Druckartikel: Selbst gehäkelte Boshis liegen voll im Trend

Selbst gehäkelte Boshis liegen voll im Trend


Autor: Florian Hecky

Coburg, Montag, 28. Januar 2013

Kappe, Hut, Mütze: "Oben ohne" geht in diesem Winter gar nichts. Auch Männer greifen inzwischen für ihre Mütze zur Häkelnadel. Vor allem die ,,Boshis" erweisen sich als Renner.
Michaela Müller mit einigen ihrer Modelle.


Eine Kopfbedeckung gehört im Winter einfach dazu. Beim Bummel durch die Coburger Fußgängerzone stechen so einige Modelle ins Auge, vom Hut über den echten Biberpelz bis zur Wollmütze - mit oder ohne Bommel, gestrickt oder gehäkelt, dezent oder knallbunt - alles ist dabei.

"Ich guck', welche Mütze schön wärmt und bin da eher praktisch orientiert", sagt Monika Fischer. "Ein bisschen etwas hermachen soll sie schon auch und sporttauglich muss sie sein", fügt sie hinzu und zieht die Ohrenklappen ihrer leuchtend pinkfarbenen Kunstpelzmütze zusammen. Gerald Fischer, ihr Mann, bevorzugt es ein wenig schlichter. Sein schwarzer Hut ist zwar weniger warm, dafür aber wasserdicht. Und er bringt einen weiteren Vorteil mit sich: "Ich trage eigentlich immer Hüte, wegen der Brille." Die Krempe verhindert, dass Schnee oder Regentropfen auf die Gläser geraten und so die Sicht behindern.

Richtig kuschelig und warm ist die Strickmütze von Xiaoli Zhang. Wie man diese Art von Mütze nennt, weiß sie nicht genau. Gekauft hat sie ihre Wollmütze mit dem Zopfstrickmuster in China, und die Hauptsache ist schließlich, dass sie ihr gefällt und gut wärmt.

Häkelarbeit neu entdeckt

Voll im Trend liegen spätestens seit dem letzten Winter die sogenannten "Boshi-Mützen" (siehe unten). Den beiden Firmengründern Felix Rohland und Thomas Jaenisch ist es gelungen, ihr Produkt sehr erfolgreich auf dem Markt zu platzieren, obwohl es sich dabei im Wesentlichen um gar nichts Neues handelt.

Die Häkeltechnik beherrsche nahezu jede Großmutter und könne rasch erlernt werden, sagt Sabine Keller, die in der "Lichtstube" in Coburg Wolle, Strickerei- und Häkelbedarf verkauft. Es wird ganz normal mit festen Maschen und halben Stäbchen gearbeitet. Auch die Wolle ist keine neue Erfindung, sie besteht aus einer Mischung aus Acryl und Merinowolle.

Tipps aus dem Internet

Viele Kunden kommen auch einfach in dem Laden, um Fragen zu stellen und sich Tipps zur richtigen Technik zu holen. Denn eine wachsende Fangemeinde trägt die Mützen nicht nur, sondern fertigt sei selbst an. "Viele kommen in den Laden und wollen nur diese Wolle haben", sagt Sabine Keller, Die Nachfrage nach der originalen Boshi-Wolle ist so groß, dass sie Schwierigkeiten mit der Nachbestellung hat. Dabei bieten auch andere Hersteller durchaus vergleichbare Wolle an.

Der Trend zum Selbermachen lockt auch neue Kunden in die Wolleläden, und das sind nicht nur Frauen. Auch Männer häkeln und stricken. So zum Beispiel Stefan Dahlem. Der Freiburger und sein Freund Markus Raab aus Coburg tragen beide in Blautönen gehaltene Mützen im Boshi-Stil, die Stefan selbst gehäkelt hat. Vor ein paar Monaten hat er sich ein Buch als Anleitung besorgt und seitdem mit dem Häkeln einen schönen Zeitvertreib gefunden. In zwei bis drei Stunden hat er eine Mütze fertig. Familie und Freunde wurden auch schon versorgt. Anfängern kann er nur empfehlen, sich neben den entsprechenden Büchern auch im Internet umzusehen. Dort gebe es viele Videos, die beim Erlernen des Häkelns sehr hilfreich seien.

Der Freiburger und die beiden Firmengründer aus Hof sind keine Ausnahmen. Sabine Keller erzählt von etwa zehn Männern, die bei ihr Stammkunden sind. Wenn man die Jugendlichen hinzunimmt, sind es noch mehr. "Und dafür braucht Mann sich ja auch nicht zu schämen", sagt sie.

Hauptsache auffällig

Besonders beliebte Farben seien in dieser Saison Schwarz und Blau, aber auch Neonfarben, sagt Sabine Höll, die in ihrem Laden "Secondo-Engelservice" im Steinweg auch Boshis verkauft und auf Wunsch anfertigt. Gefragt seien verschiedenste, zum Teil sehr auffälligen Modelle, etwa die nach hinten länger ausfallenden "Beanies". Außerdem lägen Bommeln wieder voll im Trend.

Diese Vorlieben bestätigt auch Michaela Müller. Nach einem schweren Unfall im Jahr 2004 begann die junge Frau aus Großheirath zu stricken und zu häkeln, malt und gestaltet Grafikarbeiten. Was anfänglich eine willkommene Ablenkung und Beschäftigung war, entwickelte sich rasant: "Das war fast schon wie ein Schneeballsystem: Der Erste hat's gesehen, der Zweite wollt's haben und so weiter", erzählt sie.

Inzwischen türmen sich die Mützen und Strickaccessoires in ihrer Wohnung. Gerade ist sie dabei, einen Onlineshop zu starten, um ihre handgemachten Sachen zu vertreiben. "Definitv liegen grelle Neonfarben voll im Trend. Das gilt auch für Bommeln und überhaupt alles, was groß und auffällig ist", sagt sie. Auch Knöpfe, Buttons und andere Accessoires verzieren ihre Mützen, Schals und Taschen. Eine einfache, schlichte braune Strickmütze gilt da im Moment eher als langweilig. Aber: Nicht jeder will auffallen.


Stichwort Boshis


Name "Boshi" ist japanisch und bedeutet schlicht "Mütze".

Story Felix Rohland und Thomas Jaenisch, zwei Skilehrer aus Oberfranken, nahmen 2009 an einem Skilehreraustausch in Japan teil und lernten dort von einer spanischen Kollegin das Häkeln - für die langen Zugfahrten in Japan ein idealer Zeitvertreib. Ständig wurden sie auf ihre ersten selbstgehäkelten Mützen angesprochen, bis zwei Australier unbedingt eine kaufen wollten.

Geschäftsidee Individuelle Mützen verkaufen übers Internet: Gut 30 Modelle können auf der Website myboshi.net nach Farbe konfiguriert und bestellt werden. Die Lieferzeit liegt derzeit bei drei bis vier Wochen.

Selbermachen Inzwischen wird die "original my-Boshi-Wolle" nebst Etiketten im Fachhandel verkauft. Die Folge: "Myboshi-Mützen heiß begehrt: Wolle ausverkauft" titelte die Südwestpresse, die Thüringer Allgemeine berichtet vom "Mützenhäkel-Fieber in Eisenach". Auch in Coburg spricht eine Wollehändlerin von Schwierigkeiten bei der Nachbestellung.