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Pures Mozart-Glück im Landestheater


Autor: Gerhard Deutschmann

Coburg, Dienstag, 14. April 2015

Kein Dirigent wünscht sich die kurzfristige Absage eines Solisten. Dass aber eine krankheitsbedingte Programmänderung zum ganz besonderen Erlebnis werden kann, beweist die Klarinettistin Annelien van Wauwe in Coburg.
Gefeierte Solistin in Mozarts A-Dur-Klarinettenkonzert war Annelien van Wauwe. Foto: Jochen Berger


Höchstwahrscheinlich stammt der Choral St. Antoni nicht von Joseph Haydn, dennoch heißen die Variationen, die Brahms über dieses Thema geschrieben hat, Haydn-Variationen. Mit ihnen begann das letzte Sinfoniekonzert dieser Saison im Landestheater weihevoll.


Nachdem die Holzbläser das Thema schlicht vorgestellt haben, wird es gleich mit der 1. Variation echt "brahmsisch". Hier und in den folgenden sieben Variationen sowie einem gewichtigen Passacaglia-Finale beleuchtet Brahms das eingängige Thema in den unterschiedlichsten Stimmungen und Farben. Unter der präzisen und sorgsam gestaltenden Leitung von Roland Kluttig musizierte das Philharmonische Orchester klanglich geschlossen und ausdrucksvoll.

Ein schöner Auftakt zu einem Konzert, das noch mit mehreren Überraschungen aufwarten sollte.


Eine davon war das unerwartete Geschenk eines der schönsten Instrumental-Konzerte überhaupt in Gestalt des Konzerts A-Dur für Klarinette und Orchester KV 622 von Wolfgang Amadeus Mozart. Eigentlich sollte an dieser Stelle das selten gespielte Doppelkonzert für Klarinette, Viola und Orchester e-Moll von Max Bruch stehen. Doch die kurzfristige Erkrankung des Bratschen-Solisten Amihai Grosz machte eine Programmänderung erforderlich. Die "verbliebene" Solistin Annelien van Wauwe hatte natürlich diese musikalische Perle "drauf" und bescherte den Zuhörern mit unfehlbarer Technik, modulationsfähigem Ton und temperamentvoller Gestaltung einen unvergesslichen Kunstgenuss.


Überirdisch schönes Adagio


Sei es der beschwingte Kopfsatz, das überirdische Adagio oder das quicklebendige Rondo-Allegro - alles kam mit großer Musikalität und Natürlichkeit, woran auch das unter Roland Kluttig differenziert und duftig begleitende Orchester gebührenden Anteil hatte. Es gab anhaltenden Beifall und Bravorufe für die sympathische Solistin.
Hans von Bülow nannte einst Brahms" "Erste" Beethovens "Zehnte". Arnold Schönbergs Bearbeitung des Brahmsschen Klavierquartetts g-Moll von 1937 wurde scherzhaft auch als Brahms" "Fünfte" bezeichnet.


Überlegener Klangregisseur


Beide Komponisten lebten in Wien (Schönberg war 23 Jahre alt, als Brahms starb), der Name Schönberg hat Brahms freilich noch nichts gesagt. Die aufwändige Bearbeitung (auch in gewissem Sinne eine "Brahms-Variation"), schwelgerisch, bisweilen etwas dick orchestriert, zeugt von der großen Verehrung des Jüngeren; sie dominiert in dem effektvollen, feurigen Zigeunertanz, den das Orchester wie alles klanglich glänzend und virtuos bewältigte, wobei Roland Kluttig als überlegener Klangregisseur alle Register zog.


Auch hier gab es enthusiastischen Beifall und Bravi, worauf dem Dirigent nur die Möglichkeit einer Zugabe aus dem Schluss des Rondos alla Zingarese blieb.



Die nächsten Konzerte im Landestheater


Kinderkonzert Prokofjew "Peter und der Wolf", Niklaus Scheibli (Sprecher), Philharmonisches Orchester, Leitung: Anna-Sophie Brüning, 19. April, 11 Uhr, Landestheater Coburg

Kinderkonzert "Die Querkel vom Staffelberg" - Werke von Johann Nepomuk Hummel und Felix Mendelssohn-Bartholdy; Philharmonisches Orchester, Leitung: Anna-Sophie Brüning; 3. Mai, 11 Uhr, 7., 8. Mai, 10 Uhr, Spiegelsaal Landestheater Coburg

Barockkonzert "Bürger als Edelmann" - Werke des französischen Barock und von Richard Strauss, Philharmonisches Orchester, Letung: Georg Kallweit und Roland Kluttig - 20. Juni, 20 Uhr, Landestheater