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Per Anhalter durch die Gemeinde: Mitfahrbänke in Ebersdorf bei Coburg


Autor: Jutta Rudel

Ebersdorf, Montag, 21. Januar 2019

In der Gemeine Ebersdorf sollen im Frühjahr 2019 zwölf Mitfahrbänke stehen. Besonders Senioren sollen davon profitieren - diese sind aber skeptisch.
In den werkstätten der Diakonie Neuendettelsau in Himmelkron werden die bunten Mitfahrbänke hergestellt.  Auch Ebersdorf bei Coburg erhält ein Set der speziell gestalteten Bänke.Thomas Schaller


Mal schnell zum Einkaufen in den Nachbarort fahren ist für viele Senioren im ländlichen Raum gar nicht so leicht. Die sogenannten Mitfahrbänke sollen Abhilfe schaffen. Auch die Gemeinde Ebersdorf will neben den bereits bestehenden öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Seniorenbus ihr Mobilitätsangebot erweitern. So sollen, wie Sozialmanagerin Diana Faber berichtet, im Frühjahr 2019 zwölf Bänke im Gemeindegebiet aufgestellt werden. Das Konzept stellte sie erstmals den Senioren im Awo-Bürgertreff Ebersdorf vor.

Ein simples Konzept

Danica Faber setzte die Mitfahrbank vom Prinzip her mit dem des Trampens gleich, "bloß nicht über eine weite Distanz, sondern im Ort." Statt sich an den Straßenrand zu stellen und den Daumen zu strecken, können sich die Senioren gemütlich auf die Bank setzen. Zuvor müssen sie über den Schilderständer noch ihren Zielort auswählen. Ein Autofahrer, der gerade auf den Weg dorthin ist, kann dann spontan anhalten und den Wartenden mitnehmen. "Es ist ein spontanes System, ganz simpel und ohne Technik", sagte sie.

Wie man sich das in der Praxis vorstellen kann, zeigte die Sozialmanagerin anhand eines Beitrags vom Bayerischen Rundfunk. Dieser berichtete über die bereits stehenden Mitfahrbänke im benachbarten Landkreis Kronach, speziell in dem kleinen Ort Tschirn. Der Bürgermeister Peter Klinger freut sich über das erweiterte Angebot und versichert: "Bedarf ist da". Denn die Ortschaft selbst bietet keine Einkaufsmöglichkeiten und ist von den Nachbarorten durch die wenigen Verbindungen des Nahverkehrs quasi abgeschnitten. Die Tschirner sind am neuen Angebot interessiert.

Skepsis der Bürger

Die Ebersdorfer reagierten hingegen bei der Präsentation zunächst skeptisch. So stellte eine Seniorin die Frage, ob sie stundenlang warten müsste, bis ein Auto hält. "Bei Arztterminen sollte man lieber nicht auf die Mitfahrbank vertrauen", räumte Danica Faber ein. Allerdings ist sie überzeugt, dass mehr Autofahrer anhalten, wenn sich das Konzept etabliert hat. "Aber was ist, wenn zwei Personen auf der Bank sitzen aber woanders hin wollen?", gab eine Frau zu bedenken. "Wird dann ausgeknobelt, welche Richtung angegeben wird?" Unmut machte sich breit. "Man muss schon sehr optimistisch sein, wenn man daran glaubt, dass das klappt", bemerkte ein Mann.

Schon grundsätzlich bereite ihnen das Trampen Sorgen: "Ich steige nicht bei jemand Fremden mit ins Auto", machte eine Bürgerin deutlich und erhielt dafür viel Zuspruch.

Nadine Jacob, Leiterin des Awo-Bürgertreffs, stellte klar: "Ich verstehe die Bedenken. Aber niemand ist verpflichtet, das Angebot wahrzunehmen." Sie hofft allerdings, dass sich die Senioren noch ermutigen lassen, die Chance auf mehr Mobilität zu ergreifen. "Es geht insgesamt darum, anders zu denken."

Man müsse sich darauf einlassen, damit sich überhaupt ein Netzwerk aus der Nachbarschaft bilden könne. Dann würde auch das Miteinander gestärkt werden und die Ängste schnell verfliegen. Zudem "wird noch eine Empfehlung für die Nutzung entworfen", um Probleme vorzubeugen und Bedenken zu zerstreuen.

Hintergrund zum Projekt

Die Gemeinde Ebersdorf hat bei einem Wettbewerb des Vereins Oberfranken Offensiv zwei Mitfahrbänke gewonnen, weitere Bänke wurden von der VR-Bank gespendet. In der "Werkstatt Mitfahrbänke" beteiligen sich Ehrenamtliche, um das Projekt weiter voran zu bringen. "Erst, wenn alle zwölf Bänke gesammelt wurden, werden wir sie aufstellen", sagte Danica Faber. Sie ist zuversichtlich, dass es bald soweit ist. Das Projekt würde bisher hohe Spendenbereitschaft und Unterstützung aus vielen Kreisen erhalten. Das Feedback sei durchwegs positiv.

Doch erst wenn die Bänke stehen zeigt sich, ob das Mitfahrkonzept gelingt. Es steht und fällt mit der Bereitschaft der Senioren und Autofahrer. Und falls das Projekt scheitern sollte, erfüllen die himmelblauen, wiesengrünen und feuerroten Bänke dennoch einen Zweck: Sie laden in jeder Ortschaft zum Ausruhen ein.