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Ortsumgehung Ebersdorf: Überraschungen sind noch drin


Autor: Berthold Köhler

Ebersdorf, Donnerstag, 10. Dezember 2015

Am Freitag soll mit dem symbolischen Spatenstich der Bau der Ebersdorfer Ortsumgehung begonnen werden. Landrat Michael Busch erklärt, warum sich das Projekt so lange hingezogen hat und warum es so teuer geworden ist.
Das milde Wetter ermöglicht es den Tiefbauern auf der Baustelle bei Ebersdorf, in diesem Jahr noch Fortschritte zu machen. Foto: Rainer Lutz


Nun scheint es endlich so weit zu sein: Der Neubau der Umgehung für die Kreisstraße CO 13 - das wohl langwierigste und finanziell umfangreichste Straßenprojekte in der Geschichte des Landkreises Coburg - kann beginnen. Für den Freitag jedenfalls ist der Spatenstich terminiert.
Warum sich der Bau über Jahrzehnte hingezogen hat, warum er teuer geworden ist und welche Hürden noch im Weg stehen - all dies erklärt Landrat Michael Busch im Interview.

2005 war von neun Millionen Euro Baukosten die Rede, inzwischen ist die Umgehung bei 22 Millionen Baukosten angekommen. Wo liegen die Gründe für diese Entwicklung?
Michael Busch: Bei der ersten Kreuzungsvereinbarung aus dem Jahre 1999 wurden Baukosten von 18 Millionen Mark geschätzt. Dies galt auch noch in 2005, wobei nur in Euro umgerechnet wurde.

Wegen Änderungen der Linienführung, der Brückenkonstruktionen und der allgemeinen Kostensteigerung wurden bei der Planfeststellung 2012 bereits Kosten in Höhe von 13,2 Millionen Euro berechnet. Mit Vorlage des Entwurfsheftes zur Abstimmungen mit der DB Netz AG im Jahr 2015 wurden die Planungen der drei Brückenbauwerke verfeinert. Ungünstige Baugrundverhältnisse mit hohem Grundwasserstand, geänderte Bahnrichtlinien und vor allem die Änderungen an den technischen Bahnanlagen haben die Kosten in die Höhe getrieben. Vorher waren die Änderungen an Oberleitung, Leit- und Sicherungstechnik, Bahnkommunikationsanlagen und Fahrweg nur grob geschätzt. Seit 2015 liegen uns detaillierte Kostenberechnungen vor. Allein die geplante Fußgängerunterführung in der Garnstadter Straße ist nun mit sechs Millionen Euro doppelt so teuer wie geschätzt.

2005 war auch schon davon die Rede, dass die CO 13 neu seit 15 Jahren in Planung ist. Wie kann sich ein so wichtiges Projekt derart verzögern?
Die Bündelung der Interessen der Beteiligten an dieser Maßnahme war nicht immer einfach. Mehrmals lehnte die Bahn die zu hohen Kosten ab, die Gemeinde wollte die Erschließung von Gewerbeflächen mit verwirklicht sehen und schließlich waren es auch vom Zuwendungsgeber geforderte Änderungen in der Linienführung, die unter einen Hut zu bringen waren. Die Folgen waren zahllose Umplanungen und Planänderung, die erst wieder neu abgestimmt werden mussten. So hat der Landkreis 2008 das bereits laufende Planfeststellungsverfahren zurückgezogen und 2012 erst den Beschluss für das neue Verfahren erhalten.
Welches Datum haben die ersten Ordner zur Ebersdorfer Umgehung im Landratsamt?
Ich habe mich im Fachbereich Tiefbau erkundigt: Dort sind erste Vorgänge mit festgeschriebenen Ausbauabsichten aus dem Jahr 1991 vorhanden.

Die Verhandlungen mit der Bahn - was war daran so schwierig?
Den Staatsbetrieb DB von früher als ein Ansprechpartner, den gibt es nicht mehr. Die Bahn ist heute ein Konzern aus über 200 Einzelfirmen. Das bedeutet: viele rechtlich selbstständig agierende, zum Teil auch wechselnde Ansprechpartner. Das wiederum bedeutet: Zeitaufwand und Vorlaufzeiten en masse. Konkret bestand und besteht die Koppelung einer Beteiligungszusage an die Forderung, zwei Bahnübergänge zu schließen. Dann galt es die Weigerung, die Kosten der Gesamtmaßnahme als kreuzungsbedingt anzuerkennen, zu überwinden. Deshalb musste eine zweite Planung, die Fiktivlösung, erstellt werden. Diese wäre zwar geringfügig kostengünstiger als die Reallösung, aber aus Sicht des Straßenverkehrs absolut untragbar gewesen. Auch hier musste ein Kompromiss her. Und dann haben sich 2014 auch noch viele Bahnvorschriften geändert, welche die Sicherheit des Bahnbetriebes und die Dauerhaftigkeit der Bauwerke verbessern sollen.

