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Revue in Coburg: Wer stirbt, ist ja selber schuld


Autor: Dr. Carolin Herrmann

Coburg, Mittwoch, 17. Oktober 2018

"Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss" ist eine Revue über einen brutalen Tanzwettbewerb bis zum Umfallen am Landestheater Coburg.
Tanzen bis zum  Umfallen am Landestheater Coburg. Sebastian Buff


Die nächste große Produktion des Landestheaters ist eine Gratwanderung. Am Samstag bringt Schauspielchef Matthias Straub ein Stück mit brutalem Titel heraus, "Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss" nach dem Roman von Horace McCoy aus dem Jahr 1935, auch verfilmt 1969 von Sydney Pollack, mit Jane Fonda in der Hauptrolle. Der zynische Tanzmarathon bis zum Umfallen, durchaus auch bis zum Tod, dargestellt über die tragischen Geschichten der Teilnehmer, wird in einer Art Revue gleichzeitig mit musikalischer Live-Unterhaltung vermittelt, durch den mitspielenden Coburger Chor Unerhört unter Leitung von Antoinetta Bafas.

In der Not der 30er Jahre, es herrscht weltweit Wirtschaftskrise, lassen sich in Amerika verzweifelte junge Menschen auf einen zynischen Wettbewerb ein, einen Tanzmarathon bis zum Umfallen. Das gab es übrigens tatsächlich. Ein Preisgeld in Höhe von 1500 Dollar lockt, und warme Mahlzeiten. Nur alle zwei Stunden gibt es eine zehnminütige Pause für die Teilnehmer. Wer zu Boden geht, hat 30 Sekunden Zeit, wieder auf die Beine zu kommen. Unter den verzweifelten Glücksuchern finden sich auch Gloria und Robert (dargestellt von Alexandra Weis und Thomas Kaschel).

Pure Sensationsgier

Das Ganze wird als perfide Vergnügungsshow für Tausende von Besuchern aufgezogen. Die Tanzenden werden schonungslos vorgeführt.

Mit den Minibiografien, die bei diesem Tanzmarathon aufblitzen, will Matthias Straub ein Gegenbild zum heiteren Cole Porter-Musical "High Society" der letzten Spielzeit aufrichten, jetzt die Verlierertypen in den Mittelpunkt stellen. Gemäß dem vom neuen Intendanten Bernhard F. Loges ausgegebenen Spielzeitmotto, Empathie, Mitgefühl für den Nächsten in unserer Gesellschaft zu fördern. "Genau das brauchen wir heutzutage."

Wobei Straub mit dieser Produktion nicht das Gesellschaftspolitische an sich im Blick hat, sondern das elementar Zugrundeliegende, die Fähigkeit, auf den einzelnen zu blicken, Anteil zu nehmen, sich berühren zu lassen. Straub nimmt sogar das altmodische Wort von der Herzensbildung in den Mund. "Das Stück ist eine Parabel auf die Verrohung der Gesellschaft." Und die Gratwanderung liegt darin, die Tragik der Figuren in dem ja doch unterhaltsamen musikalischen Rahmen spürbar werden zu lassen.

Swing und Jazz der 30er

Die Zusammenarbeit mit dem Chor Unerhört hat nach "Kohlhiesels Töchter" und "Wie im Himmel" einen eigenen Stellenwert am Landestheater erhalten. Straub will diesmal nicht nur musikalische Beteiligung, sondern dass ein Chor live unmittelbar Bühnenmusik produziert, weshalb nicht nur aufwendig passende musikalische Titel, Swing und Jazz der 20er und 30er Jahre, ausgesucht, einstudiert, mit Überleitungen versehen wurden. Der Chor hat an anderer Stelle auch für atmosphärischen Soundteppich zu sorgen.

Ist das nicht zu viel für einen Laienchor? Erstens kennen wir den Anspruch von Chorleiterin Antoinetta Bafas, und zweitens sei es gerade die Individualität und Natürlichkeit der Chormitglieder, die ihre besondere Qualität ausmachten. Der Chor muss übrigens auch viel tanzen, von Julia Grunewald extra geschaffene neue Choreografie zu dem Stück. Es gebe auch sehr viel tänzerisch Schönes zu sehen, verspricht Straub.

Der Chor Unerhört spielt also direkt mit. Antoinetta Bafas am Klavier als musikalische Leiterin und drei weitere Musiker (Bass, Schlagzeug und ein Bläser mit diversen Instrumenten) werden als Tanzband direkt auf der Bühne agieren.

Landestheater Coburg Horace McCoy "Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss". Schauspiel nach dem gleichnamigen Roman von Horace McCoy. Inszenierung Matthias Straub, musikalische Leitung Antoinetta Bafas, Bühne Gabriele Wasmuth, Kostüme Carola Volles, Choreografie Julia Grunwald, Dramaturgie Carola von Gradulewski.

Darsteller Rocky Gravo, Conferenciér: Nils Liebscher.

Socks Donald, sein Assistent, Stephan Mertl. Rollo Peters, ein Kampfrichter:Thomas Straus. Gloria Beatty: Alexandra Weis. Robert Syverten: Thomas Kaschel. Alice Le Blanc: Eva Marianne Berger. Guy Duke: Alexander Tröger. Ruby Bates: Solvejg Schomers. James Bates: Valentin Kleinschmidt. Harry Klein, ehemaliger Seemann: Niklaus Scheibli. Mary Hawley: Kerstin Hänel. Schiedsrichter: Marten Straßenberg. Hausmeister/Pfleger: Boris Stark. Mrs Layden: Christa Fedder. Chor Unerhört, Statisterie, Band

Premiere Samstag, 20. Oktober,

19:30 Uhr, Großes Haus