Sebastian Johannes Görtler: Terminflut und zu wenig Schlaf
Autor: Ulrike Nauer
Coburg, Montag, 23. August 2021
Sebastian Görtler kandidiert für die AfD im Wahlkreis Coburg/Kronach. Was er dafür aufgeben musste und warum er es dennoch gerne tat, erzählt er im Gespräch.
Sein Bekenntnis zur AfD hat Sebastian Görtler mit dem Verlust einiger Freunde und seines langjährigen Ehrenamtes bezahlt. Dennoch ist der 37-Jährige nach wie vor davon überzeugt, mit seiner Entscheidung für die AfD den richtigen Schritt getan zu haben. Bei der Bundestagswahl am 26. September kandidiert er für den Wahlkreis Coburg/Kronach.
Über 20 Jahre lang hat sich Görtler in der Jugendarbeit engagiert. 18 Jahre gehörte er dem Kreisjugendring Kronach an - zehn Jahre als Beisitzer, acht Jahre als stellvertretender Vorsitzender. "Ich habe mich da zwar aus der Politik herausgehalten, war aber selbst immer in der jugendpolitischen Bildung aktiv", erzählt er im Gespräch mit unserer Zeitung im Coburger Prinzengarten. "Man muss den Kindern ja beibringen, wie Politik und Demokratie funktionieren."
Während dieser 18-jährigen Tätigkeit habe er sich "tiefgehend" mit den einzelnen Parteien, ihren Zielen und Programmen beschäftigt. Und auch wenn die AfD schon immer "in der Jugendarbeit sehr streitbar" gewesen sei, habe er sich letztlich doch für die 2013 gegründete Partei entschieden.
Dass das Konsequenzen haben würde, war Görtler von vorn herein klar. Sein Freundeskreis habe sich etwa 50:50 aufgespalten - "in Menschen, die das absolut verstanden haben, die mich auch über viele Jahre kennen. Die sehen nichts Schlimmes bei der ganzen Sache, die kennen meine Persönlichkeit." Die andere Hälfte habe erst gar nicht nach seinen Motiven oder Ansichten gefragt. "Da hieß es nur: ,AfD? Freundschaft beendet!‘ Aber Leute, die mich seit 20 Jahren kennen und mir nur wegen einer Parteizugehörigkeit die Freundschaft kündigen, das sind keine Freunde."
Diejenigen, die mit ihm befreundet blieben, seien von seiner Wahl "erstaunlicherweise nicht überrascht" gewesen. "Ich habe oft gehört: ,Ja, das war klar, das kann ja gar nicht anders sein.‘ Einfach, weil ich mich so lange kritisch mit vielen Dingen auseinandergesetzt habe. Viele Themen der AfD sind eben kritisch."
Dafür, dass man seine Entscheidung in der Jugendarbeit weniger entspannt sah, hat Görtler Verständnis: "Mir wurde nahegelegt, höflich, aber verständlich, dass das mit dem Ehrenamt einfach nicht mehr funktioniert." Als Mitglied des Kreisjugendrings sei man nun mal zur politischen Neutralität verpflichtet. "Wenn man sich dann einer Partei verschreibt und das öffentlich macht, dann passt das einfach nicht. Das wäre aber auch bei jeder anderen Partei so gewesen, nicht nur bei der AfD."
Tief verwurzelt in der Region
Sebastian Görtler ist in Kronach geboren und aufgewachsen. Nach dem Realschulabschluss folgte zunächst das Fachabitur für Gestaltung in Bayreuth. Anschließend studierte er sechs Semester Produktdesign an der Hochschule Coburg. "Die familiäre Situation ließ aber nicht zu, dass ich das Studium beenden konnte", erzählt Görtler.