Pinocchios Abenteuer in der Coburger Reithalle
Autor: Jochen Berger
Coburg, Sonntag, 04. Mai 2014
Regisseurin Leila Müller bringt die Geschichten rund um die zum Leben erweckte Holzpuppe in Coburg auf die Bühne. Carlo Collodis Erzählungen erscheinen dabei in ihrer Inszenierung in einem ganz neuen Licht.
Dieses Zimmer ist ein wahr gewordener Kindertraum. Spielzeug, wohin das Auge blickt. Plüschtiere bevölkern Bett und Ablagen, ein leuchtender Globus holt die große weite Welt hinein ins kleine Heim von Maxl und seinem Vater. Und was dann vielleicht doch noch fehlen sollte, zaubert die Macht der Fantasie ganz einfach herbei.
Freche Holzpuppe
Die Macht der Fantasie - darum geht es im neuen Kinderstück des Landestheaters, das in der Reithalle Premiere feierte. "Pinocchio" steht auf dem Programmzettel. Doch eigentlich sind die unverwüstlich populären Erzählungen von Carlo Collodi mit der frechen Holzpuppe nur der äußere Anlass.
Sie werden zur Geschichte in der Geschichte.
Im Bauch des Wals
Die junge Regisseurin Leila Müller und Dramaturg Georg Mellert benutzen die Abenteuer Pinocchios, um damit eine ganz andere Geschichte zu erzählen. Die handelt vom kleinen Maxl, der einfach nicht einschlafen will und seinen Vater fast zur Verzweiflung treibt. Um Maxl dennoch endlich ins Bett zu locken, erzählt der Vater von Pinocchio und seinen Begegnungen mit Fuchs und Kater. Pinocchio bricht auf ins wundersame Spielzeugland und findet sich schließlich mit Geppetto im Bauch des Wals wieder.
Reichlich Stoff also für ein flott erzähltes Kinderstück. Ausstatterin Susanne Wilczek hat dazu ein kunterbuntes Kinderzimmer auf die Bühne der Reithalle gestellt, in dem sich die beiden Darsteller Alexander Peiler und Thomas Straus gleich in jeweils mehreren Rollen so richtig austoben können. Als Maxl spielt Peiler den Jungen, der einfach nicht einschlafen will und immer wieder einen neuen Vorwand findet, um nicht doch noch ins Bett geschickt zu werden. Und als Pinocchio führt er mit großem Bewegungstalent sehr anschaulich vor, wie in die von Geppetto geschaffene Holzpuppe nach und nach Leben einkehrt, wie Arme und Beine Beweglichkeit gewinnen.
Wandlungsfähige Darsteller
Große Wandlungsfähigkeit beweist auch Thomas Straus nicht nur als Vater und Geppetto, sondern auch als Grille und Puppenspieler. Einfühlsam führt Regisseurin Leila Müller die beiden Darsteller in ihren vielen Rollen. Geschickt ausgewählte Musikstücke und eine sorgfältige Beleuchtungsregie helfen dabei, die vielen Verwandlungen nachvollziehbar werden zu lassen.
Am Ende der ereignisreichen knappen Stunde hat der geplagte Vater dann geschafft, was er von Anfang an versucht hat - er hat seinen Sohn endlich zum Einschlafen gebracht. Das Publikum aber bleibt bis zum Schluss hellwach und spendet schließlich ausdauernd Beifall.
Die Geschichte einer sprechenden Marionette
Pinocchio ist die wohl berühmteste Puppe der Welt. Erfunden hat sie der italienische Autor Carlo Collodi: Ab 1881 erschienen Pinocchios Abenteuer als Fortsetzungserzählung in einer italienischen Tageszeitung. Die sprechende Marionette erfreute sich schnell einer solchen Beliebtheit bei den Lesern, dass Collodi von einer riesigen Protestwelle überrollt wurde, als er Pinocchio in einer Episode sterben lassen wollte. Schnell wurde der kleine Holzmann wiederbelebt und trat seinen literarischen und filmischen Siegeszug um die Welt an: Zahlreiche Schriftsteller adaptierten den Stoff, 1940 schuf Walt Disney seinen berühmten Zeichentrickfilm.
Produktion Inszenierung: Leila Müller; Bühnenbild und Kostüme: Susanne Wilczek; Dramaturgie: Georg Mellert
Termine 5., 6., 7. Mai, 10 Uhr, 7., 8. Juni, 15 Uhr, 11. Juni, 10 Uhr, 12. Juni, 15 Uhr, am 25. Juni zum letzten Mal; Wiederaufnahme in der Saison 2014/2015.