Harte Realität
"Wer eine rosarote Vorstellung vom Schwein auf der grünen Wiese hat, muss als Verbraucher das auch zu bezahlen bereit sein." Dazu komme, dass es in anderen EU-Ländern und weltweit beileibe nicht so hohe Auflagen gebe, was die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft erheblich beeinträchtige. Schon jetzt, hatte Vize-Kreisobmann Wolfgang Schultheiß erst dieser Tage bei einer Podiumsdiskussion auf den Tisch gelegt, werde jedes vierte Ferkel importiert.
Die Schweinepreise, sagt Rolf Schramm, seien mit 1,36 Euro pro Kilogramm und damit rund 130 Euro pro Sau derzeit wieder einmal im Keller. Vor allem kleinere landwirtschaftliche Höfe - und das fordern die Verbraucher schließlich auch - hätten Probleme, wirtschaftlich zu handeln.
Von Investitionen für die Umsetzung geforderter Auflagen ganz zu schweigen. Das betreffe unter anderem die Debatte um die Ferkelkastration ebenso wie die Gülleausbringung, für die ab 2020 neue Technik für bodennahe Ausbringung gefordert wird. Um die 100 000 Euro müssten dafür investiert werden -für die Schramms utopisch.
Umstrittener Erfolg
Einen wenn auch umstrittenen Erfolg nennt Flohrschütz die Verschiebung der betäubungslosen Ferkelkastration. Es gehe nicht darum, die Ferkel nicht zu betäuben, sondern darum, ob der Verbraucher letztlich die Mehrkosten einer Vollnarkose bezahlt. Der Landwirt werde per Gesetz zu etwas verpflichtet und bliebe auf den Kosten sitzen.
Und auch die Ferkelpreise sind im wahrsten Sinne des Wortes "unter aller Sau". Ein Schweinemastbetrieb, meint Kreisgeschäftsführer Hans Rebelein, würde nicht einmal mit 550 Tieren wirtschaftlich arbeiten können. Auch deshalb habe Axel Bracke in Ottowind in einen Stall für 1100 Tiere investieren müssen.
Wer die Auflagen erfüllen wolle, der müsse in große Einheiten investieren - genau das wollen aber Verbraucher und Tierschützer nicht. 1998 hatten Schramms bereits die Baupläne für einen neuen Stall auf dem Tisch, aber eine Dreiviertel-Million-Euro-Investition sei dann doch eine zu große Hürde gewesen.
Eine wirklich ehrliche Diskussion, meint Martin Florschütz, könnte nur erfolgen auf der Grundlage eines Welthandelsabkommens oder zumindest eines europaweiten Gesetzeswerks, das soziale und Umweltstandards einheitlich festlegt.
Flohrschütz fordert von denjenigen, "die in der Öffentlichkeit unter dem Deckmäntelchen Naturschutz und Tierwohl die Landwirte immer wieder ins Kreuzfeuer nehmen, mehr Information und Sachverstand statt Populismus und Aktionismus". Es sei ja wohl absurd, dass das Land Berlin gegen die aktuelle Schweinehaltungsverordnung klagt, obwohl das Land Berlin fast keine Schweineställe habe. Gerade in der Coburger Region könne sich die Bevölkerung auf sichere und qualitativ hochwertige Nahrungsversorgung verlassen. Das sei Wertschöpfung vor Ort, egal ob bio oder konventionell.
Die letzten Schweine im Ort
In Schottenstein sind Rolf und Evelyn Schramm die einzigen Landwirte, die noch Schweine im Stall stehen haben. Milchbauern, sagt der Landwirt, gebe es gar nicht mehr.
Auch der landwirtschaftliche Betrieb der Schramms hat ein absehbares Ende: in 15 Jahren, wenn Rolf und Evelyn in Rente gehen. Keine der vier Töchter hat Ambitionen, den Betrieb zu übernehmen.
"Wir sind ein Auslaufbetrieb", sagt Evelyn Schramm, "und meine größte Sorge ist es, dass wir es bis zur Rente mit all den Auflagen und Verordnungen noch schaffen. Große Investitionen werden wir nicht mehr tätigen."