Schlicht, offen, hell und modern ist die Gemündaer Kirche
Autor: Bettina Knauth
Gemünda, Freitag, 19. Juli 2019
Mit einem Gottesdienst wird am Sonntag die Sanierung der Johanneskirche gefeiert. Sie überrascht mit viel Licht und betonten Raumachsen.
Äußerlich thront sie unverändert oben in der Dorfmitte, nur teilweise mit einem frischen Anstrich versehen: die Johanneskirche in Gemünda. Doch innen präsentiert sich das alte Gotteshaus nach der nun erfolgten Renovierung überraschend modern und hell: Sonnig gelb erstrahlt der gesamte Raum, geradezu minimalistisch erscheint der neu gestaltete gothische Chorraum, auf den sich der Blick der Besucher fokussieren soll. "Das war dem Kirchenvorstand ein besonderes Anliegen", schildert Andreas Neeb, der sich mit seiner Frau Kathrin die Gemündaer Pfarrstelle teilt. Immerhin geht dieser Chorraum aufs Jahr 1915 zurück. Bereits 1401 stand an gleicher Stelle eine Kapelle.
Der Balanceakt zwischen Bewahren, Reduzieren und behutsamen Modernisieren gelang. Die hellen Farben, das viele Licht, dazu Glas und Messing ergeben eine einladende Mischung.
Bei Johannes 8,12 heißt es: "Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben." Auf der Grundlage dieser Bibelstelle hat Künstler Wolfgang Stefan (Selb) das Gestaltungskonzept für die Umgestaltung der Saalbaukirche entwickelt. Stefan gewann den ausgelobten Wettbewerb und verband auf Wunsch des Kirchengemeinde Altes mit Neuem. Wer nun die Kirche durch das Hauptportal betritt, wird durch ein Lichtband unter der Decke durch den gesamten Mittelgang bis zum Altar begleitet. "Besucher werden gewissermaßen von Christus, dem Licht der Welt, an die Hand genommen und zum Chorraum geführt", erläutert Andreas Neeb. Mit dieser Lichtachse gelinge zudem die Verbindung zwischen Chorraum und Kirchenschiff, die aus unterschiedlichen Epochen stammen. Um diesen Eindruck noch zu verstärken, wurde - wie im Kirchenschiff - auch im Chor ein Sandsteinboden verlegt.
Das Lichtband endet über dem Taufstein, der im Mittelpunkt der Apsis steht. "Die Taufe und die Getauften stehen dadurch im Zentrum der biblischen Überlieferung", sagt Neeb, auf die Fensterbilder ringsherum verweisend. Diese wurden 1954 vom Münchener Künstler Josef Reisel geschaffen und bilden den gesamten Inhalt von der Schöpfung im Genesis über Bundesschluss, Weihnachten, Passion und Ostern bis zur Wiederkunft Christi in der Offenbarung des Johannes, dem letzten Buch der Bibel, ab.
Stefans Entwurf beinhaltete ein Vorrücken des Altars sowie die Entfernung des Altaraufsatzes, damit darunter der aus Sandsteinquadern geformte massive Block dauerhaft sichtbar wird. Erst mit Verblendungen und einer Platte aus Messing versehen, krönt den Altar nun eine Platte aus Glas. In ihr spiegelt sich - je nach Tageszeit - das Licht. Mit seiner neuen Position nimmt der Tisch des Herrn zudem die Achse des Langhauses auf.
Auch Ambo und Taufstein haben so eine rund 12 cm starke Glasplatte bekommen. Deren Blaseneinschlüsse lassen den Geistlichen an "sprudelndes Wasser" denken: "Damit erinnern sie nicht nur an das Licht Christi, sondern auch an die lebenswichtige Bedeutung von Wort und Sakrament", so Neeb. Der Osterkerzenleuchter neben dem Lesepult wurde ebenfalls aus Glas mit Messing gefertigt. Und das alte neogotische Altarbild, das zuvor die Blicke im Chorraum auf sich zog, wurde nicht etwa entsorgt. Es hat, mit Glas gerahmt, im Kirchenschiff eine neue Stelle gefunden. Links davon befindet sich der Gebetsleuchter. Außerdem haben die Emporen und Kirchenbänke einen frischen Anstrich bekommen, passend zu den gelben Wänden und weißen Fensterrahmen. Beim Verlassen der Kirche wird die Gemeinde durch das Lichtband erneut begleitet. Geht der Gang der Besucher zum hinter dem Gotteshaus gelegenen Friedhof, wird das schlichte, sonst unter den Christusfenstern platzierte Glaskreuz voran getragen, "als würde Christus die Gemeinde begleiten", meint der Geistliche.
In seiner mehr als 600-jährigen Geschichte erlebte das Gotteshaus etliche Umbauten und Sanierungen (s. Kasten). Gravierende Schäden waren mitunter von Menschen verursacht. So erhielt die Johanneskirche 1906 einen neuen Turmknopf, nachdem ein "Wüstling" den alten zerschossen hatte. Dass Gemünda wegen seiner Wilderer berüchtigt war, wird selbst in der Kirchenchronik erwähnt.