Schaurig-schön klingt die Coburger Nacht
Autor: Jochen Berger
Coburg, Montag, 10. Juli 2017
"Musik und Grusel" verspricht das Festival "Klanggrenzen" im Coburger Jugendzentrum Domino unter dem Motto "Die Maske des roten Todes".
Wenn Kino richtig spannend ist, kann es sogar auf Bilder verzichten. Wie das funktionieren kann? Der französische Komponist André Caplet hat es vorgemacht mit einem Kammermusikwerk, das so recht in keine Schublade passen will. Denn seine Vertonung von Edgar Allan Poes gruseliger Novelle "Die Maske des roten Todes" kombiniert Worte und Musik derart raffiniert, dass im Kopf des Zuhörers Bilder entstehen, auch wenn es statt einer Leinwand nur einen schwarzen Vorhang gibt wie im Saal des Coburger Jugendzentrums Domino.
Der Abend im Rahmen des interdisziplinären Festivals "Klanggrenzen" wird zur Premiere für das Domino. Denn noch nie hat hier ein klassisches Konzert stattgefunden - ein solches schon gleich gar nicht. Wo sonst laute Rock-Musik das junge Publikum locken soll, steht Kammermusik für Streicher und Harfe auf dem Programm.
Doch dieses Programm mit André Caplets schauriger Poe-Vertonung hat es tatsächlich in sich. Das Konzert mit Rezitation - es wird zur packenden Inszenierung. Geschickt eingesetzte Licht-Effekte unterstreichen die gruseligsten Momente dieser fantastischen Erzählung ("Conte fantastique"), wie der Debussy-Schüler Caplet sein Werk im Untertitel genannt hat.
Das tückische Wüten des Todes
Edgar Allen Poes Text vom hinterhältigen Wüten des Todes liefert dabei die Stichworte, die Caplets Musik dann auf sehr anschauliche Weise in Klang verwandelt. Impressionistische Klangfarben, aber auch viele schroffe Akzente und Stimmungswechsel zeichnen das Stück aus, das vom Philharmonischen Streichquartett aus München gemeinsam mit Teresa Zimmermann, der Soloharfenistin der Münchner Philharmoniker, und Egbert Tholl als Sprecher bemerkenswert spannungsvoll interpretiert wird.Der erste Teil des Abends ist alles andere als gruselig. Claude Debussy "Danse sacrée et Danse profane" für Harfe und Streichquartett eröffnet die Programmfolge mit raffinierter impressionistischer Klangmalerei - duftig und leicht und voller zarter Zwischentöne.
"Harfenquartett"
Ludwig van Beethovens Streichquartett Es-Dur op. 74 passt dank seines - gar nicht von Beethoven stammenden - Beinamens "Harfenquartett" scheinbar bestens ins Programm. Das Werk, das in manchen Aspekten durchaus schon an die Tonsprache der späten Streichquartette denken lässt, stellt in vielerlei Hinsicht heikle Aufgaben für die Interpreten. Das Philharmonische Streichquartett aus Mitgliedern der Münchner Philharmoniker stellt sich bei seinem Coburg-Debüt als gut harmonierendes Ensemble vor, das die technischen Herausforderungen, rhythmischen Vertracktheiten und klanglich heiklen Passagen sicher meistert.
Gelungene Premiere
Nach Caplets "Maske des roten Todes" gibt es begeistert ausdauernden Beifall. Das Domino als kleiner Klassik-Konzertsaal - eine gelungene Premiere, die nach Fortsetzung ruft.
So geht's weiter beim Festival "Klanggrenzen"
Schumanns Schatten Musik und Lesung. Martin Emmerich (Violine), Heiner Reich (Violoncello) und Fabian Wankmüller (Klavier) spielen Nils W.Gade Novelletten für Klaviertrio Op. 29, Volker David Kirchners Klaviertrio Nr. 1, "Schumann in Endenich", Robert Schumann: Klaviertrio Nr. 3 in g-Moll Op. 110 (Nils W. Gade gewidmet). Dazu liest Frederik Leberle aus Peter Härtlings Buch "Schumanns Schatten". Pfarrzentrum St. Augustin, 11. Juli, 20 Uhr
Entrückung. Musik und Malerei. Das Festival-Streichquartett (Martin Emmerich, Daniela Steinmetz, Violine, Andreas Hilf, Viola, und Heiner Reich, Violoncello) spielen Johann Sebastian Bach: 1. Suite für Violoncello G-Dur BWV 1007, Mozarts Duo für Violine und Viola KV424 und Arnold Schönbergs 2. Streichquartett Op. 10. Gesang: Kora Pavelic. Dazu gibt es in Zusammenarbeit mit der Glaserei Späth eine Ausstellung mit Werken von Wieland Prechtl. VR-Bank Filiale am Theaterplatz, 12. Juli, 19.30 Uhr
Sonnenbrand am Wolgastrand. Ein Crossover-Operettenabend mit Julia Da Rio und ihrem Operettentrio Mondieu Operettenassekuranz. Leise am Markt, 13. Juli, 20 Uhr
Weitere Infos: unter www.klanggrenzen.de und in den ausliegenden Programmbroschüren
Karten gibt es beim Coburger Tageblatt, Hindenburgstraße, in der Buchhandlung Riemann sowie per Internet. Kinder und Jugendliche haben freien Eintritt.