Regiomed-Kliniken am Anschlag
Autor: Simone Bastian
LKR Coburg, Mittwoch, 01. Dezember 2021
Die Regiomed-Kliniken kommen kaum noch mit der Corona-Lage klar, Krebs-Operationen müssen wohl bald verschoben werden, Patienten mit schlechter Prognose kommen vereinzelt schon nicht mehr auf die Intensivstation.
Manche müssen sie schon sterben lassen...
Geschäftsführer großer Unternehmen und Ärzte sind es gewohnt, auch unter Druck die Dinge sachlich und nüchtern zu schildern. Sie nennen Zahlen: Stand Mittwoch 206 Corona-Patienten in den Regiomed-Kliniken in Thüringen und Franken, davon 14 auf der Überwachungs- und 25 auf der Intensivstation, 17 davon an Beatmungsgeräte angeschlossen. "Das ist momentan schon ziemlich heftig", sagt Regiomed-Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke, immer noch sachlich.
Junge Patienten
Und: "Das Durchschnittsalter ist erschreckend niedrig." Waren es in den ersten Corona-Wellen noch die Betagten, die die Intensivstationen füllten, so liegt jetzt das Durchschnittsalter der elf Corona-Patienten auf der Coburger Intensivstation bei 53 Jahren. "Der jüngste Patient ist 33 Jahre alt", sagt Coburgs Ärztlicher Direktor Dr. Georg Breuer. "Einer unserer beiden schlimmstkranken Patienten", ergänzt Dr. Claus Steppert, Chef des Coburger Lungenzentrums. Der 33-Jährige hänge an der Herz-Lungen-Maschine. Ein 43-jähriger Patient gar schon seit drei Wochen. Beide waren nicht geimpft.
Ungeimpfte
"Um die 90 Prozent der Corona-Patienten sind ungeimpft", sagt Schmidtke, der Kaufmann, und wieder ist es Steppert, der Arzt, der die Zahlen ergänzt: Die Impfung gegen Sars-Cov-2 schütze zu 90 Prozent vor einem schweren Verlauf, zu 75 Prozent vor einer symptomatischen Erkrankung. Ein Drittel der Geimpften infiziere sich und gebe das Virus weiter. "Das die Impfung nichts bringt, ist vollkommen falsch", sagt Steppert nahezu beschwörend. Aber weil auch die Geimpften das Virus weitertragen können, sollten auch sie die allgemein geltenden Schutzmaßnahmen einhalten.
"Die meisten Patienten sind nicht geimpft", bestätigt auch Dr. Christoph Sommer, der Pandemiebeauftragte im Klinikum Lichtenfels. "Die betagten Patienten und die mit hohen Risikofaktoren, die geimpft sind, haben günstigere Krankheitsverläufe." Überhaupt sei es so, dass viele der geimpften Patienten, die nun auf einer der Stationen liegen, eigentlich wegen einer anderen Erkrankung im Klinikum seien.
Betten stillgelegt
In Kliniken, die nicht nur das zweite Jahr gegen Corona kämpfen, sondern inzwischen auch unter erschwerten Bedingungen: Es fehlt Personal, hauptsächlich durch Krankheit, wie die Regiomed-Vertreter sagen. In Coburg seien zwei Stationen mit 64 Betten gesperrt, in Lichtenfels 49 Betten, in Hildburghausen 30 und in Sonneberg und Neuhaus zusammen 62, berichtet Schmidtke. Coburg hat zwei Operationssäle, das Herzkatheterlabor und einen Saal für ambulante Operationen vom Netz genommen - auch, weil seit Mittwoch die beiden Kliniken in Coburg und Lichtenfels nur noch Operationen durchführen dürfen, die sich gar nicht mehr verschieben lassen. Das hat die Regierung von Oberfranken so bestimmt. Außerdem mussten zusätzliche Betten für Covid-19-Patienten zur Verfügung gestellt werden. Das Klinikum Neustadt, eigentlich vor allem geriatrische Reha-Klinik, musste acht Betten einrichten.
Physiotherapeuten in der Pflege
Das hilft, sagen die Ärzte. Genauso wie der Einsatz der Bundeswehr in den Kliniken Coburg und Lichtenfels. Hoch diszipliniert, hoch motiviert, hoch engagiert seien die jungen Männer und Frauen, loben Schmidtke und Dr. Klaus Post, Pandemiebeauftragter am Klinikum Coburg: 25 Soldatinnen und Soldaten sind in Coburg im Einsatz, oder, wie Schmidtke rechnet: 50 helfende Hände. "Das ist nicht nur die Hand, die hilft, sondern auch das psychologische Moment, dass jemand da ist", sagt Post. Er hätte auch sagen können: Die Soldaten sind den Pflegekräften gewissermaßen ein Trost.