60 Meter lange Blutspur: Mann stirbt in Coburg - er hätte gerettet werden können
Autor: Gabi Arnold
Coburg, Freitag, 07. Juni 2019
Ein 34-jähriger polnischer Staatsbürger muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Ein Gutachter widerspricht ihm.
Im Oktober vergangenen Jahres wird ein Mann in einer Blutlache bewusstlos im Kalenderweg gefunden. Er stirbt einige Stunden später im Klinikum. Seine Identität bleibt lange unklar - die Polizei muss erst Fotos der Leiche veröffentlichen, um den Toten identifizieren zu können.
Wie ein sachverständiger Gutachter am zweiten Verhandlungstag vor der Ersten Großen Strafkammer am Landgericht Coburg aussagte, hätte der 34-jährige leicht gerettet werden können: "Die Blutung hätte man relativ einfach mit einem kräftigen Druckverband stillen können." Diese lebensrettende Maßnahme sei bis zu dem Zeitpunkt, als der 34-Jährige bewusstlos wurde, möglich gewesen, sagte der Rechtsmediziner.
Was genau an einem Samstagabend im Oktober des vergangenen Jahres in einer Wohnung im Kalenderweg passiert ist, versucht das Gericht zu rekonstruieren. Da die Beteiligten kein Deutsch sprechen, steht ein Dolmetscher zur Seite. Dennoch gestaltet sich die Vernehmung der Männer als schwierig.
Stundenlanges Saufgelage
Fakt ist, es war ein Streit unter polnischen Leiharbeitern, der letztlich tödlich endete. Bereits am Nachmittag des Tattages hatte demnach ein stundenlanges Saufgelage mit reichlich Bier und Wodka stattgefunden. Das Opfer soll eine Zufallsbekanntschaft gewesen sein, das die Polen vor einem Einkaufsmarkt getroffen und zum Zechen eingeladen haben.
Irgendwann am frühen Abend sollen der mutmaßliche Täter und das Opfer aneinandergeraten sein. Es ging wohl um unterschiedliche Meinungen zu den Fans einer Krakauer Fußballmannschaft.
Die Version des Angeklagten
Der Angeklagte gab am zweiten Verhandlungstag zu, das Opfer am Knie verletzt zu haben. Er habe sich bedroht gefühlt und deshalb ein Messer aus der Küche geholt. Dieses habe er hinter dem Rücken versteckt, dann sei er aufgrund einer Fußverletzung gestürzt und habe quasi im Sturz in das Knie des Opfers gestochen. Danach sei der Verletzte sofort aus der Wohnung verschwunden, obwohl der Angeklagte versucht haben will, ihn aufzuhalten, da dieser verletzt gewesen sei.
Dieser Version widersprach der Gutachter: Es ist demnach wahrscheinlicher, dass der getötete Mann auf einem Stuhl gegessen und das Knie zur Abwehr gehoben habe. So habe das Messer anstelle des Bauches die Schlagader des Knies getroffen.