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Neustadter Miniaturenbörse: "Im Kleinen ganz groß"


Autor: Manja von Nida

Neustadt bei Coburg, Montag, 05. November 2018

"Das 1:12 Hobby" begeisterte die Besucher auf der Miniaturen-Börse im Museum Neustadt bei Coburg.
Edle Handwerkskunst im Kleinformat war bei der Miniaturen-Börse zu bestaunen.Manja von Nida


Das Neustadter Museum der Deutschen Spielzeugindustrie öffnete für Sammler und Liebhaber von Puppenstuben samt Dekoration seine Museumstore zur Miniaturen-Börse "Im Kleinen ganz groß". Die "Lebenden Werkstätten" waren ein fantastischer Ort, seiner Sammel-Leidenschaft zu frönen. Und alle, die dieses "1:12 Hobby" für sich neu entdeckten, staunten und bewunderten die heitere Gemeinschaft dieser sammelleidenschaftlichen Großfamilie.

Hier durften selbst große Museumsbesucher in der Miniaturen-Welt"vor kindlichem Eifer glühen. Von überallher reisten wieder zahlreiche Aussteller mit ihrer Mini-Welt im Gepäck in die bayerische Puppenstadt, und viele von ihnen kamen nicht zum ersten Mal. "Das ist hier so herrlich gemütlich, so familiär", schwärmte Marlies Eberhardt, die aus dem Baden-Württembergischen Güglingen im Raum Heilbronn zum zweiten Mal anreiste. Ihre Standnachbarin Karin Lausch hatte sie für Neustadt begeistern können, als sich beide Frauen bei den Schwäbischen Minaturtagen über den Weg liefen.

"Das ist hier in Neustadt auch alles so im Kleinen: Die Leute schlendern vorbei, man hält einen Plausch, und diese ganze Atmosphäre macht das hier so gemütlich", schwärmt sie. Mit ihrem Puppenstuben-Sortiment konnte Marlies Eberhardt gleich ein ganzes Puppenstübchen neu ausstaffieren, denn auch Mini-Stübchen gehen mit der Zeit. In kleinen Regalen lagen fein säuberlich winzige Kleidungs- und Wäschestücke, alles so herrlich ordentlich.

Auf kleinstem Raum war alles zu finden, was im Großen auch Zuhause hineingehörte. Jedes Detail stilecht, selbst die winzige Kleiderstange mit kleinen Kleidchen auf Bügeln stand da, wie daheim eben.

Karin Lausch hatte es etwas näher nach Neustadt. Ihre Miniwelt brachte sie aus Neunkirchen am Brand, östlich von Erlangen, mit. Hier konnte sogar ein Kaufmannsladen reichlich mit der Mini-Ware bestückt werden und was sonst noch im Küchenschrank und im Haushalt fehlte. Und wer noch ein ganzes Nähzimmer mit der schwarzen Nähmaschine von früher suchte, hier gab es alles.

Auch Eva Maria Bauer war aus ihrer schwäbischen Gemeinde Hiltenfingen mit ihren niedlichen Miniaturen wieder da und wollte die "Szene" hier wieder ein bisschen bunter gestalten. Jeden Luxus für die Frau von Welt hatte sie wieder im Sortiment: echte Fummel aus Fell, extravagante Hüte genauso wie echt bayerische Bärenkinder in Lederhosen und Dirndl.

Opa Heribert aus Sonneberg führte Enkelin Carolina aus Rossach durch das Museum. Eine Puppenstube hat Puppenfreundin Carolina nicht, ihre Puppen sind größer. Mama Kathrin hatte mal eine, "und die hat der Opa entsorgt", sagte Opa Heribert noch heute entsetzt. Doch er habe wieder eine besorgt. "Und wenn Carolina uns in Neufang besuchen kommt, dann kann sie damit dann spielen". Nette Kleinigkeiten würden darin noch fehlen und Opa Heriberts Augen wanderten von Stand zu Stand. Carolina hatte sich in ein winziges Hündchen verliebt und Opa konnte doch da nicht Nein sagen! Das Hündchen wird sein Plätzchen auch in der Puppenstube finden.

Dass diese Miniaturen-Börse nun schon sechzehn Jahre mit so großem Erfolg läuft, liegt auch an Waldemar Backert aus Michelau. Der heute 87-jährige Korbmacher hat mit der damaligen Museumsmitarbeiterin Ingrid Schikora da kräftig mitgewirkt. Und auch jetzt war Backert mit seinen beeindruckenden winzigen Kunstwerken wieder dabei. "Ich mache munter weiter und habe schon wieder neue Ideen. Diese Glöckchen hier für den Christbaum hat sich eine Kundin gewünscht. So etwas Kleines habe ich noch nie gemacht. Und dann fragte sie noch, ob ich den Baumspitzenstern nicht noch kleiner machen kann". Alles ist ihm gelungen.

Backert arbeitet bei seinen filigranen Sachen nur mit seinen Fingern, bloß keine Pinzette! "In der Pinzette habe ich ja kein Gefühl, wie ich anziehen kann. Da würde die Pinzette ja abrutschen. Ich habe gottseidank ein ruhiges Händchen mit Gefühl. Seit 1946 mache ich Korbwaren, bin in Lichtenfels in die Fachschule gegangen." Geduld und viel Liebe legt Backert in sein künstlerisches Handwerk und macht einfach weiter.

"Wenn ich diese Vielfalt sehe, das ist schon sagenhaft". Dass so manche Frührentner nichts mit sich anzufangen wissen, das kann er nicht verstehen. Das könnte ihm nie passieren! Seit über sechzig Jahren ist er selbstständig und hat nie aufgehört. "Gerade bei diesen Miniaturen, da kommt ja immer wieder etwas Neues dazu. Also bleibe ich immer auf dem Laufenden". Zu jeder Ausstellungseröffnung bringt der Korbflechter eine Torte mit. "Wenn ich keine Torte mitbringe, brauche ich gar nicht mehr zu kommen", lachte er. Allerdings lauert im Museumscafé starke Kuchen-Konkurrenz!

mvn Foto 333: Dieses Weihnachtsbäumchen hat eine Kundin bei Waldemar Backert bestellt, das heißt, die Dame wünschte die Sterne, ganz winzige. Und den Stern auf der Tannenspitze hatte die Dame noch kleiner gewünscht. Bei Korbmacher Backert ist alles möglich! Nr. 331: Waldemar Backert denkt selbst mit 87 Jahren nicht ans Aufhören! Und er kann auch nicht verstehen, dass so manche Frührentner nicht einmal ein Hobby besitzen und nur auf der Bank herumsitzen. Das könnte ihm nie passieren!! Nr. 340/338: Museums-Seele Ingrid Schikora war mit Waldemar Backert beim Start der 1. Miniaturenbörse dabei. An der 10. wurde sie in den Ruhestand versetzt, Backert ist noch immer dabei und Ingrid Schikora auch, allerdings dann als Gast.