Warum besteht die Bahn eigentlich immer darauf, dass Übergänge geschlossen werden, ehe sie sich an der Finanzierung beteiligt?
Bahnübergänge, also höhengleiche Kreuzungen von Straße und Bahn, sind immer Gefahrenpunkte. Wenn es kracht, sind das meistens Unfälle mit Schwerverletzen oder sogar Toten. Oft ist menschliches Versagen der Grund dafür, eher selten ein technischer Defekt an den Anlagen. Den Risikofaktor Mensch kann man hier nur ausschließen, wenn er den Weg der Schienenfahrzeuge nicht mehr queren muss. Und wie auch wir als Straßenbaulastträger hat die Bahn die Verpflichtung ihren Schienenverkehr ständig sicherer zu machen. Die Schließung von Bahnübergängen ist eine effektive Maßnahme dazu.

Okay, jetzt findet der Spatenstich statt ... Und wie geht es nun weiter? Welche Termine sind schon fix?
Zunächst bauen wir die Vorsorgemaßnahme zur Umgehung. Dieser 300 Meter lange Abschnitt direkt an der B 303 dient der späteren Erschließung der Baustelle. Damit wollen wir im Juli 2016 fertig sein. Bereits im Juni ist der Baubeginn für die große Maßnahme vorgesehen. Dann wird die Straße bis zum Anschluss bei Großgarnstadt mit der Vier-Feld-Brücke über die Bahn und einer unmittelbar daneben liegenden Fuß- und Radwegunterführung begonnen. Dort planen wir mit der Verkehrsfreigabe Ende 2017. Erst wenn der Verkehr auf der Umgehung rollt, werden 2018 die Bahnübergänge bei Friesendorf und in der Garnstadter Straße geschlossen und zurückgebaut. In Ebersdorf wird dafür eine Fußgängerunterführung erstellt, sodass wir bis Ende 2018 mit der Fertigstellung der Gesamtmaßnahme rechnen.
Gibt es noch Unwägbarkeiten, die weitere Verzögerungen verursachen können?
Ja. Vor Überraschungen sind wir nicht gefeit. Beim Arbeiten an einer in Betrieb befindlichen Bahnlinie kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren. Für die problematischen Arbeiten sind Sperrpausen im Bahnverkehr erforderlich. Diese müssen über ein Jahr vorher angemeldet und können nicht verschoben werden. Wenn wir diese Zeitfenster aus irgendeinem Grund verpassen - dann steht die Baustelle. Erster Knackpunkt dabei ist die noch fehlende Finanzierungszusage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur in Bonn. Wir rechnen derzeit mit dem Eingang bis Ende Januar 2016. Sollte dies nicht klappen, müssen wir versuchen, mit der Genehmigung des vorzeitigen Baubeginns sowohl beim Bund, als auch beim Freistaat Bayern den Zeitplan zu halten.




Der lange Weg zur Ebersdorfer Umgehung



Vorläufer 1991: Planungsbeginn. - 1999: Erste Kreuzungsvereinbarung, Ablehnung der Planung durch den Bund. Die Regierung von Oberfranken fordert eine Umplanung mit Anschluss an die Autobahn.

Chronik 31. Mai 2007: Erster Planfeststellungsantrag. - 22. Oktober 2008: Herausnahme des Gewerbegebietes aus der Planfeststellung. - 18. Dezember 2008: Zurücknahme des Planfeststellungsverfahrens durch den Kreistag. - 12. Mai 2010 Übergabe der neuen Planfeststellungsunterlagen an die Regierung. - 22. Dezember 2010/3. Mai 2011: Vereinbarung mit der Gemeinde über Vorwegmaßnahme. 14. Februar 2011: Der Bebauungsplan Gewerbegebiet Ebersdorf West wird rechtskräftig. - 2. März 2012: Planfeststellungsbescheid. - 23. August 2012: Forderung einer neuen Kreuzungsvereinbarung durch die DB Netz AG. - 29. Januar 2014: Kreuzungsvereinbarung mit Fiktivkosten von 12,7 Millionen Euro, real 14,6 Millionen Euro. - 9. Juli 2015: Vorlage der Kreuzungsvereinbarung bei der Regierung von Oberfranken, geschätzte Kosten 22,3 Millionen Euro.