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Norbert Kastners letzte Stadtratssitzung zur Faschingszeit


Autor: Simone Bastian

Coburg, Donnerstag, 27. Februar 2014

Fast jedes Jahr fällt eine Stadtratssitzung auf den unsinnigen Donnerstag, und jedes Mal geht Petra Schneider (SPD) auf die Jagd nach Schlipsen. Gestern hatte sich sogar der OB eine Krawatte umgebunden, auf die er verzichten kann. Für ihn ist es die letzte Sitzung zur Faschingszeit.
Die Beute: sechs Schlipse, davon einer aus Papier. Fotos: Helke Renner


Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD) beginnt im Geiste, sich vom Amt zu verabschieden. Das ließ er in der gestrigen Stadtratssitzung mehrmals anklingen. Zum Beispiel, als es um die Geschäftsordnung ging. Christian Müller (CSB) hatte beantragt, dass der Oberbürgermeister künftig seinen Urlaub dem Verwaltungssenat anzeigen muss. Anlass war die Debatte um Kastners Resturlaub: Der hatte im Januar noch 70 Urlaubstage übrig, die ausbezahlt werden sollten. Kastner verzichtete am Ende auf die rund 25 000 Euro. Aber die Debatte hatte gezeigt, dass der Stadtrat nicht darüber im Bilde war, dass der OB jahrelang nie seinen vollen Urlaub genommen hatte.

Müllers Antrag wurde in den Geschäftsgang verwiesen und wird voraussichtlich erst vom neuen Stadtrat behandelt, der am 2. Mai sein Amt antritt. Denn dann muss ohnehin eine Geschäftsordnung verabschiedet werden.

Kastners Problem ist das also nicht mehr.

Elektro oder Hybrid?

Auch der Antrag von Roland Eibl (CSU), dass die Stadt verstärkt auf Elektrofahrzeuge setzen soll, wird erst den nächsten Stadtrat beschäftigen. Bislang hätten Stadtverwaltung und die städtischen Unternehmen stets geprüft, was die wirtschaftlichste Alternative ist, erläuterte Kastner. Elektromobile seien da meist ausgeschieden, weil sie in der Anschaffung und bei den Betriebskosten teurer sind. Gleiches gelte für Gas- oder Hybridfahrzeuge.

Beim Antrag von Klaus Klumpers (ÖDP) erlaubte sich Kastner gar den väterlichen Rat, ob der Antrag wirklich richtig platziert sei. Klumpers hatte im Namen des gesamten Rechnungsprüfungsausschusses beantragt, im städtischen Haushalt 10 000 Euro für Gutachten bereitzustellen, um im Zweifelsfall klären zu lassen, ob der Rechnungsprüfungsausschuss Dinge zu Recht beanstandet oder nicht. Bisher hatten in einigen Fällen die betroffenen Ämter solche Gutachten in Auftrag gegeben, aber da seien die Fragen der Rechnungsprüfer meist nicht gewürdigt worden. Es gehe also um unterschiedliche Rechtsauffassungen, sagte Kastner. "Ich bin überzeugt, man kann das auch anders regeln."

Gutachten abgearbeitet

Zu Sitzungsbeginn musste die Verwaltung Anfragen beantworten. So hatte sich Friedrich Herdan (CSU) nach dem Erfolg der Sparbemühungen erkundigt. Er hatte außerdem wissen wollen, inwieweit das Spargutachten aus dem Jahr 2011 umgesetzt wurde. Nur zum Teil, erläuterte Kämmerer Wilhelm Austen. Zwar habe der Stadtrat auf Basis des Gutachtens Einsparungen vorgenommen, aber die lagen weit unter dem, was die Gutachter vorgesehen hatten. So betrugen die Einsparungen 2013 rund 2,8 Millionen Euro - das Gutachten hatte hier 4,5 Millionen Euro für möglich gehalten.

Allerdings, so ergänzte OB Kastner, habe sich bei der Auswertung des Gutachtens gezeigt, dass die Experten in manchen Fällen von falschen Voraussetzungen ausgingen. Er erinnerte an die vorgeschlagenen Kürzungen bei der Gleichstellungsstelle. Da sei nicht berücksichtigt worden, dass die Gleichstellungsbeauftragte nicht nur verwaltungsintern wirken solle, sondern auch öffentlich. Bei den Feuerwehren sollte ein eigenes Spargutachten in Auftrag gegeben werden - mit dem Erfolg, dass nun womöglich weitere Anschaffungen anstehen. Andere Vorschläge wie die Erhöhung der Sporthallengebühren für Vereine, seien aus politischen Gründen nicht umgesetzt worden, berichtete Kastner. Alles sei jeweils nach vorheriger Beratung in der "Sparkommission" geschehen, sagte Austen. Dieser Kommission gehört Friedrich Herdan nicht an - sie besteht aus den Mitgliedern des Finanzsenats.

Aber auch, wenn Kastner sich im Geiste schon aus dem Amt verabschieden sollte - die Würde des Amts hat er noch fest im Blick. So blitzte Stadträtin Petra Schneider (SPD) bei ihrer Weiberfastnacht-motivierten Jagd nach Schlipsen erst mal ab: Erst wolle er die Vereidigung der neuen Stadträtin Franziska Bartl vornehmen, sagte Kastner. "Abgeschnittene Krawatte und Amtskette - das verträgt sich nicht." Bartl rückt für Carl-Christian Dressel nach, der berufsbedingt aus Coburg weggezogen ist. Bartl wird die SPD-Fraktion im Verwaltungssenat vertreten, Martin Ruggaber wechselt dafür in den Bausenat. Thomas Nowak wird Mitglied der Coburger Landesstiftung und des Aufsichtsrats der Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz.

Kastners Krawatte war dann in der Sitzungspause nach der Vereidigung fällig. Schon vor der Sitzung hatte Petra Schneider sechs Schlipse erbeutet - allerdings nur solche, deren Besitzer sich darauf eingestellt hatten. Einige Stadträte hatten die Krawatten vor der Saaltür abgenommen, andere waren von vornherein auf Rollkrägen umgestiegen. Andreas Gehring (SPD) hatte eine scherenschonende Variante gewählt: Sein bunt bedruckter Schlips war aus Papier.