Druckartikel: Schlachthof-Prozess: Vorwürfe eingeräumt - den Schaden nicht

Schlachthof-Prozess: Vorwürfe eingeräumt - den Schaden nicht


Autor: Simone Bastian

Coburg, Dienstag, 05. Mai 2015

Zwei Gespräche zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung hat es im Vorfeld des Prozesses gegeben. Dabei wurde natürlich auch besprochen, was die Angeklagten erwarten können, wenn sie ein Geständnis ablegen.
Staatsanwalt Christian Pfab  Foto: Simone Bastian


Zwei Jahre auf Bewährung für Ludwig Dellert, ein Jahr auf Bewährung für Michael Klein, eine Geldstrafe für Heike Klein seien für die Staatsanwaltschaft tragbar, berichtete Vorsitzender Richter Gerhard Amend beim Prozessauftakt am Montag.

Der Grund: "Die Behörden haben in erheblichem Rahmen Kontrollmaßnahmen unterlassen", sagte Amend. Das zuständige Veterinäramt Coburg sei nicht häufig vor Ort gewesen, wie eine ehemalige Amtstierärztin aussagte. Nur zweimal verhängte die Landesanstalt für Landwirtschaft ein Zwangsgeld, weil Dellert zu viel Fleisch vorm Wiegen wegschneiden ließ. Dass dem so war, hätte bekannt sein müssen - "wir haben hier einen Karton voller Protokolle", sagte Amend. Die Klassifizierer vom Fleischprüfring hätten regelmäßig vermerkt, dass zu viel weggeschnitten wurde. Damit sollen die Rinderlieferanten um insgesamt über 700.000 Euro geschädigt worden sein.

Zweifel an Schadensberechnung

Die Höhe dieses Schadens wird aber von Dellert und seinen Anwälten angezweifelt, auch wenn Dellert die Taten grundsätzlich einräumte. Er vertrat die Auffassung, dass die Viehhändler wussten, wie die Schlachtkörper vor dem Wiegen behandelt wurden. "Im Viehhandel hat man es mit erfahrenen Kaufleuten zu tun. Die fühlen sich nicht betrogen." Auch sei unklar, wie der Schaden berechnet worden sei. "Aus meiner Sicht geht die Schätzung von viel zu hohen Zahlen aus", sagte Dellert. Diesem Themenkomplex will Amend nächste Woche einen Verhandlungstag widmen.

Von weitaus größerem Interesse dürfte für die zahlreichen Zuhörer am Montag gewesen sein, an wen denn das Fleisch ging, von dem die Veterinäre ausgingen, dass es als K3-Fleisch verwertet würde - bestenfalls als Tierfutter geeignet. "Elf gutgläubige Abnehmer" des Produkts "Rindfleisch ausgelöst" habe es gegeben, führte der Staatsanwalt aus. Er nannte aber lediglich die Namen der Abnehmer, die Orte dazu nicht. Die meisten befinden sich in Thüringen, eine in Ebern, ein Betrieb in Rödental. Fünf "bösgläubige Abnehmer" hatten die beschlagnahmten Keulen zurückerhalten. Gegen sie laufen ebenfalls Ermittlungsverfahren.

Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass das von Dellert verkaufte "Rindfleisch ausgelöst" aus den ausgesonderten Keulen "genussuntauglich" war, betonte Amend. Es hatte lediglich nicht den Stempel "verkehrsfähig". Allerdings legen Aussagen der Amtstierärzte nahe, dass fraglichen Keulen problematische Stellen hatten, die sich nicht mit einem Schnitt beseitigen ließen.

Die Ermittlungen waren im Juni 2013 durch einen Bericht des Magazins "Quer" ins Rollen gekommen. Der Coburger Schlachthof ist seither geschlossen. Dellert lässt wieder schlachten - in Kulmbach.