Plüsch-Sandmännchen kommt aus Neustadt
Autor: Thomas Heuchling
Neustadt bei Coburg, Samstag, 16. März 2013
Die Firma Heunec verkauft Plüschtiere in allen Formen und Farben. Das Knowhow und die Ideen kommen aus Deutschland, aber die Produktion muss in Asien stattfinden.
Große Bären, angriffslustige Tiger und andere Tiere schauen den Besucher von allen Seiten an. Aber vor Kratzern oder Bissen muss man sich hier nicht fürchten. Denn die Tiere sind mit Polyesterwatte gefüllt und außen aus Plüsch. Im Kuschel-Shop der Firma Heunec in Neustadt reihen sich Tiere aller Arten neben den Helden aus Kindheitstagen und aktuellen Figuren aus der Welt der Animationsfilme und des Kinderfernsehens.
"Die Lizenz für das Sandmännchen haben wir seit 1994, also feiern wir nächstes Jahr mit ihm Geburtstag.
Er wird 55 und unsere Lizenz 20 Jahre alt", sagt Geschäftsführer Heinz Dransfeld. Neben dem bärtigen Sandmännchen, das Generationen von Kindern ins Bett gebracht hat, steht die Biene Maja mit ihren Freunden und ein Stück weiter Eisbär Flocke aus dem Nürnberger Zoo - Erinnerungen gebannt in Plüsch und Watte. Begonnen hat Heunec 1891 im thüringischen Sonneberg.
Für die Lizenzen berühmter Figuren aus Kino und Fernsehen, wie dem gestiefelten Kater oder Urmel aus dem Eis, muss sich Heunec bewerben und gegen andere Firmen durchsetzen. Neben dem Lizenzgeschäft haben die Neustädter noch zwei weitere Geschäftszweige. "Hund, Bär und Katze haben wir natürlich auch im Sortiment", sagt Geschäftsführerin Barbara Fehn-Dransfeld. Sie meint damit alle möglichen Tiere, die jeder als Kuscheltier zu Hause hat. "Ein gesunder Mix aus allen drei Zweigen ist wichtig", ergänzt Fehn-Dransfeld.
Mehr Kreativität und Entwicklergeist erfordert da schon der dritte Geschäftszweig. Ein Beispiel ist die Verbindung von Plüschtieren mit Murphys-Gesetz. "Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen", so lautet die Lebensweisheit des amerikanischen Ingenieurs Edward Murphy, die unter dem Begriff Murphys-Gesetz auf der ganzen Welt bekannt ist. Die Umsetzung dieses philosophischen Gedankens in Plüsch ist der mit Pflastern und Narben bedeckte Esel Murphy, der immer Pech hat, aber stets optimistisch ist. Eine von den eigenen Produkt-Serien - der dritte Geschäftszweig - der mal als Liebesbotschafter oder Überbringer von Glückwünschen zur Hochzeit daher kommt.
"Kreativität, Design und Qualität ist das, was uns im globalen Markt auszeichnet. Würden wir den Murphy in Deutschland produzieren, dann kostet der rund 100 Euro", sagt Heinz Dransfeld. Deshalb produziert seine Firma in China. "Wir haben unsere Produktion nicht freiwillig nach Asien verlagert, der Markt gibt die Preise vor", sagt Fehn-Dransfeld. Die Plüschtiere aus Fernost kommen mit dem Schiffscontainer aus Asien im Hamburger Hafen an und von dort nach Neustadt.
"Wir arbeiten ausschließlich mit kleineren Firmen in Asien zusammen und besuchen die Fabriken sechs- bis siebenmal im Jahr", sagt Fehn-Dransfeld. Heinz Dransfeld ergänzt: "Man bekommt ein Gefühl dafür, wo es passt." Er meint damit die Produktionsbedingungen und Umweltstandards in asiatischen Ländern, die immer wieder für Skandale sorgen. Heunec wirbt in seinem Katalog damit, dass seine chinesischen Lieferanten ICTI oder BSCI zertifiziert sein müssen.
Beide Verbände setzen sich für sozialverträgliche Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten sowie gegen Kinderarbeit und Diskriminierung ein. In Sachen Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit setzt Heunec auf das ISO 9001-Zertifikat. "Unsere Kunden und der Endverbraucher legen immer mehr Wert auf umwelt- und sozialverträgliche Produkte. Das wird in Deutschland gefordert", erklärt Heinz Dransfeld.
Aber trotz der Produktion in Asien, sind in Neustadt 33 Mitarbeiter beschäftigt. "Sechs davon sind produktive Arbeitskräfte mit Spezialaufgaben", erklärt Fehn-Dransfeld. Einer von ihnen ist der 50-jährige Sonneberger Rainer Popp. Er schneidet gerade den Stoff für einen grünen Sitzsack zurecht, der später mit Styropor gefüllt wird. Schnell rollt Popp die Stoffrolle aus , macht sie mit großen Klammern am Tisch fest und schneidet mehrere Meter ab. Danach legt er verschiedene Schablonen auf und umrandet diese mit einem Stift.
"Hauptsächlich arbeiten wir hier an Entwicklung, Konzepten und Vertrieb. Aber handwerkliche Arbeiten sind auch möglich, zum Beispiel wenn bei den Qualitätskontrollen mal etwas nicht stimmt", erklärt Dransfeld. In einem mit großen Fenstern abgetrennten Raum sitzt die 57-jährige Christine Gaedtke. Auf ihrem Tisch liegt ein alter ramponierter Plüschelefant. Neben anderen Aufgaben ist sie so etwas wie ein Kuscheltier-Doktor. "Ich bin seit 21 Jahren in der Firma und das immer mit viel Freude", sagt die Sonnebergerin. Sie schneidet ein Stück karierten Stoff zurecht und nimmt das Plüschohr des Elefanten in die Hand.
An einer Nähmaschine verbindet Gaedtke beide mit einem Faden. Noch ein paar Arbeitsschritte mehr und der alte Elefant ist wieder fast wie neu. "Manche Leute rufen an oder bringen uns alte Plüschtiere vorbei, die wir dann reparieren", sagt Dransfeld. Zu Hause bei den Geschäftsführern sieht es zwar nicht so aus, wie im Fabrikverkauf des Kuschel-Shops, aber Plüschtiere gibt es auch dort. "In jedem Zimmer sitzt ein Kuscheltier, aber die wechseln mit der Zeit", sagt Fehn-Dransfeld.
Aber jetzt müssen die beiden sich erst einmal um einen verschollenen Container mit Plüschtieren kümmern. Denn der hängt durch das Schneechaos der vergangenen Tage im Hamburger Hafen fest.