Schwarzstörche kommen dem Landkreis Coburg immer näher
Autor: Berthold Köhler
Lichtenfels, Freitag, 17. Juli 2015
Konrad Weichert hat in seinem Jagdrevier "Gleisenau" eine Schwarzstorch-Familie entdeckt. Fachleute gehen davon aus, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die Vögel auch das Coburger Land als Lebensraum entdecken.
Bildlich gesprochen, stehen sie schon vor der Haustüre des Coburger Landes und klappern. Nur wenige Meter hinter der Landkreisgrenze hat im Forstdistrikt "Gleisenau" eine Schwarzstorch-Familie ihre Heimat gefunden. Im Gegensatz zu ihren Verwandten, den Weißstörchen, sind die schwarzen Großvögel mit dem leuchtend roten Schnabel sehr scheue Gesellen. So brauchte es schon einen Zufall, damit sie von Konrad Weichert in seinem Jagd-Revier entdeckt wurden.
Es war im Mai vergangenen Jahres, als Weichert beim Weg durch sein Revier aufgeschreckt wurde. In einer abgebrochenen Fichte, aber immer noch hoch über ihm, hörte er lautes Flügelschlagen und sah zum ersten Mal den davonfliegenden Schwarzstorch. Zwei Junge brachte das von Weichert entdeckte Paar damals durch - und es kam wieder. "Heuer sind es sogar drei Jungstörche", erzählt Weichert, der sich ab und zu mal wieder vorsichtig dem Horst annähert und die Tiere sogar schon fotografiert hat.
Es scheint so, als hätte Dirk Siepe es geahnt. Siepe ist der für die "Gleisenau" zuständige Revierleiter und hatte den nach einem Sturm im letzten Drittel abgebrochenen Baum schon lange im Auge. Weil die oberen Äste nach dem Windbruch einen schönen, zum Nestbau geeigneten "Quirl" bildeten, verpasste er dem Baum schon vor einiger Zeit die Markierung mit einem "B". Was das bedeutet, erklärt er auch: "Das heißt: Biotopbaum." Siepe dachte bei künftigen Bewohnern des Baumes zwar eher an andere Großvögel wie den Roten Milan und den Wespenbussard (beide kommen im Landkreis Lichtenfels vor), aber nun freut er sich natürlich ganz besonders über die Schwarzstörche.
Im Frankenwald wird es schon eng
Als Leiter des Forstbetriebes Rothenkirchen der bayerischen Staatsforsten kennt sich Peter Hagemann aus, über das, was in "seinen" Wäldern so herum fliegt. Er weiß bislang nur von einem weiteren Schwarzstorch-Nest im Landkreis Lichtenfels: im Raum Weismain.
Der Frankenwald hingegen ist ein starkes Schwarzstorch-Revier. Hagemann berichtet von einer gemeinsamen Studie der Staatsforsten, des Landesbundes für Vogelschutz und des bayerischen Landesamtes für Umwelt, deren Ergebnis selbst Fachleute vom Hocker haute: "Wir haben im Frankenwald 75 Brutreviere, etwa 40 bis 50 sind jedes Jahr besetzt."
Damit lebt statistisch jeder zehnte deutsche Schwarzstorch im Frankenwald.
Diese Dichte - "viel mehr geht fast nicht", sagt der Forstbetriebsleiter - hat natürlich ihre Gründe. Mit vielen kleinen Tümpeln und Bachläufen ist der Frankenwald der ideale Lebensraum für Schwarzstörche. Dort findet er kleine Fische, Frösche, Amphibien und Insektenlarven, die er für sich und seinen Nachwuchs braucht. All das gibt es auch in der "Gleisenau".
Warum das so ist, weiß Konrad Weichert, der aus Gestungshausen kommt, aber schon seit Jahrzehnten im Waldstück im Dreieck zwischen Forsthub, Buch am Forst und Ebersdorf auf die Jagd geht: "Das haben wir Heinz Kreißler zu verdanken." Weichert meint damit den langjährigen Coburger Kreisjagdberater, der sich immer wieder dafür stark machte, dass in den Wäldern feuchte Gebiete angelegt werden. Der Schwarzstorch dankt ihm dies heute.
Auf der Suche nach Nahrung sind Schwarzstörche ganz schön unterwegs. Konrad Weichert hat "sein" Paar schon mehrfach aus Richtung der Fischbacher Teiche heranfliegen sehen, zudem haben Vogelschützer einen Schwarzstorch bei Meschenbach im Futter-Streit mit einem Weißstorch gesehen. Es dürfte demnach nicht mehr lange dauern, bis sich die dichte Schwarzstorch-Population aus dem Frankenwald Richtung Süden ausbreitet.
"Die kommen bald rüber, wenn sie nicht schon da sind", sagt Weichert und bekommt Unterstützung von Peter Hagemann: "Es ist, wenn überhaupt, eine Frage weniger Jahre, bis Schwarzstörche auch nach Coburg kommen."
Die Bayerischen Staatsforsten tun jedenfalls ihren Teil dazu, damit sich die scheuen Tiere in ihren Wäldern wohl fühlen. Der Forstbetriebsleiter berichtet von einem Schutzprogramm, in dem mehrere Punkte ausdrücklich festgeschrieben sind: So herrscht rund um das Nest eines störungsempfindlichen Großvogels im 50-Meter-Umkreis das ganze Jahr über ein totales Veränderungsverbot.
Mehr wird nicht verraten
Ergänzend dazu wird während der Brutzeit (beim Schwarzstorch: zwischen Februar und Anfang August) auf 300 Metern eine Ruhezone ausgewiesen. Das heißt: Waldarbeiten sind tabu, damit die Vögel ihre Ruhe haben. Damit das so bleibt, behält Konrad Weichert auch den genauen Standort des Schwarzstorch-Horstes für sich. "Irgendwo zwischen Ebersdorf und Buch am Forst", sagt er nur, wenn man ihn fragt.