Druckartikel: Norbert Blüm als Redner in Coburg verpflichtet

Norbert Blüm als Redner in Coburg verpflichtet


Autor: Simone Bastian

, Donnerstag, 03. Mai 2012

Norbert Blüm war eigentlich nach Coburg gekommen, um aus seinem Buch "Ehrliche Arbeit" zu lesen. Noch auf der Bühne verpflichtete ihn dann Coburgs IG-Metall-Geschäftsführer Jürgen Apfel, den Warnstreik am Donnerstagmorgen bei Waldrich zu unterstützen.
Norbert Blüm war zu Gast in Coburg und wurde nach seiner Lesung spontan als Redner für die Warnstreiks der IG Metall verpflichtet. Fotos: Simone Bastian


Für Blüm, seit 62 Jahren Mitglied der IG Metall, mag das eine späte Genugtuung gewesen sein: Gerade seine Gewerkschaftskollegen waren mit seiner Politik als Bundesminister für Arbeit und Soziales immer am Härtesten ins Gericht gegangen. Aber seit 14 Jahren ist Blüm nun kein Minister mehr, und mit dem, was rot-grüne und große Koalitionen in den Jahren danach an Arbeits- und Sozialgesetzen erließen, können Gewerkschafter erst recht nicht glücklich sein.

Viele Betriebsratsvorsitzende und -Mitglieder fanden sich denn auch am Mittwochabend im Saal des Coburger Pfarr- und Dekanatszentrums St. Augustin, um Blüm zu hören und mit ihm zu diskutieren.

Blüm prangert den ungezügelten Finanzkapitalismus an, wettert gegen Leiharbeit und prekäre Beschäftigungsverhältnisse und beschwört die Wertschätzung "ehrlicher Arbeit". Damit spricht er seinem Publikum aus der Seele, mal ironisch, mal voller heiligem Furor.


Rettung der eigenen Ehre



Freilich geht es Blüm dabei auch um die Rettung seiner eigenen Ehre: Nach wie vor ist er ein Verfechter des beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystems. Wer einzahlt, hat einen Anspruch auf Leistungen und braucht später keine Almosen oder staatliche Fürsorge.

Sein meistzitierter Satz "die Renten sind sicher" fällt natürlich auch an diesem Abend. Blüm rechtfertigt sich dafür, als hätte er ihn erst gestern gesagt und schilt seine Nachfolger: Hätte man "seine" Rentenversicherung so gelassen, wie sie war, und nicht "verriestert", wäre heute mehr Geld in deren Kassen und die Beiträge wären niedriger. Sagt er. Rot-Grün habe es möglich gemacht, und die Gewerkschaften hätten es zugelassen, dass die private Versicherungswirtschaft sich Anteile der Rentenbeiträge holt, um Profite zu machen.