Druckartikel: "Schöne Menschen sind langweilig"

"Schöne Menschen sind langweilig"


Autor: Christiane Lehmann

Coburg, Mittwoch, 02. Dezember 2015

Die 17-jährige Kira Engel malt Mensch und Tier. Helmut Schmidt, Karl Lagerfeld und Udo Lindenberg scharen sich um die Queen. Doch die hat die Augen immer geschlossen.
Karl Lagerfeld - portraitiert von der 17-jährigen Kira Engel aus Coburg. Ihre Ausstellung ist zur Zeit im Friseur-Studio "Haar la carte" in der Sandstraße in Coburg zu sehen. Fotos: Christiane Lehmann


Es liegt ihr im Blut. Davon ist auszugehen. Der mehrfach ausgezeichnete Grafiker und Bühnenbildner Peter Engel ist ihr Onkel. Mit ihm zusammen hat Kira Engel auch schon ausgestellt. In Marktredwitz, wo die familiären Wurzeln liegen.
Mit 13 Jahren zeigte sie ihre Bilder in der Jahresausstellung des Kunstvereins - seither sind viele neue Werke dazugekommen. Mensch und Tier sind ihre Motive. Tiere, "weil die sonst immer so kitschig gemalt werden", und Menschen mit markanten Gesichtern, "weil schöne Menschen langweilig sind".
Bei Familie Engel in Scheuerfeld trifft sich die Welt in Acryl: Prinz Charles hängt über der Kaffeemaschine, Karl Lagerfeld im Flur - mal solo in Schwarz-Weiß ("das ist meiner", sagt die Mama), mal mit Erdmännchen, von Angesicht zu Angesicht.

Angela Merkel schaut mit wachem Blick und hängenden Mundwinkeln auf den Elch, der genüsslich über die Wiese trabt, Udo Lindenberg amüsiert sich mit Esel und der schlaue Fuchs strahlt auf hellgelbem Grund.
Warum aber hat die Queen auf jedem Bild die Augen geschlossen? Eine Frage, die Kira mit einem Lächeln beantwortet. Mit großen weiten Augen gucken dafür ihre Affen von der Wand. Und im Flur hängt ihr erstes Gorilla-Portrait, das sie in der 4. Klasse Grundschule gemalt hat. Spätestens mit diesem Bild war klar: Das Kind muss gefördert werden.
Mittlerweile stapeln sich in ihrem Zimmer die Leinwände. Über 40 Bilder hat das Mädchen gemalt, nahezu die Hälfte davon sogar bereits verkauft. Die Bilanz kann sich sehen lassen und stimmt zuversichtlich.
"Mein größter Traum wäre es, Kunst in Dresden zu studieren und später einmal von meiner Malerei leben zu können", sagt die sonst eher bescheiden wirkende 17-Jährige. Ihr Kunstlehrer Hannes Zips am Alexandrinum ist einer, der Kira Engel immer wieder ermutigt. Kürzlich hat er ihr eine türblattgroße Holzplatte mit in den Unterricht gebracht. "Ich bin noch ganz geflasht", erzählt Kira, die die Platte zunächst schwarz grundiert hat und jetzt mit einer Diaprojektion ein übergroßes Portrait darauf malen wird. Sie hat "richtig viel Lust drauf" und hätte am liebsten gleich weitergemacht.
Daheim malt sie am Schreibtisch, am Boden, "wo Platz ist". Ihre Bilder sind bis zu 1,50 mal einen Meter groß. Eine Staffelei braucht sie nicht, die Acrylfarben kommen aus Flaschen und Tuben.
Mit abstrakter Kunst kann Kira nicht so viel anfangen. "Ich möchte malen, was mir gefällt und am Ende ein konkretes Ergebnis vor mir sehen, in das nicht jeder alles hineininterpretieren kann", betont sie.
Bei ihrer ersten eigenen Ausstellung im Friseur-Studio "Haar la carte" ist sie auf die Reaktionen gespannt - immerhin wird Altbundeskanzler Helmut Schmidt mit von der Partie sein, und die alte Frau, deren markantes Profil Kiras Fingerspitzengefühl forderte.