Druckartikel: "Einfach unfassbar": Riesige Welle der Hilfsbereitschaft für Ukraine im Coburger Land

"Einfach unfassbar": Riesige Welle der Hilfsbereitschaft für Ukraine im Coburger Land


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Mittwoch, 02. März 2022

Was bei der Firma Schumacher Packaging zunächst nur als Unterstützung für Kollegen in Ost-Europa gedacht war, hat sich inzwischen zur größten Hilfsaktion im gesamten Coburger Land entwickelt.
Die Schumacher-Auszubildenden  Paul Nolte (links) und David Hoffmann packen mit an.


Mittwoch, kurz nach 15 Uhr, Friesendorfer Straße in Ebersdorf bei Coburg: Zum soundsovielten Mal an diesem Tag kommt ein Auto vorgefahren. Ein Mann steigt aus und reicht David Hoffmann drei prall gefüllte Tüten. "Toll, dass ihr das macht", sagt der Mann und ist im nächsten Moment auch schon wieder verschwunden. David Hoffmann bringt die Tüten derweil in eine der großen Hallen von Schumacher Packaging. Dort wird jetzt sortiert - und zwar nicht nur das, was der hilfsbereite Mann soeben vorbei gebracht hat, sondern das, was unfassbar viele Menschen bereits seit Montag vorbeigebracht haben.

An jenem Montag war es auch, als Schumacher-Personalleiter Andreas Guhl die Situation noch gar nicht richtig einschätzen konnte. Denn auf Anregung von Anna Sokól, der Geschäftsführerin des Schumacher-Werks im polnischen Wroclaw, war eigentlich nur eine kleinere Hilfsaktion unter Kollegen angelaufen. Unter den insgesamt fast 900 Mitarbeitern in den fünf Schumacher-Werken in Polen sind auch viele, die aus der Ukraine kommen oder zumindest familiäre Verbindungen in die Ukraine haben. Über diese Kollegen sollten Sachspenden dorthin gebracht werden, wo derzeit die Not durch den Krieg sehr groß ist. Als dann im Ebersdorfer Werk die ersten Spenden zusammenkamen und sortiert werden sollten, hatte Andreas Guhl die Idee, einen Azubi damit zu beauftragen. "Ich bin zu seiner Abteilungsleiterin und habe gesagt: Ich bräuchte mal Deinen Auszubildenden - so für ein, zwei Stunden..."

"Schlimm, was in der Ukraine passiert": Firma aus Ebersdorf startet Hilfsaktion

Inzwischen ist Mittwoch, und nicht nur ein Auszubildender hat gut zu tun, sondern fast alle der 40 Azubis, die es derzeit bei Schumacher in Ebersdorf gibt. Denn sehr schnell hatte sich herumgesprochen, dass "beim Schumacher" Hilfsgüter gesammelt werden, die anschließend absolut verlässlich zu Not leidendenden Menschen gebracht werden. Als Andreas Guhl am Mittwochnachmittag beobachtet, wie die Azubis anpacken und es immer wieder mit neuen Tüten und Kartons zu tun bekommen, räumt er ein: "Okay, das mit den ein, zwei Stunden‘ war ein Irrtum...."

Video:




David Hoffmann findet es "schlimm" und "dramatisch", was zurzeit in der Ukraine passiert. "Aber es ist ein gutes Gefühl, selber etwas tun und den Menschen ein bisschen helfen zu können." Sagt's, und packt mit seinen Azubi-Kollegen die nächsten Kartons voll, die Aufschriften tragen wie "Essen", "Klamotten" oder auch "Decken". Von der riesigen Spendenbereitschaft sind alle begeistert. Ein erster Schumacher-Lastwagen hat sich bereits am Montag auf den Weg nach Ost-Europa gemacht, ein zweiter startete am Mittwoch, am Montag kommender Woche ist der dritte geplant.

"Wir haben die Transportkapazitäten ja ohnehin", sagt Andreas Guhl. So würden große Lkw regelmäßig Papier aus Polen nach Ebersdorf liefern und anschließend oft leer oder zumindest nicht komplett voll beladen wieder zurück fahren. Genau diese Fahrten werden jetzt für die Hilfstransporte genutzt.

Mehrere nagelneue Schlafsäcke gespendet

Mehr und mehr zu einer Herausforderung werden allerdings die Lagerkapazitäten: Ursprünglich war lediglich eine kleine Ecke in einer der Schumacher-Hallen als "Spenden-Lager" vorgesehen. Diese "kleine Ecke" ist mittlerweile deutlich größer geworden. Selbst am Mittwochnachmittag, als eben erst ein weiterer 40-Tonner nach Polen losgefahren ist, ist sie schon wieder gut gefüllt.

Und dann kommen auch noch zwei voll beladene Transporter des FC Coburg in der Friesendorfer Straße vorgefahren und bringen Sachspenden aus der Vestestadt. "Es ist einfach unfassbar, wie sehr die Menschen helfen", sagt einer der Fahrer. So habe etwa ein Mann aus Coburg am Mittwoch doch tatsächlich in einem Sportgeschäft für mehrere Tausend Euro nagelneue Schlafsäcke gekauft und direkt beim FC Coburg als Spende für die Ukraine vorbeigebracht.

Andreas Guhl freut sich aber nicht nur über die enorme Spendenbereitschaft der Menschen im Coburger Land, sondern er ist auch stolz, wie engagiert sich die Auszubildenden bei diesem ungewöhnlichen Projekt einbringen: "Das ist alles sehr beeindruckend!" Er möchte aber auch Mitarbeiterinnen wie der besagten Abteilungsleiterin danken, der er am Montag das mit den "ein, zwei Stunden" gesagt hatte: "Denn nebenbei läuft bei uns ja auch noch der ganz normale Geschäftsbetrieb!"

So könnt ihr helfen

Spenden Wer die Hilfstransporte von Schumacher Packaging unterstützen möchte, kann seine Spenden vorerst noch bis Freitag, 4. März, direkt am Werk in Ebersdorf bei Coburg (Friesendorfer Straße 2) vorbeibringen. Bis zum Donnerstag, 16 Uhr, gibt es auch in Coburg eine Annahmestelle, und zwar am Stocke-Stadion in der Wiesenstraße. Wenn dort niemand zur Entgegennahme vor Ort ist, bitte die in Kartons oder Tüten verpackten Spenden vor dem Hausmeisterbüro ablegen. An dieser Annahmestelle bringen sich auch der FC Coburg sowie der benachbarte TV 48 Coburg ein. Die Firma Schumacher, die ein Partner vom FC Coburg ist, bringt die Spenden zum Zwischenlager nach Ebersdorf. Angesichts des enormen Spendenaufkommens haben auch schon ehrenamtliche Helfer des FCC zwischendurch Transportfahrten nach Ebersdorf übernommen. Folgendes wird aktuell benötigt: trockenes Essen, Konserven, Babynahrung, Hygieneprodukte aller Art, Schlafsäcke, Decken, Taschenlampen, Batterien, Powerbanks. Achtung: Kleidung und Spielsachen sind bereits mehr als genug vorhanden und werden deshalb - vorerst - nicht mehr benötigt.