde letztendlich von den städtischen Gremien abgelehnt. Seit 2012 häuften sich die Unfälle aber wieder, sagt Bosecker. "Die Stadt muss sich jetzt überlegen, ob sie die Unfälle haben will oder lieber Geld in die Hand nimmt."
Sichtschutz aus dem Baumarkt
Dass man auch mit kleinen Summen viel erreichen kann, zeigt ein anderes Beispiel: Ein Unfallschwerpunkt, der erfolgreich entschärft wurde, ist die Auffahrt von der Gaudlitz-Kreuzung auf die Stadtautobahn in Richtung Norden. Hier kam es häufig zu Auffahrunfällen, weil so mancher Autofahrer an der Einfahrt nicht damit rechnete, dass sein Vordermann anhalten würde. Schließlich ist der Einmündungsbereich an sich sehr übersichtlich und lange galt hier auch nur "Vorfahrt achten!". Seit Dezember 2011 steht hier nun ein hölzerner Sichtschutzzaun, der nur noch dem vordersten Fahrzeug freie Sicht gewährt, dazu Stopp-Schilder auf beiden Fahrbahnseiten. Die richtige Entscheidung, wie Bos eckers Zahlen beweisen: 2010 krachte es hier 31 Mal (sechsmal mit Verletzten), 2011 sogar 34 mal (neun Verletzte). Mit der Sichtschutzwand ging die Zahl der Unfälle auf jeweils zehn in 2012 und 2013 zurück (vier beziehungsweise drei Verletzte). 2014 registrierte die Polizei bis zum heutigen Tag sechs Unfälle, wobei keine Verletzten zu beklagen waren.
Würde man die Stadtautobahn heute bauen, hätte man dieses Problem gar nicht, so Bos ecker. Dann nämlich wären die Einfahrten alle mit Beschleunigungsstreifen ausgestattet. "In den 80er-Jahren hat man das aber noch nicht so gemacht", erläutert Bosecker. Und die Stadtautobahn heute nachzurüsten, käme einfach zu teuer.
Apropos teuer, der Sichtschutz an der Stadtautobahn dürfte kaum mehr als 1000 Euro gekostet haben. Die Holzpaneele sind praktisch in jedem Baumarkt erhältlich. Lediglich für die Füße mussten kleine Fundamente betoniert werden.
Weiter geht's zum Kreisel auf der Staatsstraße 2206, kurz vor Unterwohlsbach. Bis 2009 krachte es hier oft. 2004 etwa gab es sieben Unfälle, im Jahr darauf sechs - vier davon "mit Personenschaden", wie es im Polizeideutsch heißt. 2006 bis 2008 wurden jeweils drei Unfälle gezählt, drei davon mit schwer verletzten Personen.
2009 wurde der Unfallschwerpunkt durch einen Verkehrskreisel entschärft - und auch hier belegen Boseckers Zahlen eindrucksvoll, wie effektiv die Baumaßnahme ist: von 2009 bis 2011 sowie 2013 gab es jedes Jahr einen Unfall, ein einziger Verletzter war zu beklagen. 2012 blieb unfallfrei und 2014 - bis jetzt - ebenfalls.
Durch Oberelldorf wird gerast
"Ich bin froh, dass sich das staatliche Bauamt inzwischen mit Kreiseln angefreundet hat", sagt Bosecker. "Wir hätten aber gern noch mehr davon." In Oberelldorf zum Beispiel, neben Tambach der einzige Ort zwischen Coburg und Schweinfurt, durch den die B303 noch mittendurch führt. Das staatliche Bauamt habe die Lage untersucht, sei aber zum Schluss gekommen, dass es dort keinen Kreisel brauche. Bos ecker kann das nicht verstehen, zumal es immer wieder Beschwerden der Oberelldorfer gebe, dass die Autofahrer viel zu schnell durch ihren Ort rasen würden. "Ein Kreisel am Ortseingang wäre ideal - er würde den Verkehr runterbremsen."
Seit 14 Jahren gibt es die Unfallkommission in Bayern. Erfüllt eine bestimmte Stelle die Kriterien eines Unfallschwerpunktes, wird das Dreiergremium aktiv. Es nimmt die Stelle unter die Lupe und trifft eine Entscheidung. Diese wird dann von den zuständigen Baubehörden geprüft und im Idealfall umgesetzt. "Das hat sich sehr bewährt", berichtet Bos ecker, bewerten doch die drei Kommissionsmitglieder eine Situation aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln. "Jemand von der Baubehörde fragt vielleicht: ,Ist der Belag ok? Läuft das Wasser ab?‘", sagt Bosecker. Er selbst als Polizist achtet dagegen eher darauf, ob vielleicht ein Busch die Sicht nimmt oder ob die Beschilderung passt. "Wenn sechs Augen hinsehen, dann ergibt sich ein rundes Bild."
So werden Unfallschwerpunkte ermittelt
Zur Festlegung von Unfallschwerpunkten werden immer zwei Zeiträume betrachtet: ein Jahr und drei Jahre.
Ein-Jahres-Karte Passieren in einem Jahr an einer bestimmten Stelle (Unfallhäufungsstelle) mindestens fünf Unfälle des gleichen Typs, etwa Vorfahrtsunfälle, spricht man vom Unfallschwerpunkt. Gleiches gilt, wenn es auf einem Kilometer beispielsweise zu fünf Überholunfällen kommt (Unfallhäufungslinie).
Drei-Jahres-Karte Sie wurde im Jahr 2000 eingeführt und betrachtet Unfälle seit 1997. Hier erscheinen auch Unfälle, die auf der Ein-Jahres-Karte nicht auftauchen. Kommt es innerhalb von drei Jahren jedes Jahr einmal auf einer bestimmten Strecke zu einem Unfall mit "schwerem Personenschaden" (mindestens ein Tag Krankenhaus), dann handelt es sich ebenfalls um einen Unfallschwerpunkt. Bosecker: "Da reichen drei Unfälle in drei Jahren."