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R 33 aus dem Verkehr gezogen


Autor: Simone Bastian

Coburg, Freitag, 02. Oktober 2015

Zwei Jahre lang bewährte sich der in Coburg entwickelte Kraftstoff im Großversuch. Nun sind die Ergebnisse ausgewertet und R 33 aus den Zapfsäulen verschwunden. Denn er rechnet sich nicht - zumindest im Moment.
Vorbei: R33 ist vorläufig aus den Zapfsäulen einer Coburger Tankstelle verschwunden. Damit sich die Herstellung rechnet, müsste der in Coburg entwickelte Kraftstoff an mehr Tankstellen verfügbar sein.


Ein Dieselkraftstoff, der zu einem Drittel aus regenerativen Stoffen besteht und 17 Prozent weniger Kohlendioxid (CO 2 ) ausstößt: Den gab es zwei Jahre lang nur in Coburg. Hier wurde der an der Hochschule entwickelte Kraftstoff im Großversuch getestet, und auch so mancher privater Autofahrer beteiligte sich daran. Denn der "R33" (so benannt wegen der 33 Prozent regenerativen Bestandteile) wurde ganz normal an der Walther-Tankstelle in der Raststraße verkauft.

Nun nicht mehr. Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt Jürgen Lobig, Geschäftsführer des in Schweinfurt ansässigen Kraftstoffunternehmens. "In erster Linie ist es ein wirtschaftliches Problem." Denn für R33 muss normaler Diesel mit mehreren Komponenten vermischt werden, in erster Linie Biodiesel und hydrierte Pflanzenöle (HVO).
Diese Öle sind teurer als Diesel aus Rohöl, das nur irgendwo gefördert werden muss, sagt Sebastian Dörr von

der Firma Lubtrading, die ebenfalls an dem Großversuch beteiligt war. Außerdem ist herkömmlicher Diesel gerade verhältnismäßig billig. Aber weder Lobig noch Dörr können beziffern, um wie viel R33 bei den Gestehungskosten teurer ist, weil das von weiteren Faktoren wie der Treibhausgasreduzierungsquote abhängt, wie Dörr erläutert.

Bis 2020 soll der Treibgasausstoß im Straßenverkehr um mindestens sechs Prozent reduziert werden. Deshalb wird allen Kraftstoffen ein gewisser Anteil Biokraftstoff beigemischt, sei es Biodiesel (sieben Prozent im normalen Diesel) oder Ethanol (im Benzin). Treibstoffe, die diese Treibhausgasreduzierungsquote übererfüllen, können (grob gesagt) auf andere, schlechtere, angerechnet werden. Wer also viel R33 in Verkehr bringt, kann auch mehr normalen Diesel verkaufen. Nur: "Das setzt voraus, dass es ein großes Netz gibt", sagt Dörr. Mittelständische Unternehmen wie Walther würden da schnell an ihre Grenzen kommen.

"Der Versuch war sehr, sehr erfolgreich", betont Jürgen Lobig. Aber der Großversuch wurde finanziell unterstützt: 1,1 Millionen Euro trugen allein die beteiligten Unternehmen, "die das aus Imagegründen getan haben", wie Lobig sagt. "Schade ist, dass der Verbraucher nicht bereit ist, für die an sich gute Idee mehr zu bezahlen."


Auf Industrie angewiesen

Doch Professor Jürgen Krahl und seine Mitstreiter wollen so schnell nicht aufgeben. Der Vorstandsvorsitzende des Technologiezentrums Automotive Coburg (TAC) und treibende Kraft hinter der Entwicklung von R33 betont: "Wir sind in intensiven Verhandlungen mit den sogenannte Kraftstoffinverkehrbringern." Denn für R33 muss eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut werden; der Kraftstoff muss gemischt, überwacht und ausgeliefert werden, und all das kostet Geld. Krahl und Dörr setzen deshalb auch auf die Politik: Die müsse Rahmenbedingungen schaffen, dass R33 (und andere neue Kraftstoffe) zur Marktreife gelangen können. Deshalb wirbt Krahl bei Politikern und Industriepartnern unermüdlich für eine "Kraftstoffmodellregion" in Oberfranken, um eine Infrastruktur aufbauen zu können, die sich auch rechnet. "Wir wollen nicht nur eine Tankstelle."

Parallel dazu arbeiten Krahl und seine Forschungsgruppe daran, wie der Bio-Anteil im Kraftstoff weiter erhöht werden kann, ohne die Umwelt zu belasten oder dem Nahrungsmittelanbau Konkurrenz zu machen. "Wir haben nun einen Partner gefunden, der hydrierte Pflanzenöle auf Holzbasis liefern kann." Bei HVO aus Holz "haben wir keine Nahrungsmittelkonkurrenz". Mit HVO aus Alge und Hefe hat Krahl bereits experimentiert. Diese Grundstoffe wären sogar noch besser: "Dort haben wir keine Nahrungsmittelkonkurrenz und keine Flächenkonkurrenz." Denn auf Dauer, hofft Krahl, spielt der Nutzen für die Umwelt die Hauptrolle.

Die HUK-Coburg beteiligte sich mit ihren Dienstfahrzeugen an dem Großversuch und bewertet ihn positiv, sagt Pressesprecher Holger Brendel: "Wenn das Produkt marktreif wäre, könnten wir uns vorstellen, unsere Dienstfahrzeuge dauerhaft damit zu betanken. Für uns ist der Umweltaspekt der ausschlaggebende Punkt."